Christoph Daum„Es stimmt nicht, dass die Erwartunghaltung in Köln zu hoch ist"

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Völlig losgelöst am Karnevalssamstag: Christoph Daum bejubelt am 21. Februar 2009 den 2:1-Auswärtssieg des FC in München – den bislang letzten beim FC Bayern.

Köln – Am Sonntag war Horst Heldt  der Kragen geplatzt. Der Sportchef des 1. FC Köln hatte einen Tag nach dem  0:1 gegen Stuttgart im Gegensatz zu seiner Mannschaft auf Angriff geschaltet und die angeblich zu hohe Erwartungshaltung in Köln kritisiert. Er warf Journalisten vor, Luftschlösser zu bauen, gegen die die Verantwortlichen immer wieder ankämpfen müssten. Am Donnerstagmittag wirkte Heldt dann nicht mehr so angriffslustig.

Vielmehr wirkte er wie einer, der keine Lust verspürte, auf das  Thema, das er selbst lanciert hatte, noch einmal einzugehen. „Ich habe keine Diskussion um eine Erwartungshaltung mitbekommen“, sagte Heldt. Ohnehin sei sein Vorwurf auch nicht an alle Medien gerichtet gewesen. Auch Markus Gisdol versuchte schnell, das Thema vom Tisch zu wischen. „Ich mache mir über die Erwartungshaltung keine Gedanken. Ich möchte lieber über das Spiel beim FC Bayern sprechen“, sagte der Trainer.

Gesagt, getan. Gisdol zeigte sich zwar „beeindruckt von der Klasse“ der Bayern, die diese am Dienstag beim 4:1-Sieg bei Lazio Rom bewiesen hatten. Doch er erklärte, dass er sich am Samstag (15.30 Uhr/Sky) durchaus Chancen beim Ligaprimus ausrechne. „Die Bayern haben zuletzt gezeigt, dass sie Menschen sind und keine Maschinen, die da Woche für Woche Höchstleistungen auf dem Platz zeigen. Wenn Bayern dir etwas gibt, solltest du bereit sein.“

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Durchaus Mut macht die Kölner Auswärtsbilanz bei Topteams. In Dortmund und Gladbach fuhren sie 2:1-Siege ein, in Leipzig erreichte der FC ein torloses Remis. „Es kam uns entgegen, dass wir nicht das Spiel machen mussten“, sagte Gisdol, der erneut auf Kapitän Jonas Hector, Sebastiaan Bornauw  sowie die langzeitverletzten Sebastian Andersson und Florian Kainz verzichten muss. Doch wie schon im Hinspiel, als seine Mannschaft nach starker Vorstellung nur knapp mit 1:2 gegen den Rekordmeister unterlag, sieht er diese in der Lage, die Bayern erneut zu ärgern: „Wenn wir die richtige Formation finden, um den Gegner 90 Minuten zu bearbeiten und effektiv nach vorne zu spielen, können wir auch in München gut aussehen.“

Triumph am Karnevalssamstag

In den vergangenen 13 Bundesliga-Spielen gegen die Bayern holte der FC nur einen von 39 möglichen Punkten, den aber in München (1:1 im Oktober 2016). Letztmals gewannen die Kölner vor fast genau zwölf Jahren in der Allianz-Arena, Fabrice Ehret und Daniel Brosinski besiegelten mit ihren Toren am Karnevalssamstag den 2:1-Sieg. „Wir haben durch eine überragende Mannschaftsleistung die fehlende Qualität zu den Bayern ausgeglichen“, erinnert sich der damalige FC-Trainer Christoph Daum, „wir haben mutig, selbstbewusst und mit der nötigen Aggressivität gespielt. Du brauchst auch Glück, aber wir haben es erzwungen. Ähnliches wünsche ich mir  Samstag vom FC. Du darfst nicht mit der Einstellung rangehen, dass dir der nächste Zahnarztbesuch lieber wäre als ein Spiel in München.“

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Kölner Jubel am Karnevalssamstag 2009 in München, die FC-Torschützen Fabrice Ehret (unten) und Daniel Brosinski (links)

Zweimal war der heute 67-Jährige Coach der FC-Profis, von 1986 bis 1990 trainierte er eine Spitzenmannschaft, von 2006 bis 2009 eine Mannschaft zwischen 1. und 2. Bundesliga. Daum kennt noch ganz andere Zeiten am Geißbockheim. Dass die aktuelle Erwartungshaltung im Umfeld des Klubs zu hoch ist, das kann Daum nicht ausmachen. „Es stimmt nicht, dass die Erwartungshaltung zu hoch ist. Das ist ein vorgeschobenes Argument. Die Erwartungen heute sind auch nicht mehr vorrangig an eine bestimmte tabellarische Platzierung gebunden. Das war früher anders. Heute sind die Medien zufrieden, wenn der FC den Klassenerhalt schafft. Und die Fans wollen einen FC, der ständiges Mitglied der Bundesliga bleibt. Für sie ist wichtig, wie sich der FC präsentiert: die Mannschaft und der Klub samt seinen Gremien. Sie wollen eine Mannschaft sehen, die alles gibt und vielleicht mal das eine oder andere Ausrufezeichen setzen kann. Und sie wollen einen Verein, der geschlossen aufritt.“

„Am Ende wird der FC 15."

Dass den Kölnern dieses Ausrufezeichen in München gelingt, glaubt Daum nicht. „Die Bayern hatten durch die Punkteverluste ihr Hallo-Wach-Moment. Ich rechne damit, dass sie wieder stärker werden.“ Aber unabhängig davon, ob dem FC beim hohen Favoriten eine Überraschung gelingt, ist der einstige Meistertrainer vom Klassenerhalt seines Ex-Klubs überzeugt. „Schalke und Bielefeld werden auf den letzten beiden Plätzen landen. Es gibt eine Unbekannte: Schafft es Mainz, den FC noch zu überholen und auf den Relegationsplatz zu verdrängen? Ich glaube nicht. Am Ende wird der FC 15.“

Damit wären auch Horst Heldt und Markus Gisdol  sicherlich zufrieden. Ganz unabhängig von allen Erwartungen.

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