1. FC Köln streicht KlauselFC-Fans wollen wieder Choreografien zeigen

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Die umstrittene Choreografie aus dem Jahr 2016

  • Drei Jahre lang gab es wegen einer Klausel keine Choreografien in Müngersdorf.
  • Der neue FC-Vorstand hat die Klausel juristisch prüfen lassen.
  • Ein Fanklub aus Belgien soll noch in diesem Monat wieder eine Choreografie präsentieren dürfen.

Köln – Es ist ein unscheinbares Blatt Papier, doch war der Inhalt in den vergangenen Jahren zentraler Bestandteil des Zerwürfnisses zwischen dem 1. FC Köln und seinen Fans vor allem aus dem Ultra-Spektrum. Wer im Kölner Stadion eine Choreografie zeigen will, so forderte es die so genannte „Choreo-Klausel“, muss diese zuvor per Formular anmelden; das geplante Motiv war zu beschreiben, außerdem muss ein Verantwortlicher benannt sein und mit seiner Unterschrift erklären, dass er für etwaige Verbandsstrafen haftet. Wörtlich heißt es: „Für den Fall, dass die tatsächlich durchgeführte Form der Choreografie von der durch den 1. FC Köln genehmigten Form der Choreographie abweicht, und in der Folge wegen der nicht-genehmigten Bestandteile eine Verbandsstrafe insbesondere durch den DFB gegen den 1. FC Köln verhängt wird, verpflichtet sich der Anmelder dazu, den 1. FC Köln im vollen Umfang von dieser Verbandsstrafe freizustellen.“

Fans verweigerten sich

Man wollte damit verhindern, dass Gewaltverherrlichende Inhalte präsentiert werden, zudem waren die Kölner in der Vergangenheit mehrfach mit Beleidigungen gegen den Hoffenheimer Mäzen Dietmar Hopp aufgefallen. Die Fans erklärten daraufhin, keine Choreografien mehr zu gestalten. Sie gaben an, in Sorge zu sein, jemand könnte illegale Inhalte in eine ihrer Choreografien schmuggeln. Allerdings wollte man wohl vor allem kein Signal senden, grundsätzlich damit einverstanden zu sein, dass Vereine Fans wegen Verbandsstrafen in Regress nehmen.

Dialog mit den Fans stockt

Eine festgefahrene Lage, zumal der Dialog zwischen Fanszene und Verein seit langer Zeit abgebrochen ist. Dennoch nahm sich der neue FC-Vorstand vor, die Klausel überprüfen zu lassen. Denn grundsätzlich braucht man keine Klausel, um jemanden haftbar zu machen – das regeln Stadionordnung und Gesetze. Angemeldet werden müssen Choreografien ohnehin, das war schon immer so, hatte jedoch weniger mit inhaltlichen Bedenken zu tun als mit dem Brandschutz. Denn Blockfahnen und Papptafeln auf einer Tribüne mit Tausenden Fußballfans können auch eine Gefahr bedeuten, die Feuerwehr, Kölner Sportstätten (KSS) als Hausherrin und die Polizei ausgeschlossen sehen möchten.

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Nun ist offenbar ein Durchbruch erreicht. Am Stadion tauchten vor dem Spiel des 1. FC Köln am Samstag gegen Schalke (3:0) Plakate auf, auf denen die Fans gebeten wurden, zur Partie gegen Mainz 05 am 14. Februar pünktlich die Plätze einzunehmen, weil eine Choreografie geplant sei. Organisator ist der FC-Fanklub „Cologne Power East Belgium“, der am 2. Februar seinen 20. Geburtstag gefeiert hat und aus diesem Anlass Besuch hatte von FC-Vizepräsident Carsten Wettich, Profi Marcel Risse sowie dem Fanbeauftragten Rainer Mendel. Schon damals äußerten die belgischen FC-Fans den Wunsch, eine Choreografie zu gestalten, doch war das organisatorisch nicht schnell machbar – ebenso unklar war, ob die Belgier aus Solidarität zu den anderen Fangruppen ebenfalls die Unterschrift unter das Anmeldeformular verweigert hätten. Doch nun hat die juristische Prüfung offenbar ergeben, dass die Klausel nicht nötig ist. Bevor man das Anmeldeverfahren allerdings verändert, will der 1. FC Köln noch das Gespräch mit Polizei, KSS und Feuerwehr suchen.

Problem-Choreografie der „Horde“

Es ist ein alter Konflikt. Die Eskalation hatte ihren Anfang genommen, als die Ultra-Gruppierung „Wilde Horde“ im Dezember 2016 ihr 20-jähriges Bestehen mit einer Choreografie auf der Südtribüne beging. Was die Fans zeigten, war jedoch in entscheidenden Details eine andere – sie präsentierten etwa ein Schwein mit Polizeimütze sowie die Zahlenkombination 1312, was für die Parole ACAB steht und „All Cops are Bastards“ („Alle Polizisten sind Bastarde“) bedeutet und bei der Polizei nicht gerade als Bubenstreich ankam. Zudem war der Angriff Kölner Ultras auf einen Mönchengladbacher Fanbus abgebildet. Die Polizei ermittelte damals gegen FC-Mitarbeiter, FC-Präsident Werner Spinner musste sich beim Polizeipräsidenten in Anwesenheit der Staatsanwaltschaft äußern, schließlich stand auch er als Veranstalter die Verantwortung. Die Ermittlungen wurden damals eingestellt, weil die FC-Vertreter glaubhaft machen konnten, dass sie nichts von den gewaltverherrlichenden Teilen der Choreografie gewusst hatten.

Belgische Pioniere

Die FC-Fans aus Ostbelgien werden damit die erste Choreografie nach Abschaffung der Klausel präsentieren. Der Fanklub gehört zu den größten, viele Mitglieder sind passionierte Auswärtsfahrer und haben durchaus Kontakte in die Aktive Fanszene. Allerdings verstehen sich die Belgier als Familienfanklub, was die Angelegenheit für den 1. FC Köln weniger knifflig macht. Denn offenbar ist die Aussicht, dass die Ostbelgier anlässlich ihrer Geburtstags-Choreografie die Polizei verunglimpfen oder im großen Rahmen die nächste Runde in der Beleidigung Dietmar Hopps einläuten, sehr gering.

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