1. FC KölnWarum das Verhältnis zwischen Verein und Ultras zerrüttet ist

Lesezeit 4 Minuten
Choreo

Bild aus dem Jahr 2008, als es noch Choreografien in Köln gab.

  • Seit dem Jahr 2016 gibt es keine Choreografien mehr in Müngersdorf.
  • Die Kommunikation zwischen Ultras und aktuellem Präsidium ist zum Erliegen gekommen.
  • Der Mitgliederrat soll versuchen, das Verhältnis wieder zu verbessern.

Köln – Seit Dezember 2016 hat es keine Choreografien mehr im Rhein-Energie-Stadion gegeben; das fällt vielen Zuschauern auf, farbenfrohe Unterstützung in der Kurve gehört zum Kern des Ultra-Gedankens, und viele Stadiongänger empfinden das Wirken der Ultras als Bereicherung. Allerdings waren Kölner Fans aus diesem Segment in der Vergangenheit mehrfach an Ausschreitungen beteiligt.

Das Verhältnis zwischen Klub und Ultras war schon länger angespannt, zuletzt prangten auf der Südtribüne stets „Vorstand raus“-Banner. Das Verhältnis der Ultras zum Klub ist angespannt, zum Präsidium war es zuletzt nicht mehr existent. „Die Wilde Horde hat uns damals mit ihrer Choreo hintergangen“, sagt Vizepräsident Toni Schumacher in Erinnerung an die Jubiläums-Choreografie der Gruppe im Jahr 2016.

„Für diesen einen konkreten Fall, dass die Choreo nicht so ist, wie sie zuvor angemeldet wurde, muss jemand haften. Dass die Ultras daraus die Konsequenz ziehen, einfach gar keine Choreos mehr anzumelden, statt sich einfach an eine nachvollziehbare Bedingung zu halten, ist deren Entscheidung.“

„Nicht lösen, nur lindern“

Im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat der designierte neue FC-Vorstand nun erklärt, er wolle mit allen Fangruppen wieder ins Gespräch kommen. In Teilen der Öffentlichkeit trifft das nicht ausschließlich auf Zustimmung. Das neue Vorstandsteam stehe der aktiven Fanszene nah; der Mitgliederrat, der die Kandidaten ausgewählt hat, amtiere von Ultras Gnaden. Carsten Wettich widerspricht dem. Seit Stefan Müller-Römer im März in den Vorstand nachrückte, steht der Anwalt dem Mitgliederrat vor.

„Seit geraumer Zeit wird vereinzelt versucht, es so darzustellen, dass der Mitgliederrat im vergangenen Jahr nur von den Ultras gewählt wurde. 2018 waren aber mehr als 6000 Mitglieder in der Halle, so dass der Mitgliederrat von sehr vielen verschiedenen Mitgliedern und Fans gewählt wurde. Daher ist diese Darstellung falsch. Das zeigt auch die Zusammensetzung des Mitgliederrates“, sagt er.

„Ultras haben Einfluss“

Markus Ritterbach gehört seit dem Jahr 2012 dem FC-Vorstand an. Er hat erlebt, wie das Verhältnis zu den Ultras zerbrach. „Wir haben monatelang die Vorstand-raus-Transparente gesehen. Dass die Ultras einen gewissen Einfluss haben, ist ja offensichtlich. Es gibt Themen, die lassen sich – unabhängig von Personen – nicht lösen, sondern nur temporär lindern. Das Ultrathema ist so eins. Wichtig ist, verbindliche Regeln aufzustellen und diese auch zu leben.“

Es gebe durchaus Kommunikation. „Richtig ist, dass wir weiterhin im Dialog mit den Ultras und der aktiven Fanszene stehen  – auch auf Wunsch des amtierenden Vorstands“, sagt Wettich. „Das Ziel, dass wir wieder Einigkeit im Verein haben und die Sprachlosigkeit überwinden, sollten wir eigentlich alle verfolgen.“

Wehrle zeigt sich dialogbereit

Alexander Wehrle formuliert ebenfalls einen Wunsch nach Einheit. „Wir waren und sind immer dialogbereit. Aber wir mussten in den letzten Monaten zur Kenntnis nehmen, dass dies von Seiten der führenden Ultra-Gruppierungen nicht gewünscht war“, sagt der Geschäftsführer.

Das könnte Sie auch interessieren:

Der neue Vorstand möchte den Mitgliederrat als Gremium einsetzen, das den Kontakt zur Fanszene pflegt. Die großen Linien – Verzicht auf Gewalt und Pyrotechnik sowie eine Null-Toleranz-Politik gegen Straftaten – sind klar formuliert. Deals mit den Ultras werde es nicht geben. Allerdings beschränke sich die Sprachlosigkeit ohnehin auf die führenden Ultra-Gruppen. „Als Mitgliederrat pflegen wir einen intensiven Austausch zu allen Mitgliedern, Fans, Fanklubs. Dazu zählt auch, dass Fritz Guckuk und ich seit Jahren der AG Fankultur angehören. Seit diesem Jahr sitzen zudem auf Wunsch der Geschäftsführung zwei Vertreter des Mitgliederrats in der Stadionverbots-Kommission“, erklärt Wettich.

Thomas Schönig stimmt dem zu: „Natürlich gibt es eine kommunikative Basis, zum Beispiel in der AG Fankultur. Die Ultras haben aber den Dialog mit der Vereinsführung einseitig aufgekündigt. Grundsätzlich ist es immer gut und sinnvoll, wenn alle Fans und alle Fangruppen untereinander und mit dem Klub den Austausch pflegen“, sagt der Leiter der AG Fankultur und Veranstaltungsleiter bei den Kölner Heimspielen.

Müller-Römer: Gespräche ohne Alternative 

Interimspräsident Stefan Müller-Römer setzt sich seit vielen Jahren für die Belange der Fans ein, er differenziert: „Das Thema Ultras ist komplex und für ein kurzes Statement eigentlich nicht geeignet. Zuallererst sind Ultras sehr engagierte Fußballfans, die ihren Verein ohne Wenn und Aber unterstützen. Das gilt vor allem für unsere aktive Fanszene. Ohne sie würden wir nicht so tolle Heimspiele und erst Recht nicht so tolle Auswärtsspiele erleben. Unsere Gegner sind immer wieder beeindruckt, welche Unterstützung wir mitbringen.

Die Kehrseite der Medaille ist die Meinung einiger weniger, dass sie selbst festlegen können, was erlaubt ist. Das kollidiert mit Regeln und Gesetzen, die auch in Fußballstadien gelten und an die wir uns halten müssen. Verstärkt wird das Gegeneinander dadurch, dass die Ultras sich der Kommerzialisierung, wie sie von DFL und DFB betrieben wird, machtlos gegenüber sehen und deswegen der Meinung sind, sich dagegen auch mit unerlaubten Mitteln wehren zu dürfen. Diese Konfliktlage werden wir nur durch Miteinanderreden entschärfen können. Das macht der Mitgliederrat seit Jahren und das habe ich auch während meiner Vorstandszeit gemacht, weil uns alles andere nicht weiterbringt.“

KStA abonnieren