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GeisterderbyWie es im Stadion bei einem Fußballspiel ohne Zuschauer ist

Lesezeit 3 Minuten
Großes, leeres Stadion, dazu 22 Spieler des 1. FC Köln (in rot) und von Borussia Mönchengladbach, die ein Bundesliga-Spiel austragen.

Großes, leeres Stadion, dazu 22 Spieler des 1. FC Köln (in rot) und von Borussia Mönchengladbach, die ein Bundesliga-Spiel austragen.

  • Am Mittwochabend haben der 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach das erste Geisterspiel der Bundesliga-Geschichte gespielt.
  • Zuschauer waren nicht zugelassen, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen.
  • Ein eigenartiges Fußballspiel, das gezeigt hat, was alles in einem Stadion hörbar ist, wenn keine Fans anwesend sind.

Mönchengladbach – Um 20.30 Uhr bricht im Mönchengladbacher Nordpark doch noch die Hölle los. Kurz nach dem Schlusspfiff haben sich die Spieler der Gastgeber auf den Weg zu den Fans gemacht, die vor dem Stadion ausgeharrt haben. Feuerwerk wird gezündet, ein Mönchengladbacher Spieler hat die Eckfahne mitgenommen, auf der die Raute prangt. „Die Nummer eins am Rhein sind wir“, singen die Fans und bekommen damit doch noch ihren Derbymoment. Drinnen im menschenleeren Stadion absolvieren die Kölner Ersatzspieler ein paar Läufe, bevor auch sie gehen und das erste Fußballspiel der Bundesliga, das ohne Publikum stattgefunden hat, zu beschließen.

Um 18.19 Uhr hat der Abend einen ersten Höhepunkt erreicht: „Wo auch immer sie uns hören – Hand aufs Herz, hier kommt unsere Hymne“, sagt der Stadionsprecher, was ein wenig klingt wie die automatische Radioansage in einem Katastrophenfilm, die immer wieder sagt: „Wo immer sie uns hören: Hier sind noch Menschen.“ Es folgt die Mönchengladbacher Hymne, die „Elf vom Niederrhein“, allerdings in stark reduzierter Lautstärke, das übliche Dezibellevel wäre wohl einer Körperverletzung gleichgekommen in der Echokammer Borussia-Park.

Dann verliest der Stadionsprecher die Geburtstage von Sponsorenvertretern, die nicht im Stadion sind. Irgendwo klingelt ein Telefon. Die Mannschaften laufen ein. Dann pfeift Schiedsrichter Aytekin an.

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Spieler und ihre Rufe deutlich zu hören

Und sofort wieder ab, er ist eine Minute zu früh dran. Offenbar war ihm nicht klar, worauf er noch warten sollte. In der dritten Minute gibt es für die Gastgeber die erste Ecke, die Eckenstatistik wird mit einem lustigen Ton eingeblendet, der sonst unterginge, weil das überwiegend aus Blech erbaute Stadion unter den Anfeuerungen der Fans nun eigentlich erzittern würde.

Gladbachs Trainer Rose steht mit den Händen in den Taschen an der Linie, Fußballtrainer sollen so was nicht machen, wegen der Körpersprache. Doch Rose ist eher passiv, wie auch FC-Trainer Markus Gisdol kaum zu hören ist. Deutlicher hört man die Spieler und wie sie einander rufen. Patrick Herrmann zum Beispiel nennen die Kollegen „Flaco“, weil er so dünn ist.

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Der Hall im Stadion ist bemerkenswert, die Kameras der Fotografen klackern wie ein Schwarm Motten im Lampenschirm. Als in der 32. Minute Embolo trifft, wird es sogar für einen Moment richtig laut, denn zumindest die Mitarbeiter der Mönchengladbacher Medienabteilung, die einen ordentlichen Teil der Pressetribüne besetzen, freuen sich laut, die Gladbacher Profis auf dem Platz sowie der Betreuerstab ebenfalls. Der FC hatte zehn Karten für Vorstand, Gremien und den verletzten Ersatzkeeper Thomas Kessler, der zeitweise ordentlich Stimmung macht.

Fußballerisch liegt die Passquote beider Mannschaften etwa zehn Prozent höher als im Hinspiel vor Publikum in Köln, es wird seltener aufs Tor geschossen, aber auch kaum Theater gemacht.

Nach dem Seitenwechsel beginnt es zu regnen, man hört die Tropfen, die auf den Banden unten am Spielfeld ein anderes Geräusch erzeugen als auf dem Blechdach. In der 60. Minute sagt der Stadionsprecher durch, dass ein Sponsor nun die Zuschauerzahl präsentieren würde, wenn es denn eine gäbe.

Zehn Minuten später fällt das 2:0 für Mönchengladbach. Wieder erklingt die Torhymne, die Mönchengladbacher Spieler und Menschen im Stadion freuen sich. Mark Uth erzielt für Köln noch einen schönen Anschlusstreffer, damit hat er nun in jedem seiner Spiele für Köln ein Tor erzielt, seine Serie hält.

In der Schlussphase hört man Gesänge der Fans vor dem Stadion, die allerdings keinen Bezug zum Spielverlauf haben. Es ist die Phase, in der man als Gästefan den Gladbacher Freudentaumel über sich ergehen lassen müsste, der fällt immerhin für die Kölner aus.

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