1. FC KölnBeierlorzer fokussiert: Rückkehr ohne die großen Emotionen

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Achim Beierlorzer, Trainer des FSV Mainz 05, gibt in der Vorbereitung auf den Bundesliga-Re-Start Anweisungen. 

  • Bis zum 9. November saß der Mainzer Chefcoach Achim Beierlorzer noch auf der Trainerbank des 1. FC Köln.
  • Seine erste Rückkehr am Sonntag ins Rhein-Energie-Stadion wird in Corona-Zeiten ganz speziell ausfallen.
  • Sein Team ist erst seit Montag im Quarantäne-Hotel. FSV-Sportchef Rouven Schröder rechnet demnächst mit „echtem Straßenfußball".

Köln/Mainz – Nach über zwei Monaten Zwangspause gibt es für die Bundesligisten wieder ein Ziel, auf das sie hinarbeiten können. Einen richtigen Wettkampf. Einen Hauch von Normalität. Und endlich auch wieder einen Gegner, auf den man sich vorbereiten kann. Achim Beierlorzer kennt diesen noch besonders gut. Bis zum 9. November 2019 war der heutige Trainer des FSV Mainz noch für den Gegner vom Sonntag verantwortlich. Beim 1. FC Köln war er allerdings nicht sonderlich erfolgreich, andernfalls wäre er kaum freigestellt worden.

Beierlorzers erste Rückkehr ins Rhein-Energie-Stadion Mitte März fiel wegen Corona bekanntlich aus. Nun soll und wird es zwei Monate später am Sonntag (15.30 Uhr) klappen. Der Coach muss mit keinen Reaktionen von den Rängen rechnen, das haben Geisterspiele so an sich. Der 52-Jährige will sich auch nicht groß mit Emotionen aufhalten, die ohnehin anders ausfallen würden als in normalen Zeiten. Und versucht, die „neue Normalität“ pragmatisch einzuordnen. Die Wiederaufnahme der Bundesliga sieht er jedenfalls nicht als Lotterie an.

„Spannend, wie Kaltstart aussieht"

„Für alle Mannschaften sind die Voraussetzungen gleich. Und jeder versucht jetzt, das Bestmögliche rauszuholen. Wir nehmen die Situation so, wie sie ist. Und wir werden eineinhalb Wochen und neun Einheiten gehabt haben, um uns im Elf gegen Elf auf Zweikämpfe und Intensität einzustellen“, sagt Beierlorzer, um dann doch zuzugeben: „Natürlich wird es spannend sein, wie dieser Kaltstart letztlich aussieht. Der Wiedereinstieg in den Spielbetrieb ist eine Herausforderung. Aber wir werden stabil auftreten.“ Die Profis seien schließlich schon ihr ganzes Leben im Fußball drin und würden sich schnell wieder den Bedingungen anpassen.

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Beierlorzer freut sich, dass er bisher mit einer Ausnahme alle Profis zur Verfügung hat: Nur Stammtorwart Robin Zentner fehlt wegen eines Anfang März erlittenen Kreuzbandanrisses noch langfristig.

Während der 1. FC Köln nach seinen drei Coronafällen im Team bereits am Donnerstagabend sein Quarantäne-Quartier am Heumarkt bezog, hatten es die Mainzer nicht so eilig. Erst am Montag checkten sie ins „Favorite“ am Mainzer Volkspark ein, das seit rund 20 Jahren das Teamhotel  ist. Im kleinsten Kreis, nicht einmal Sportvorstand Rouven Schröder nächtigt dort. „Im Hotel ist alles sehr stringent durchgetaktet“, sagt Schröder. Die Spielregeln sind in Zeiten der Pandemie überall die gleichen, auch die Mainzer achten penibel auf die Einhaltung der Hygienevorschriften. Zum Training fahren die Profis mit Privat-Pkw. Für Abwehrspieler Jeffrey Bruma ist aber wenig neu: Der Leihspieler wohnt schon seit Ende Januar dauerhaft im „Favorite“.

Mainz war erst gegen Re-Start Mitte Mai

Dass am Sonntag überhaupt wieder gespielt wird, war erst nicht im Interesse der Mainzer. Sie hatten sich gegen eine Fortsetzung der Saison Mitte Mai ausgesprochen, wollten wie  Werder Bremen eine Woche mehr Vorbereitungszeit, da sie ein mindestens 14-tägiges Mannschaftstraining für notwendig erachteten. Doch sie wurden überstimmt. „Zu der Thematik haben wir genug gesagt. Sie wurde genug beleuchtet, wir werden uns dazu nicht mehr äußern. Jetzt freuen wir uns darauf, dass es losgeht“, teilt Schröder dieser Zeitung mit. Die Entscheidung sei demokratisch getroffen worden, sie gelte es nun zu akzeptieren. Mit einem normalen Ablauf des ersten Spiels nach der Zwangspause rechnet er dennoch nicht. Der ehemalige Profi glaubt: „Wir kehren zu unseren Wurzeln zurück. Das wird echter Straßenfußball. Wie früher, als wir ohne Zuschauer auf der Wiese gekickt haben. Du kannst im Eins-gegen-Eins zeigen, dass du der Bessere bist.“

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Das klingt locker-flockig. Doch wenn man sich in Mainz so umhört, dann wird man feststellen, dass  sich die  Verantwortlichen und Spieler doch überwiegend sehr vorsichtig äußern. Schröder betont deutlich: „Im Falle eines positiven Tests würden wir diesen nicht der Öffentlichkeit mitteilen.“ Der 1. FC Köln dagegen teilte der Öffentlichkeit mit, dass es drei Coronafälle im Team gibt. Auch kritische Spieler-Aussagen zum Re-Start, beim FC klar von Birger Verstraete formuliert, waren aus Mainz nicht zu vernehmen. Schröder appellierte zuletzt lieber an die „unglaubliche Disziplin“, die man mit Demut vorleben müsse: „Es ist doch klar, dass wir beäugt werden.“

Wie alle in der Branche, so wissen auch die Mainzer nicht wirklich, wo sie stehen. Auch sie haben keine Eindrücke vom Gegner und keine Erfahrungen mit einem zweimonatigen Zwangsstopp. Sie wissen nicht, welcher Kölner Spieler bereits gut oder eher schlecht drauf ist. Und haben im Gegensatz zum Gegner auch noch gar keine Erfahrungen mit Geisterspielen. Die Rheinhessen wissen aber, dass für sie der FC eine Art Angstgegner in der Fremde war: In acht Bundesligaspielen trat der FSV in Köln, gewann nie und verlor viermal. Denn auch nach einer Corona-Pause gibt es Statistiken, die weitergeführt wurden.

FC erstmals seit 2008 ohne Hennes

Nicht einmal Hennes IX. ist im Stadion: Erstmals seit 2008 muss der 1. FC Köln in einem Heimspiel ohne sein Maskottchen auskommen. Damals verpasste Hennes VII. zwei Spiele wegen einer Arthrose. Auch für  Stadionsprecher Michael Trippel wird alles  sehr  ungewohnt sein. „Es ist ein mulmiges Gefühl. Ich weiß noch nicht, ob es mich kalt lässt. Ich bin aber nicht aufgeregt, ich gehe das Ganze sehr konzentriert an“, sagt Trippel  dem „Express“.  Er wird  die Hymne einspielen,  Jingles, mögliche Torschützen   und Auswechslungen verkünden. Das war es.  „Ich würde noch gerne sagen: Liebe FC-Fans, wir wollen die Hymne spielen und ich bitte Sie, sich dafür zu erheben. Das wäre meine Idee. Ich weiß aber  noch nicht, ob ich das durchbekomme.“ (ksta)

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