1. FC KölnDer Tag der Betroffenheit

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Achim Beierlorzer während des Spiels gegen Hertha BSC

  • Achim Beierlorzer räumt ein, dass die Rote Karte gegen Jorge Meré gerechtfertigt war.
  • Die Kölner Mannschaft sei kritikfähig, sagt der Trainer.
  • DFB-Sportgericht sperrt Meré für zwei Spiele.

Köln – Jorge Meré schritt am Montagmorgen mit den Reservisten aus der Kabine; der Spanier hatte am Sonntag zwar entscheidenden Anteil an der Kölner 0:4-Niederlage gegen Hertha BSC gehabt. Aber eben nur 40 Minuten auf dem Platz gestanden, ehe er nach einem rücksichtslosen Einsteigen gegen Vladimir Darida die Rote Karte gesehen hatte. Die weiteren Stammspieler verbrachten mit Trainer Achim Beierlorzer etwas mehr Zeit in der Kabine. Erst eine halbe Stunde nach den Reservisten begaben sie sich auf eine Fahrradrunde in den Grüngürtel. Es ist davon auszugehen, dass wenig Lob verteilt wurde in dieser Zeit.

Zwei Spiele Sperre

Der Einsatz im Reservistentraining dürfte Meré nicht vor deutlichen Worten seines Trainers gerettet haben. Allerdings dürfte eine kurze Ansage gereicht haben, zu klar war der Sachverhalt. „Jorge hat eine völlige Fehleinschätzung der Situation vorgenommen“, sagte Beierlorzer zu dem Moment, in dem sich der Spanier an der Seitenauslinie weit vor dem Kölner Tor zum Zugriff entschieden hatte. Der Schiedsrichter hatte zunächst die Gelbe Karte gezogen, sich nach einem Hinweis des Video-Assistenten aber das Foul noch einmal angesehen und auf Platzverweis erhöht. Zurecht, wie Beierlorzer bestätigte: „Je öfter man sich die Szene ansieht, desto klarer ist es Rot“, sagte der Trainer. Das DFB-Sportgericht schätzte die Sache ähnlich ein. Und sperrte Meré am Montag für zwei Spiele. Obwohl Köln die Mannschaft mit den meisten Fouls der Liga ist, wollte Beierlorzer seine Mannschaft nicht in die brutale Ecke stellen. „Wir gehen in Zweikämpfe, um den Ball zu gewinnen. Nicht, um zu foulen“, sagte er.

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Nun muss der Trainer einen Weg finden, seine Mannschaft bis zum Spiel beim FC Schalke 04 am Samstag (18.30 Uhr) in die Lage zu versetzen, drei Punkte zu holen. Von Straftraining halte er nichts. Lieber will er die Konzentration erhöhen, Fehler ansprechen – weitermachen. „Es ist meine Aufgabe, die Mannschaft aufzurichten und die Trainingsinhalte zu finden, die uns weiterbringen. Es ist ein Beruf, den wir hier ausüben. Wir müssen intensiv arbeiten.“

„Situative Passivität“

Vor dem 0:1 hatten die Kölner wie schon im Heimspiel gegen Dortmund vollends abgeschaltet. Gegen den BVB war es eine Ecke, gegen die Hertha ein Einwurf, auf den der FC nicht reagierte. Beierlorzer sprach von einer „situativen Passivität“, diese Differenzierung ist ihm wichtig. Schon am Sonntag hatte er vermerkt, dass es sich nicht um eine „globale Passivität“ seiner Mannschaft handele. Klar war aber: „Zu hoffen, dass schon nichts passiert, wird in dieser Liga bestraft. Die Mannschaft hat nach dem ersten Gegentor sofort gemerkt, dass das suboptimal war.“ Seine Mannschaft sei kritikfähig, „sie weist das nicht alles von sich“ – eine gute Nachricht nach einem teils erschütternden Auftritt.

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Jorge Meré geht nach seiner Roten Karte vom Platz.

Ein wenig trauerte Beierlorzer nach der dritten Niederlage im dritten Heimspiel einer vergebenen Chance gegen bis Sonntagabend kriselnde Berliner nach: „Hertha war sicherlich keine Mannschaft, die für uns unbesiegbar war. Wenn wir da am Anfang zuschlagen, entwickelt sich ein ganz anderes Spiel für uns.“

Probleme überall

Beierlorzers Problemzonen  sind nicht leicht zu bearbeiten, denn sie finden sich überall. Die Abwehr präsentierte sich in der ersten Halbzeit womöglich auch wegen zweier Wechsel in der Viererkette passiv bis ängstlich; stand viel zu tief. Als hoffte man, durch eine tiefe Positionierung einen Vorsprung gegenüber den Angreifern zu haben, was ein Trugschluss ist. Denn letztlich verschafft man dem Gegner nur einen kürzeren Weg zum Tor, wenn man sich am eigenen Strafraum postiert – und lässt die Abstände zu den Kollegen in Mittelfeld und Angriff zu groß werden. „Wir sind Bundesligaspieler, wir brauchen keine 20 Meter Abstand“, sagte Beierlorzer seinen Abwehrmännern in der Pause, und es wurde ein wenig besser.

„Keine Zeit verplempern“

Das waren die Kölner allerdings schon in Unterzahl. Weil Beierlorzer wegen Drexlers früher Verletzung schon früh gewechselt hatte und er angesichts der neu formierten Abwehrkette keinen weiteren Mann von der Bank ins Spiel bringen wollte, beorderte er Marco Höger in die Innenverteidigung – Freude dürfte dem Mittelfeldspieler diese Versetzung nicht bereitet haben.

Doch darum ging es Beierlorzer am Montag nicht. Er werde arbeiten, die Missstände ansprechen. „Wir dürfen jetzt keine Zeit mit Augenwischerei verplempern“, sagte er: „Die Mannschaft ist betroffen, aber das muss auch so sein. Jeder einzelne muss so betroffen sein, dass es ihn bewegt, hart zu arbeiten. Wir haben zu wenige Punkte für sechs Spiele, da muss jeder unzufrieden sein. Das nächste Spiel gehen wir trotzdem mit vollem Optimismus an.“

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