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Baumgarts WechselgeschickDer 1. FC Köln holt viel Energie von der Bank

Lesezeit 4 Minuten
Baumgart_Bank

Steffen Baumgart weiß seine Spieler hinter sich - auch die auf der Bank. 

Köln – Beinahe hätte der 1. FC Köln am Samstagabend gegen RB Leipzig gewonnen, das darf man auch Tage nach dem Spiel gegen den Vizemeister noch betonen. 13 Mannschaften lagen zum Abschluss der vergangenen Saison zwischen dem Vizemeister und den Kölnern, die durch die Relegation mussten, um in dieser Saison überhaupt noch gegen ein Kaliber wie Leipzig spielen zu dürfen. Doch in der Nachspielzeit der Partie am Samstagabend rasten die Kölner ein letztes Mal auf das Tor der Sachsen zu: Salih Özcan, in der 82. Minute eingewechselt, spielte in Sebastian Anderssons Lauf, der seit der 68. Minute im Spiel war. Der Schwede steuerte frei auf Peter Gulasci zu und schloss ab, ehe Duda den Abpraller auf den Körper des Leipziger Keepers schoss statt ins Tor. Es war der Schlusspunkt einer dramatischen Partie, in der einmal mehr große Impulse von Spielern ausgegangen waren, die den Anpfiff auf der Bank erlebt hatten.

Tore von der Bank des 1. FC Köln

Schon im Pokalspiel gegen Jena hatte Ellyes Skhiri nach seiner Einwechslung den Ausgleich erzielt. Drei der vier Versuche im folgenden Elfmeterschießen versenkten Ersatzspieler. Beim 2:1 über den VfL Bochum traf der eingewechselte Louis Schaub zum 1:0, kurz vorher war Tim Lemperle ins Spiel gekommen, der auf Flanke des ebenfalls eingewechselten Tomas Ostrak das 2:0 besorgte. Allerdings fielen nicht nur die Torschützen auf: Salih Özcan, in der Vorbereitung unumstrittener Stammspieler und zuletzt doch wieder  regelmäßig auf der Bank, kam gegen Bochum spät ins Spiel und gewann „gefühlt jeden Zweikampf“, wie Steffen Baumgart hinterher betonte. Und auch am Samstagabend war es Özcan, der gegen die herausragend besetzten Leipziger noch einmal Tempo, Kraft und vor allem Überzeugung einbrachte – und tatsächlich hätte Özcan dann fast den Sieg besorgt.

Beim 1:1 in Freiburg hatte Baumgart noch bemängelt, seiner Mannschaft sei in der Schlussphase neben der Kraft auch der Mut ausgegangen. Am Samstag war er zufrieden: „Ich war glücklich, dass sie noch nach vorn gegangen sind.“

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Es ist die Kraft von der Bank, die den Kölnern in den ersten Spielen der Saison immer wieder entscheidende Impulse gegeben hat. Schon in der Sommerpause betonte Baumgart, dass er seinen gesamten Kader brauchen werde. „Es geht nicht um die erste Elf, sondern um alle. Nicht von Anfang an zu spielen, ist vielleicht eine Enttäuschung. Trotzdem müssen die Einwechselspieler für das Team alles geben. Es ist wichtig, dass die Jungs, die reinkommen, marschieren.“

Der 1. FC Köln profitiert enorm davon, dass sich die DFL vor dieser Saison erneut darauf einigte, den Trainern fünf Wechsel pro Partie zu erlauben. Steffen Baumgart schöpft seine Möglichkeiten in großem Maß aus: Nach fünf Bundesligaspielen hat der Kölner Coach 24 von 25 möglichen Wechseln vorgenommen. Und meist  hat er richtig gelegen mit seinen Maßnahmen.

FC-Trainer Steffen Baumgart fordert

Sein extrem fordernder Stil macht das nötig: Keine Mannschaft der Liga läuft so viele Kilometer wie die Kölner. „Es ist schwer, weil es sehr intensiv ist. Dann lässt die Kraft nach, aber dann bringen wir die Jungs rein, die auf der Bank sitzen und voll brennen. Die geben dann auch Vollgas. Wir sind eine Mannschaft, für die der Kader sehr wichtig ist, nicht nur die ersten Elf“, sagt Mark Uth. Der Angreifer hat selbst erlebt, wie schnell es gehen kann bei Steffen Baumgart. Der 30-Jährige ist ein Ausnahmespieler; sein linker Fuß ist gesegnet, sein Auge für den gefährlichen Raum hervorragend. Es sind Spieler wie Uth, denen in früheren Zeiten des Fußballs Pausen gestattet wurden, damit sie ausgeruht waren für die nächste brillante Szene. Doch in Freiburg forderte Baumgart seinen Offensivmann dazu auf, einen Raum zu schließen, und als Uth für einen Moment innehielt, um nach Luft zu schnappen, fand er sich kurz darauf auf der Bank wieder. Auswechslungen haben etwas Endgültiges im Fußball; wer einmal raus ist, kehrt nicht mehr zurück. Uth beklagte sich noch während des Spiels bei seinem Trainer. Er habe noch zehn weitere Minuten in sich gehabt. Doch da war es zu spät. Gegen Leipzig durfte Uth nun sechs Minuten länger spielen, und es sieht nicht danach aus, als drohe ein Konflikt zwischen Spieler und Trainer, im Gegenteil: „Das ist Steffens Erfolgsrezept: Die ganze Mannschaft mitzunehmen. Das macht einen Riesenspaß.“

1. FC Köln leistet gewaltigen Aufwand

Köln stellte auch am Samstag die drei laufstärksten Spieler auf dem Platz, der gewaltige Aufwand sorgt auch dafür, dass sich jeder verantwortlich fühlt. Gerade gegen eine Spitzenmannschaft wie gegen Leipzig wurde deutlich: Wenn auch nur einer stehenbleibt, kollabiert das System. Aber das Team hält zusammen, das erfreute auch Steffen Baumgart: „Es war immer einer da, der die Fehler ausgebügelt hat. Das war das Beste an diesem Spiel: Der Punkt ist gut für uns, für die Tabelle. Aber mir haben sehr viele Aktionen im Spiel gefallen, in denen ich erkenne, dass die Mannschaft einfach einen geilen Weg geht. Es ist wichtig, dass wir erkennen, dass es nicht die erste Elf gibt. Sondern dass es alle gibt.“

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