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Der Ex-Präsident und die MitgliederversammlungWiedersehen mit Werner Spinner

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Werner Spinner, ehemaliger Präsident des 1. FC Köln

  • Vor drei Monaten trat Werner Spinner als Präsident des 1. FC Köln zurück, um sich einem Machtkampf zu entziehen.
  • Seitdem braucht der 70-Jährige etwas Abstand zum Verein.
  • Doch es könnte bald zu einer Annäherung kommen: Spinner überlegt, die Mitgliederversammlung im September in der Lanxess-Arena zu besuchen.

Köln – Neulich hat Werner Spinner seinen Gips-Geißbock von der Terrasse auf den Rasen geschleppt, ein paar Schritte weg vom Haus.  Ganz allein steht das Wappentier des 1. FC Köln seitdem im Gras, es ist der Mindestabstand, den Spinner derzeit noch braucht. Drei Monate ist es her, dass der 70-Jährige als Präsident des 1. FC Köln zurücktrat. Er fühlt sich durchaus befreit nach sieben Jahren im Amt, von denen zumindest die letzten anderthalb nicht einfach waren. Er sei zufrieden mit dem Fortgang der Abnabelung, sagt er.

Sein Besuch der Saison-Abschlussfeier des FC platzte, weil er geschäftlich in Zürich war. Der Rückflug hätte es zwar hergegeben. Doch auf der Fahrt vom Düsseldorfer Flughafen nach Köln blieb sein Zug stehen – Personen im Gleis. Ihm war bewusst, dass sein Erscheinen so oder so für Wirbel gesorgt hätte. Zu allzu später Stunde hatte er dann aber erst recht nicht in der Halle Tor 2 auftauchen wollen. Das wäre dann ein zu großer Auftritt geworden.

Rücktritt statt Machtkampf

Er wollte niemanden überfordern. FC-Vizepräsident Markus Ritterbach gilt als Auslöser der Revolte, die zu Spinners Rücktritt nach sieben Jahren im Amt geführt hatte.  Zunächst war der Inhalt einer für seine Vorstandskollegen gedachten Sprachnachricht des Präsidenten an die Geschäftsführung weitergegeben worden. Darin hatte Spinner laut darüber nachgedacht, dass Trainer Markus Anfang und Sportchef Armin Veh nicht miteinander funktionieren. Womöglich müsse man sich von einem der beiden trennen. Veh hatte das als Attacke empfunden und den Präsidenten öffentlich herausgefordert. Dem anschließenden Machtkampf hatte sich Spinner per Rücktritt entzogen. Markus Anfang musste Ende April dennoch gehen.

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Nach Spinners Rücktritt hatte Ritterbach in einem Interview mit der „Kölnischen Rundschau“ Probleme seines ehemaligen Kollegen öffentlich gemacht und von „schwierigen Bedingungen“ gesprochen: „Werner Spinner war nach seiner schweren Herzoperation verändert.“ Die FC-Gremien sind voller Menschen, die dieser Aussage widersprechen. Damit war spätestens klar,  dass Ritterbach keine Rolle mehr spielen würde in der Planung für das nächste Präsidium.

Das letzte Heimspiel der Saison hat Spinner von der Osttribüne aus betrachtet, er nutzte die Gelegenheit, sich bei Polizei und Sicherheitsdienst für die Zusammenarbeit in den vergangenen sieben Jahren zu bedanken und wünschte Glück für die nächste Saison mit ihren zahlreichen Derbys. Nach gut einer Stunde lag der FC gegen Regensburg 1:4 zurück, da setzte sich Spinner auf sein Fahrrad und fuhr nach Hause. So groß war seine Lust auf Fußball an diesem Tag dann doch noch nicht.

Wo er die Spiele der kommenden Saison verfolgen wird, hat Spinner noch nicht entschieden. Die VIP-Tickets, die ihm als Ex-Präsident zustehen, hat er noch nicht abgerufen. Seine privaten Dauerkarten hat er während seiner Präsidentenjahre behalten. Er möchte gern weiter im Stadion Fußball schauen. Doch dafür muss er wohl noch endgültig abschließen mit seiner Präsidentschaft.

Im September werden sich Werner Wolf, Jürgen Sieger und Eckhard Sauren den FC-Mitgliedern zur Wahl stellen; sie haben klare Vorstellungen, wie es weitergehen soll: Infrastruktur-Projekte, Re-Organisation der sportlichen Abteilung sowie die Hinführung des 1. FC Köln zu einer neuen Kultur, deren Kerne „Zusammenhalt, Bescheidenheit und Bodenhaftung“ sein sollen. Das alles steht im Konzept des designierten Vorstands.

Das Verhältnis zu Stefan Müller-Römer

Bis zur Neuwahl bleibt damit nur noch ein wenig Tagesgeschäft. Armin Veh benötigt zwar für „Maßnahmen und Geschäfte von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung“ die Zustimmung des Gemeinsamen Ausschusses. Doch die großen Linien sind beschlossen.

Stefan Müller-Römer, der Vorsitzende des Mitgliederrats, hat bis September Spinners Platz im Vorstand eingenommen. Spinner und Müller-Römer haben jahrelang gestritten, in den letzten Tagen von Spinners Präsidentschaft aber wieder ein wenig zueinander gefunden. Spinner sieht in Müller-Römer einen Verantwortlichen dafür, dass auf der Südtribüne „Vorstand raus“ plakatiert war, das vergisst er nicht. Dennoch war Müller-Römer einer, mit dem Spinner noch am ehesten im Gespräch war. Nun tagt Müller-Römer mit Spinners ehemaligen Vorstandskollegen.

Eine der Vorstandssitzungen hielt Müller-Römer zuletzt allein ab. Eigentlich keine Besonderheit, in Wirtschaftsunternehmen ist es üblich, dass Vorstände nicht immer gleichzeitig verfügbar sind. Doch die Vizepräsidenten waren irritiert. Wie sie auch nicht gerade glücklich darüber waren, dass Spinner die Geschäfte an Müller-Römer übergeben hat – und nicht an sie. Müller-Römer ist zwar für Spinner ins Präsidium nachgerückt, firmiert aber nur als „Vorstand“, nicht als Präsident. Weil es ihm nicht wichtig sei, sagt Müller-Römer (51), das darf man ihm glauben. Doch offenbar ist es für Müller-Römers Vorstandskollegen ein Faktor, ob es im Präsidium eine Hierarchie gibt – und wer vorn steht.

Navid Kermanis Rat

Für Spinner ist das Vergangenheit. Er überlegt, im September die Mitgliederversammlung zu besuchen. Der Kölner Schriftsteller und FC-Fan Navid Kermani, den Spinner nach seiner Meinung fragte, riet ihm zu. Auch, um dem 1. FC Köln die Gelegenheit zu geben, sich von seinem Präsidenten zu verabschieden. Die Umstände des Rücktritts sollen keinen Schatten auf Spinners Amtszeit werfen, außerdem ist es wichtig, dass der neue Vorstand die Chance auf einen sauberen Neubeginn erhält. Der Verein soll geschlossen aus der Wahl hervorgehen, deshalb äußert sich Spinner derzeit auch nicht öffentlich. „Ich will keinen Streit in den Verein tragen“, sagt er nur. 

Spinner weiß noch nicht, ob er sich das antun möchte, obwohl er andererseits glaubt, dass der Abend in der Lanxess-Arena auch sein persönliches Verhältnis zum endgültig FC reparieren könnte. Er könnte dann womöglich fröhlicher ins Stadion gehen.  Und der Geißbock aus Gips dürfte wieder näher ans Haus.

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