1. FC Köln nach dem DerbyMarkus Gisdol sieht „Lichtblicke“

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Sebastiaan Bornauw trauert nach der Niederlage gegen Mönchengladbach.

  • Im Derby gegen Borussia Mönchengladbach wirkte die neu zusammengestellte Kölner Mannschaft heillos unterlegen.
  • Markus Gisdol musste zahlreiche Spieler einsetzen, die in der Vorbereitung noch nicht zum Kader gehörten.
  • Die Hoffnungen liegen nach drei Niederlagen in drei Spielen auf der Länderspielpause.

Köln – Aus Sicht des 1. FC Köln und seines Anhangs war der 3. Oktober 2020 kein allzu fröhlicher Tag; das deprimierende 1:3 (0:2) im verregneten Derby gegen Borussia Mönchengladbach hatte in größter Deutlichkeit gezeigt, dass die Kölner Mannschaft nicht in der Lage ist, gegen ein Team wie den Champions-League-Teilnehmer vom Niederrhein mitzuhalten.

Blick nach vorn

Ein Trainer muss jedoch auch im Moment der Demütigung perspektivisch denken, und so fand Markus Gisdol nach dem Schlusspfiff sein Glück im Blick nach vorn. Denn der Kader ist mittlerweile vollständig, die Aktivitäten des Klubs auf dem Transfermarkt seit Freitag nach insgesamt sechs Zugängen abgeschlossen – spät, aber immerhin. Marius Wolf, erst am Freitag in den Trainingsbetrieb aufgenommen, war beim Stand von 0:2 zur zweiten Halbzeit ins Spiel gekommen, es hat schon aussichtsreichere Debüts gegeben. Sein Trainer war trotzdem zufrieden: „Ich bin glücklich, dass Marius da ist. Man hat heute schon gesehen, welche Qualität er für unser Spiel haben kann.“ Gisdol hatte das Kölner System angepasst und eine Dreierkette aufgeboten; offenbar, weil Union Berlin eine Woche zuvor in dieser Formation ein 1:1 gegen Mönchengladbach geholt hatten, was ein weiteres Indiz dafür sein dürfte, dass Union Berlin im Vergleich zu Köln derzeit die deutlich bessere Mannschaft stellt.

Aktiver Limnios

Wolf spielte auf der rechten Offensivseite – allerdings nur für 20 Minuten: Dann kam Dimitrios Limnios in die Partie, Wolf rückte auf die Rechtsverteidiger-Position. Limnios, selbst erst seit zehn Tagen beim FC und nach zwei Wochen Quarantäne eigentlich kaum in der Verfassung, Bundesliga zu spielen, hatte in den knapp 25 Minuten auf dem Platz verblüffend viele Ballkontakte, und selbst wenn soweit jeder seiner Dribbling-Versuche scheiterte, deutete der 22-Jährige an, ein Faktor sein zu können beim FC. Aber genau sagen konnte man das am Samstag noch nicht.

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Das alles sah extrem danach aus, als hätten die Kölner ihre Testspielphase in die Saison verlängert, entsprechend frustriert hätte der Trainer reagieren können. Schließlich hat sich mittlerweile herausgestellt, dass ihm ein Großteil der Feldspieler, mit denen er nun in der Bundesliga bestehen soll, in der Vorbereitung nicht zur Verfügung stand.

Wolfs Debüt

Doch gab sich Gisdol zwar angemessen kritisch. Aber nicht hoffnungslos. „Mir war es am Ende egal, ob Marius erst 24 Stunden da ist. Ich will ihn so schnell wie möglich an die Mannschaft gewöhnen. Er kann auch mit Limnios zusammenspielen. Das sind so die Lichtblicke aus dieser Partie: Wenn man sieht, was man noch für Jungs hat. Wir können eine schlagkräftige Mannschaft auf den Platz stellen“, sagte der Trainer.

Marius Wolf verbreitete ebenfalls Zuversicht. „Wenn ich eingewechselt werde, will ich der Mannschaft helfen. Ich habe es versucht, aber es war nicht einfach, wenn man vorher nur so eine kurze Zeit mit dem Team hatte.“ Der Leihspieler von Borussia Dortmund hat noch nicht den Eindruck, auf einem Himmelfahrtskommando angeheuert zu haben. „Es ist früh in der Saison. Wir glauben an uns, da ist auch Training Zug drin, die Mannschaft will. Auch heute haben wir die Köpfe nicht hängenlassen und gekämpft“, sagt der 25-Jährige.

Hoffen auf den Neustart

Die Betaphase soll in zwei Wochen nach der Länderspielpause vorüber sein, dann muss die Saison aus Sicht der Kölner neu beginnen – wobei neun von 102 zu vergebenden Punkten bereits verloren sind. 13 Spiele nacheinander hat Gisdol mit seiner Mannschaft Saison-übergreifend nicht gewinnen können, für Horst Heldt sind es allerdings erst drei: „Was letzte Saison war, interessiert mich null“, sagte der Sportchef nach dem Derby. Eine Diskussion um den Trainer schließt Heldt aus.

Gisdols Experimente

Der Anteil des Trainers war am Samstag tatsächlich kein entscheidender. Eher musste man feststellen, dass Gisdol alles versucht hatte und über sämtliche Schatten gesprungen war. „Wenn du so ein Zweikampf-Verhalten wie in den ersten 20 Minuten hast, kannst du mit Sechser- oder Achterkette spielen“, sagte er zum Systemwechsel, und sein Torwart stimmte zu: „Wenn du so auftrittst, kannst du in jedem System der Welt spielen“, sagt Timo Horn, der nach mehreren starken Paraden in der Anfangsphase das 0:2 durch Lainer (16.) nach einem Eckball erneut in die kurze Ecke kassiert hatte – wieder ein folgenschwerer Torwartfehler, der dritte im dritten Saisonspiel. Zwei Minuten zuvor hatte Plea gegen eine Kölner Abwehr in Auflösung das 1:0 erzielt, Stindl war dann per Elfmeter das 3:0 (56.) geglückt. Elvis Rexhbecaj hatte sechs Minuten vor Schluss einen ersten Treffer für den FC erzielt, viel zu feiern gab es für den 22-Jährigen aber nicht. „Wir verpennen die ersten 20 Minuten, schenken dem Gegner zwei Tore und müssen uns bei Timo bedanken, dass wir nicht schon viel höher zurückliegen. Ich konnte es nicht glauben, es ist schwer zu begreifen. Da fehlen einem die Worte, auch auf dem Platz“, sagte er.

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