„Weil ich erschöpft bin“Eberls Rücktritt unter Tränen schockt Borussia

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Tränenreicher Abschied: Max Eberl auf der Pressekonferenz am Freitag

Mönchengladbach – Da saßen sie nun, die viele Jahre erfolgsverwöhnten Mitstreiter, und wirkten am Freitag gleich wie mehrere Häuflein Elend. Max Eberl standen Tränen in den Augen. Die ihn auf dem Podium flankierten, Präsident Rolf Königs und Vize Rainer Bonhof, wirkten wie Trauerredner. „Heute ist kein schöner Tag, ein blöder Tag, sogar ein beschissener Tag“, begann Königs. Weltmeister Bonhof meinte: „Das tut weh.“ Und Geschäftsführer Stephan Schippers befand: „Ich verliere einen Freund und Partner.“

Solch eine Pressekonferenz hat es in der Bundesliga lange nicht gegeben. Sie besiegelte das Ende einer 23 Jahre langen Ära. Eberl trat mit sofortiger Wirkung als Sportdirektor der Borussia  zurück. Und schämte sich seiner Tränen nicht. Mit einem mutigen Auftritt verabschiedete sich der Bayer am Niederrhein von der großen Bühne.

„Ich beende, was mein Leben war“

„Ich beende, was mein Leben war“, sagte Eberl und wirkte traurig und zugleich von einer großen Last befreit. „Ich kann für diesen großartigen Klub nicht mehr arbeiten, weil ich krank bin. Ich bin erschöpft. Ich will einfach raus aus der Mühle. Ich werde wie Hape Kerkeling einfach mal weg sein“, sagte er in aller Offenheit. Seine Demission kam einem Hilferuf gleich.  Vielfach regiere heutzutage die Hysterie, Hetze im Netz inbegriffen: „Ich bin vielleicht ein gutes Beispiel dafür, was mit dieser Welt passiert.“

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Schlagartig und kurz vor dem Ende des Transferfensters am Montag verlässt der Macher die Fohlen. Dass dies den Verein zur Unzeit trifft, ist Eberl bewusst. „Zum ersten Mal in meinem Leben denke ich an mich. Ich will die Welt sehen, ich will einfach Max Eberl sein “, sagte der 48-Jährige, der nach seinem Ehe-Aus Anfang 2019 mittlerweile mit Sedrina Schaller eine neue Lebensgefährtin hat, die bis vor kurzem noch als Teammanagerin bei Borussia gearbeit hatte.

Es versteht sich von selbst, dass Eberl erst einmal keinen neuen Klub übernehmen wird. Also auch nicht bei RB Leipzig, bei dem er schon gehandelt worden war. „Ich werde mir die Zeit und die Ruhe nehmen.“

Das abrupte Ende einer Ära

Es ist das Ende einer Ära. Als Eberl 2008 als Sportdirektor im Borussia-Park begonnen hatte, wurde er anfangs noch belächelt und nicht wirklich ernst genommen. Fast keiner hätte damals gedacht, dass er den Klub mit seinen Mitstreitern derart formen und in neue Sphären heben würde.Für die Borussia kommt der Abgang des Ex-Profis, der erst vor gut einem Jahr seinen Vertrag bis 2026 verlängert hatte, einer Zäsur gleich. Seit der  Relegation 2011 wurde Borussia wieder zu einer Top-Adresse im deutschen Fußball, nahm alleine dreimal an der Champions League teil. Doch in sportlichen Belangen hatte Eberl fast alle Lasten nahezu alleine geschultert. „Jede Niederlage war auch meine Niederlage.“

Eberl hatte sich schon mal im Januar des vergangenen Jahres eine vierwöchige Auszeit genommen. Doch die reichte offenbar nicht aus. Die Fehler und Fehleinschätzungen häuften sich, die Kritik nahm zu.

Dass er an Trainer Marco Rose trotz dessen angekündigten Wechsels zu Borussia Dortmund und etlicher Niederlage festhielt, nahm man ihm im Umfeld des Klubs übel. Im für 7,5 Millionen Euro von Eintracht Frankfurt geholten Adi Hütter dachte Eberl, den „am besten passendsten Trainer für Borussia“ gefunden zu haben. Stattdessen ist der Österreicher mit dem teuersten – aber seit gut zwei Jahren nur noch punktuell veränderten – Kader seit langem im Abstiegskampf angekommen.

VfL-Bosse jetzt in Eile

Gladbachs Bosse stehen  nun vor einem Scherbenhaufen. „Wir haben das respektiert, nicht akzeptiert. Wir sind traurig“, sagte der 80-jährige Klubchef Königs. Er habe mit seinen Vorstandskollegen alles versucht, um Eberl umzustimmen. Ohne Erfolg.  Nun muss der Vorstand einen Nachfolger für Eberl finden. Eile ist geboten. „Wir geben uns nicht viel Zeit. Wir haben die Möglichkeiten intern schon abgesteckt, wir werden uns extern umschauen“, kündigte Königs an.

Ein aussichtsreicher Kandidat könnte der ehemalige Trainer Dieter Hecking sein, aktuell Sportvorstand beim Zweitligisten 1. FC Nürnberg. Um mögliche Transfers bis Montag (Marcus Thuram, Alassane Pléa oder die im Sommer ablösefreien Matthias Ginter und Denis Zakaria,) muss sich nun Scouting-Direktor Steffen Korell kümmern.

Zuspruch von Erzrivale Köln

Eberl ist dann mal weg. „Es war mir eine Ehre, hier zu arbeiten“, sagte dieser und verabschiedete sich. Zuspruch bekam er ausgerechnet auch vom Erzrivalen. „Bei aller Rivalität: Respekt für diese Entscheidung, Max Eberl. Gesundheit steht über allem. Der #effzeh wünscht alles Gute für die Zukunft“, twitterte der 1. FC Köln.

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