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Vertrag läuft ausZukunft von Jonas Hector beim 1. FC Köln weiter offen – Baumgart bleibt optimistisch

Lesezeit 5 Minuten
Jonas Hector Hector, Kapitän des 1. FC Köln, unterhält sich mit seinem Trainer Steffen Baumgart während des Trainings am Geißbockheim.

FC-Kapitän Jonas Hector spricht während des Trainings mit Steffen Baumgart.

Einen Spieler wie Jonas Hector kann man nicht kaufen - und auch nicht überreden. Sein Vertrag beim 1. FC Köln endet im Sommer, und noch ist völlig offen, wie es weitergeht.

Dass der 1. FC Köln einen neuen Linksverteidiger verpflichtet, wurde gleich als erneutes Zeichen dafür gedeutet, dass der Verein nun endgültig die Hoffnung auf Jonas Hector aufgegeben hat. Leart Paqarada, 28-jähriger Kapitän des FC St. Pauli, wird vom kommenden Sommer an beim FC spielen. Und zwar auf jener Position in der Viererkette, die bislang Jonas Hector besetzt, Kölns größter Spieler der vergangenen Dekade.

Noch bevor Paqaradas Wechsel verkündet war, sollte sich Christian Keller also zu den Folgen äußern. „Das ist eine Personalie, die unabhängig von Jonas ist“, erklärte der Kölner Sportchef am Rande des Testspiels gegen Lommel SK (5:0) am Samstag.

1. FC Köln: Stil von Jonas Hector wird immer ausgefeilter

Im Mai wird Hector 33, und während er körperlich keine Anzeichen des Alters zeigt, wird sein Spiel immer reifer. In dieser Woche veröffentlichte der 1. FC Köln eine kleine Umfrage; die Profis wurden auf dem Weg zum Trainingsplatz nach dem besten Spieler gefragt, mit dem sie jemals zusammengespielt hatten. Die meisten nannten Jonas Hector mit einer Selbstverständlichkeit, als verstünden sie die Frage nicht.

Alles zum Thema Jonas Hector

Ginge der Kapitän, wäre das ein gewaltiger Verlust für den FC. Einen Spieler von Hectors sportlicher wie menschlicher Bedeutung kann sich kein Verein kaufen. Der muss wachsen. Das weiß auch der Sportchef. Doch wie man einen Jonas Hector nicht kaufen kann, so kann man ihn auch nicht zu etwas überreden. „Wir haben uns ein paarmal ausgetauscht, unter anderem zu seiner Perspektive. Was wir besprochen haben, wissen nur Jonas und ich, und dabei bleibt es auch“, sagte Christian Keller neulich bei einem längeren Gespräch in den USA: „Wir hätten ihn sehr gerne weiter in unserem Kader. Aber das ist letztlich Jonas’ Entscheidung.“

Wenn Jonas am 15. Juni sagt ‚Ich habe doch noch Lust, zu spielen‘, dann glaube ich schon, dass wir Verwendung für ihn hätten
FC-Sportchef Christian Keller

Der Verein muss sich also gedulden. „Deadlines mag ich nicht. Manche Entscheidungen brauchen nicht lange, andere Entscheidungen ergeben sich im Laufe der Zeit. Und das ist eine Entscheidung, die sich ergeben muss“, beschreibt Keller (44): „Wenn Jonas am 15. Juni sagt ‚Ich habe doch noch Lust, zu spielen‘, dann glaube ich schon, dass wir Verwendung für ihn hätten.“

Man könnte Verein wie Spieler nun fehlende Professionalität vorwerfen, schließlich mag Hector auf vielen Ebenen ein besonderer Profi sein, doch unterliegt selbst er gewissen äußeren Zwängen, die der Beruf mit sich bringt. Wie weit der Pakt allerdings geht, den Hector mit der Fußballbranche geschlossen hat, entscheidet er nach wie vor selbst. Seine Fernsehinterviews etwa gelten vielen Fans als Kult: Hector erfüllt mit seinen Auftritten am Mikrofon die Vorgaben der Sender, die als Rechte-Inhaber seine Branche finanzieren. Die Art und Weise, mit der er dann allerdings Auskunft gibt, ist dann regelmäßig derart unergiebig, dass weder Klub noch Sender damit glücklich sein dürften – und Hector eigentlich ebenfalls nicht. Doch die öffentliche Meinung hat Jonas Hector nie sonderlich interessiert.

Jonas Hector gibt sich wenig Mühe mit seiner öffentlichen Darstellung

Losgelöst von den Verpflichtungen gegenüber den Rechte-Inhabern, die ihn ziemlich direkt bezahlen, lehnt er Anfragen mittlerweile grundsätzlich ab. Als sein Bruder vor zweieinhalb Jahren plötzlich starb, berichtete der Boulevard ausführlich. Das sei für Hector, so ist zu hören, ein entscheidender Auslöser gewesen, keine Interviews mehr zu geben.

Zu Beginn seiner Laufbahn äußerte sich Hector durchaus und auch mit Substanz. Als Nationalspieler war er schließlich eine Kuriosität, denn nie hatte er ein Nachwuchs-Leistungszentrum besucht. Bis zum Alter von 20 Jahren spielte er in der Oberliga in seinem 2500-Einwohner-Heimatort Auersmacher im Saarland.

Vier Jahre später war er Nationalspieler, nahm an der EM 2016 teil, gewann den Confed-Cup 2017 und spielte die WM 2018. Im Jahr 2020 erklärte er in einem Telefonat mit Joachim Löw, dass er bitte nicht mehr zur Nationalmannschaft eingeladen werden wolle. Das Schicksal hatte ihm offenbar nahegelegt, sein Leben den Menschen in seinem direkten Umfeld zu widmen, nicht dem großen Sport. Daher sagte er auch im vergangenen Jahr nein, als Hansi Flick ihn einlud, die WM in Katar zu spielen.

Wer Jonas Hector am Geißbockheim beobachtet, im Training mit seinen Kollegen, der erlebt einen fröhlichen Menschen mit subtilem Humor. Eine uneingeschränkte Respektsperson auf dem Platz. Es wäre grundfalsch, Hector eine Abneigung gegen den Fußball zu unterstellen, im Gegenteil. Er lehnt nur Teile der Profibranche ab. „Es hat mich nicht gereizt, es mit allen Konsequenzen durchzuziehen. Ich wollte gut behütet mit meinen Freunden kicken“, sagte er vor Jahren über seinen Werdegang.

Jonas Hector steht vor schwieriger Entscheidung beim 1. FC Köln

Seine märchenhafte Fußballreise könnte in diesem Sommer ihr Ende finden. Hector wird sich die Entscheidung nicht leicht machen, denn der Fußball muss ihm wahnsinnig viel bedeuten, sonst könnte er nicht spielen, wie er spielt. Nicht mit diesem tiefen Verständnis. Trainer Steffen Baumgart verbreitet Optimismus: „Ich hoffe, dass er weitermacht. Und mein Gefühl ist, dass er mehr darüber nachdenkt, weiterzumachen als aufzuhören“, sagt der Trainer, erklärte aber neulich im Gespräch mit der „Kölnischen Rundschau“ allerdings auch: „Auf Jonas kann niemand Einfluss nehmen.“

Dass er weitermacht, könnte mit der Liebe zum Spiel zu tun haben und dem Gedanken, dass er auch dann lange genug Ex-Profi sein wird, wenn er erst in zwei Jahren aufhört. Doch schon vor Jahren wirkte er, als habe er seine Karriere längst an einen Punkt gebracht, an dem er aufhören könnte. Fast schien er zu resümieren, als er sagte: „Ich habe meine Kindheit und Jugend bei meinen Freunden verbracht, habe es geschafft, Profi zu werden und in der Nationalelf zu spielen. Viel besser hätte es für mich nicht laufen können.“

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