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Die Zukunft des 1. FC KölnAuf den Spuren des Rivalen aus Mönchengladbach

Lesezeit 5 Minuten
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Die FC-Spieler verneigten sich nach dem Spiel gegen Frankfurt vor der leeren Südtribüne.

  • Die Saison ist beinahe zu Ende, doch vorerst wird es ohne Stadionpublikum weitergehen.
  • Die Vereine erleiden dadurch deutliche Einnahmeverluste, doch das FC-Präsidium hat einen klaren Plan.
  • Klubs, die sich von Unternehmen oder Investoren finanzieren lassen, müssen sich derzeit weniger sorgen.

Köln – Relegation und Pokalendspiele stehen zwar noch aus, doch der Sonderspielbetrieb des deutschen Profifußballs kann kurz vor dem Abschluss der Saison insgesamt als Erfolg gelten. Weder gab es Fan-Ansammlungen vor den Stadien, noch zeigte sich in den Mannschaften oder deren Umfeld ein nennenswertes Infektionsgeschehen. Die Hoffnung von Klubchefs und Verband, dass ihre Rechnung aufgehen werde, hat sich erfüllt: Der Ball ist gerollt, das Fernsehen hat übertragen – und die Menschen haben zugesehen.

Es gibt ein Ergebnis, das ist von großem Wert: Abgesehen davon, dass die Ligen ein sportliches Ergebnis bekommen haben, auf dessen Basis der Spielbetrieb für die neue Saison organisiert werden kann, sind vor allem die vereinbarten Summen für die Übertragungen bezahlt worden. Alle haben ihr Geld bekommen.

Bundesliga: Geisterspiele bis Jahresende

Der neue Fernsehvertrag ist zwar um ein paar Prozent weniger bombastisch ausgefallen, die Liga plant für den Rest des Jahres ohne Zuschauer-Einnahmen und es ist offen, ob sich mancher Sponsor künftig die Zuwendungen an den Profisport noch leisten will. Doch vorerst kann der Betrieb weiterlaufen, wenn auch etwas stiller.

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Doch wohin wird das führen? Die Fernsehsender haben gute Miene zum öden Spiel gemacht. Eine Übertragung aus einem leeren Stadion ist nichts, wofür man Milliarden ausgibt; nichts, was der Zuschauer sich per Bezahlfernsehen ins Wohnzimmer holt, um die Atmosphäre zu erleben. Die Reduktion des Profifußballs auf das Duell Elf gegen Elf mag Teilen des Publikums gut gefallen. Doch ist Fußball auf Profiniveau den Bolzplätzen lange entstiegen. Die Bundesliga wird sich nicht auf die Ursprünge besinnen, dafür ist die Show zu sehr Kern des Geschäfts und wohl auch ein entscheidender Anlass für die werberelevanten Massen, sich dafür zu begeistern. „Unsere Fans sind durch nichts zu ersetzen. Das haben die Geisterspiele der breiten Öffentlichkeit noch einmal eindrucksvoll gezeigt“, sagt Carsten Wettich.

Die Emotionen zählen

Schien es zu Beginn der Krise, der Fußball sende das Signal, dass es ohne Fans geht, solange das Fernsehen überträgt, wurde mehr und mehr klar: Der Fan und damit die Emotionalität der Veranstaltung ist das, was es zu vermarkten und letztlich zu den Menschen in die Wohnzimmer zu übertragen gilt. Die Spieler sind zwar interessant, weil sie auf höchstem Niveau leisten oder versagen. Doch werden die Momente erst gewaltig, wenn sie vor Zehntausenden Zuschauern stattfinden. Beim 1. FC Köln ist man sich dessen bewusst. Wir sind ein besonderer Verein, der eine besondere Beziehung zu seinen Fans hat. Unserer Mannschaft hilft das volle Stadion sehr, daher haben wir zurzeit eher einen Nachteil“, sagt Vizepräsident Eckhard Sauren.

Vorbild Borussia Mönchengladbach

Die ausbleibende Anfeuerung durch die Fans war ein Faktor dafür, dass die Kölner nach der Unterbrechung durch die Corona-Krise kein Spiel mehr gewinnen konnten. Doch geht es um mehr als die Stimmung im Stadion. „Man sieht, dass Vereine mit Investoren oder Unternehmen im Rücken aktuell Vorteile haben, weil sie wirtschaftlich weniger abhängig sind von Zuschauereinnahmen. Eine Umwandlung von Verbindlichkeiten in Eigenkapital wird es bei uns anders als bei Investorenklubs nicht geben. Wir müssen daher jeden Euro, den wir bei der Bank aufnehmen, zurückzahlen. Natürlich beeinflusst so etwas den Wettbewerb. In die Europa League haben es in dieser Saison drei Mannschaften geschafft, die Unternehmen gehören oder stark von einem Investor geprägt sind“, sagt FC-Vizepräsident Carsten Wettich.

Der Blick auf die Tabelle spricht eine deutliche Sprache: Unter den ersten sieben Vereinen des Abschlusstableaus steht nur einer, der nicht von Investoren oder einem Unternehmen geprägt ist: Borussia Mönchengladbach. „Es hat also offenkundig eine Bedeutung, und das wird sich noch fortsetzen, wenn in der Zukunft die weiteren Folgen der Corona-Pandemie zu spüren sind. In einer Phase wie dieser haben investorengetriebene Vereine wirtschaftlich gesehen gewiss Vorteile“, sagt Wettich.

1. FC Köln: Absage an Investoren

Das Kölner Präsidium amtiert seit vergangenem Herbst, Teil des Wahlprogramms war, dass die in eine Kapitalgesellschaft ausgegliederte Profiabteilung weiter zu 100 Prozent dem Verein und damit seinen Mitgliedern gehören soll. Damit erhöhen die Kölner zwar nur bedingt die Aussichten, in naher Zukunft die Champions League zu erreichen. Doch das nimmt man in Kauf, selbst wenn man sich dann einen Rivalen zum Vorbild nehmen muss.

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„Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass es möglich ist, ohne Investoren die Zukunft zu gestalten. Unser Nachbar aus Mönchengladbach hat das geschafft. Es ist manchmal etwas komplizierter, wenn die Familie viele Mitglieder hat. Dann bedeutet das längere Wege, manchmal ärgert man sich und hat Streit. Aber wenn etwas gelingt, ist die Wucht dahinter unvergleichlich“, sagt Präsident Werner Wolf.

Wettich ruft zu Geschlossenheit auf

Wettich sieht eine „spannende Diskussion“ aufziehen. „Wir sind mit einer klaren Überzeugung angetreten, die von der breiten Mehrheit unserer Mitglieder getragen wird: Wir wollen es beim 1. FC Köln ohne Investoren schaffen, weil wir den Fußball als Volkssport sehen und finden, dass die Basis des Fußballs im Amateur- und Jugendbereich liegt. Das sehen zum Glück nicht nur wir so, wenn man sich die aktuelle Diskussion in der Öffentlichkeit und von der Fußballbasis ausgehende Initiativen anschaut. Diesen Rückenwind müssen wir nutzen und versuchen, mit den Vereinen, die ähnlich aufgestellt sind wie wir, mit einer Stimme zu sprechen.“

Es geht auch um die künftige Verteilung des Fernsehgeldes; der 1. FC Köln wirbt seit Jahren dafür, den Marktwert eines Vereins in die Verteilung der TV-Erlöse einzubeziehen. Faktoren wie Fanbasis, Beliebtheit, Bekanntheit, TV-Reichweite und Interaktionsraten in den Sozialen Medien sollen Einfluss haben auf die Ausschüttungen.

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