2:0-Erfolg gegen LeverkusenWarum der Derbysieg für den 1. FC Köln so wichtig ist

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Torschütze zum 1:0: Jhon Córdoba

Köln – Der 1. FC Köln hat nach sechs sieglosen Spielen mal wieder gewonnen. Der Gastgeber bezwang am Samstagnachmittag im Duell der Nachbarn Bayer 04 Leverkusen dank der Tore des eingewechselten Jhon Córdoba (73.) und Sebastiaan Bornauw (84.) verdient 2:0.

Das Wichtigste zuerst

Kölns neuer Trainer Markus Gisdol konnte aufatmen: Im vierten Spiel unter seiner Verantwortung gelang dem FC der erste Sieg. Die Kölner verließen so den letzten Tabellenplatz, den nun wieder der SC Paderborn einnimmt. Die von Gisdol gleich auf sechs Positionen veränderten Gastgeber verdienten sich den Erfolg durch eine leidenschaftliche Vorstellung. Sie zogen so einer ansonsten spielerisch besseren Mannschaft den Zahn. Und im Gegensatz zu Bayer 04 hatte der FC diesmal auch die Nerven im Griff und erwies sich vor dem Tor als effizient. Den Kölnern spielte in die Karten, dass sich Leverkusen selbst dezimierte. Verteidiger Aleksandar Dragovic, der zuvor eine fragwürdige Gelbe Karte kassiert hatte, flog beim Stand von 0:0 mit Gelb-Rot vom Platz (62.). Der eingewechselte Leon Bailey erwies der Werkself einen Bärendienst, als er beim Stand von 0:1 den Kölner Kingsley Ehizibue ins Gesicht schlug. Schiedsrichter Manuel Gräfe zückte zurecht glatt Rot (77.).

Die Tore

Jhon Córdoba hatte erneut 55 Minuten lang auf seinen Einsatz warten müssen. Dann kam er für den bemühten, aber erneut glücklosen Anthony Modeste. 18 Minuten später erzielte der Stürmer die Führung: Nach einer Hereingabe des ebenfalls eingewechselten Marcel Risse und eines Querpasses von Kapitän Jonas Hector traf der Kolumbianer flach ins rechte Toreck. Beim 2:0 in der 84. Minute hatte Risse erneut seine Füße im Spiel: Nach dessen Freistoßflanke ließ die Bayer-Abwehr den aufgerückten Verteidiger Bornauw gewähren, der aus fünf Metern zum Endstand einköpfte.

Alles zum Thema Jonas Hector

Das war gut

Die Kölner zeigten endlich Aggressivität und Energie, liefen mehr als zuletzt (insgesamt 116,4 Kilometer) und waren auch in punkto Passgenauigkeit (77 Prozent) verbessert. In der Luft ist der FC stark: Bornauws Tor war bereits das siebte Saisontor der Kölner per Kopf – das ist Liga-Höchstwert.

Das war schlecht

Objektiv war es über weite Strecken kein gutes Derby; mit vielen Fehlpässen und kaum spielerischer Linie. Das lag aber vor allem an den Gästen, die ihr Potenzial nie zeigten und spielerisch auf ganzer Linie enttäuschten. Natürlich ging den Kölner lange Zeit die Torgefahr ab, erst nach den Platzverweisen gegen Bayer erzeugte der FC mehr Druck. Doch die späten Tore werden dem Aufsteiger an diesem Tag herzlich egal gewesen sein. Bitter: Marcel Risse musste mit Verdacht auf einen Muskelfaserriss ausgewechselt werden.

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Mann des Spiels

Aus Kölner Sicht hätte man sicher auch Jonas Hector wählen können, denn der Kapitän war überall präsent. Unsere Wahl fällt allerdings auf Sebastiaan Bornauw – und das nicht nur wegen seines Tores. Man darf nicht vergessen: Der Belgier ist erst 20 Jahre alt, agierte aber abgeklärt, ließ nichts zu, gewann 81 Prozent seiner Zweikämpfe und war auch noch sehr passsicher (82 Prozent angekommene Pässe).

Moment des Spiels

Das war der, als der FC gefühlt zum ersten Mal in dieser Saison eine freudige Nachricht aus dem „Kölner Keller“ erhielt. Denn das 1:0 durch Córdoba wurde durch den Video-Assistenten (VAR) noch überprüft. Nach zwei Minuten stand fest: Der Treffer war regulär.

Das sagen die Trainer

Peter Bosz (Leverkusen): „Gratulation an Köln. Sie haben zurecht gewonnen. Wir müssen nicht auf den Schiedsrichter oder den Platz gucken, sondern nur auf uns selber. Und wir haben es sehr schlecht gemacht. Wir haben eine Mannschaft, die sehr gut Fußball spielen und Köln schlagen kann. Das haben wir heute aber nicht gesehen. Köln hat sehr aggressiv und mit Energie gespielt. Das haben sie sehr gut gemacht. Wenn man nicht für Köln oder Leverkusen war, hätte man den Fernseher besser ausgeschaltet.“

Markus Gisdol (Trainer 1. FC Köln): „Es fühlt sich gut an, mal einen Glückwunsch nach einem Spiel zu bekommen. Das war aber für uns auch mal Zeit für eine Leistung, wie wir sie heute gebracht haben. Heute hatte man den Eindruck, dass jeder bis in die letzte Zelle gespürt und gezeigt hat, was die Situation bei uns erfordert. Wir waren von der ersten Minute an komplett auf Sendung. Wir haben uns heute diesen Sieg Minute für Minute erarbeitet. Unterm Strich ein Sieg – aber nicht mehr.“

Rudi Völler (Sportvorstand Bayer 04): „Zwei Dinge durften heute nicht passieren: Dumme Fouls und sich provozieren lassen. Beides ist passiert. Zu elft hätten wir nicht verloren. Es war nicht gut, aber dann wäre es 0:0 ausgegangen, davon wäre die Welt nicht untergegangen. Aber wir haben das Spiel mit neun Mann beendet, und dann verlierst du. Das ist nicht zu entschuldigen.“

Das sagen wir

Markus Gisdol war durchaus in Risiko gegangen und hatte zu Beginn überraschend gleich drei Nachwuchskräfte in die Startelf beordert, die überhaupt ein junges Durchschnittsalter von 24 Jahren und 311 Tagen aufwies. Das hätte nach hinten losgehen können. Doch der erst 17-jährige Jan Thielmann, der ein Jahr ältere Noah Katterbach und Ismail Jakobs (20) rechtfertigen das Vertrauen. Thielmann schrieb sogar Bundesliga-Geschichte: Der im rechten offensiven Mittelfeld eingesetzte Kölner ist der erste Spieler des Jahrgangs 2002, der in der Bundesliga auflief. Auch die taktische Maßnahme, Jhon Córdoba erst Anfang der zweiten Halbzeit zu bringen, ging auf. Modeste hatte zuvor die Bayer-Verteidiger beschäftigt, Córdoba sorgte dann sofort für Wucht und Dynamik und traf erneut. Für den FC ist der Derby-Sieg aus zwei Gründen extrem wichtig: Zum einen verkürzte der Aufsteiger den Abstand auf Düsseldorf und Bremen auf den Plätzen 16 und 17. Zudem sendete der FC nach den vielen Rückschlägen mal wieder ein Lebenszeichen und bewies, dass er doch noch gewinnen kann. Gemessen an den Ansprüchen und der Qualität, die die Mannschaft von Bayer 04 hat, bot die Werkself einen beschämenden Auftritt. Pomadig, leidenschaftslos, ohne Esprit präsentierte sich der Favorit. Das Gast-Team kam erst 45 Minuten vor dem Anpfiff im Stadion an und muss sich fragen, ob es sich überhaupt richtig auf das Spiel vorbereitet hatte. 

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