FC-Boss Werner Spinner im Interview„Die letzten Monate waren eine Tortur“

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Spinner Bucco neu

FC-Präsident Werner Spinner

Köln – Herr Spinner, Sie sind nach einer Herzoperation und Reha-Maßnahmen zurück in Köln. Wie geht es Ihnen?

Es geht mir gut; mit den üblichen Nachwirkungen eines Körpers, der auseinandergenommen und neu zusammengesetzt worden ist. Ich bin in den vergangenen sechs Wochen nicht aus der Welt gewesen und will nun meinen Beitrag dazu leisten, dass wir das Desaster, das wir in der Hinrunde erlebt haben, noch umgebogen bekommen. Mit dem jetzt wieder intakten Herzen bin ich voll beim FC, der mein Verein ist und das auch bleiben wird.

Wie empfinden sie die Entwicklung der Mannschaft?

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Ich bin fasziniert davon, mit welcher Motivation und welchem Willen die Mannschaft nach dem letzten Strohhalm greift. Die Mannschaft hat einen hervorragenden Zusammenhalt, und ich finde es grausam, vor allem auch als Fan, wie sie in der Hinrunde vor die Wand gefahren ist. Dieser Kader hat eindeutig die Qualität in der ersten Liga zu bleiben, ein Blick auf die Rückrundentabelle bestätigt das. Das ist und bleibt auch die wichtigste Zielsetzung des Vorstandes.

Sind Sie schon an dem Punkt, an dem Sie sagen können, was in der Hinserie passiert ist?

Es ist vieles zusammengekommen, das es in der Bundesliga wohl nicht mehr so schnell geben wird. Die gute Kommunikation untereinander, mit der wir in den letzten vier Jahren erfolgreich gefahren sind, war plötzlich nicht mehr da. Wir als Vorstand haben alles versucht, um diese Kommunikation wiederherzustellen.

Die Art der Trennung von Schmadtke und Stöger hat Ihnen viel Kritik eingebracht.

Die beiden haben vier Jahre lang gute und erfolgreiche Arbeit geleistet und sind dafür sehr gut bezahlt worden. Wir sind mit den beiden aufgestiegen, haben uns in der Bundesliga immer weiter nach oben gearbeitet und am Ende auch mit  Glück den fünften Platz erreicht. Diese Europa-League-Teilnahme war ein großer Erfolg, der uns und allen FC-Fans noch ganz lange im Gedächtnis bleiben wird. Dennoch leitet sich daraus für mich eine Ursache dafür  ab, dass mit weniger Elan und einer Reihe von Fehlern gearbeitet wurde und die nicht fitte Mannschaft abgestürzt ist. Die Trennung von Jörg Schmadtke war alternativlos. Peter Stöger haben wir sehr viel Vertrauen entgegengebracht, was er nach den Jahren auch verdient hatte. Allerdings hat er das Vertrauen, je länger die Saison dauerte, nicht rechtfertigen können.

Haben Sie über eine frühere Trennung nachgedacht?

Das hätte zur Folge gehabt, dass wir ohne Sportdirektor und ohne Cheftrainer dagestanden hätten, wie zuletzt 2012. Das wollten wir unbedingt vermeiden. Außerdem wäre ein Trainer vom Typ Feuerwehrmann mit uns als Vorstand nicht gegangen. Die Kritik an den Trennungen habe ich mir zu Herzen genommen, allerdings muss man sagen, dass Jörg Schmadtke und Peter Stöger am weichsten gefallen sind. Auch nach 14 Spielen und drei Punkten auf Titelseiten zu lesen „Danke Peter!“ finde ich absurd.

Sie sagen, die Trennung von Schmadtke war alternativlos. War seine Arbeit im Sommer ein Hinweis auf die Leistung der Mannschaft in dieser Saison?

Nein, für den Zustand der Mannschaft ist in erster Linie das Trainerteam zuständig. Alle Transferentscheidungen von Jörg Schmadtke aus dem vergangenen Sommer als Fehler abzutun, wäre zu einfach. Hier sieht man, was an der  Kommunikation zwischen Sportgeschäftsführer und Trainer schiefgelaufen ist. Meré zum Beispiel ist unter dem neuen Trainer zum wichtigen Pfeiler im Abstiegskampf geworden.

Stellen Sie einen Zusammenhang zwischen Ihrer Operation und der Situation beim FC her?

Der Hauptgrund für diese Operation war die Qualität meiner Herzgefäße, die ich erblich übernommen habe. Ich habe mich in den vergangenen  40 Jahren konstant Stresssituationen ausgesetzt. Demnach kann man nicht sagen, dass der FC die Ursache dafür war, dass ich operiert werden musste. Allerdings: Mit Mitte 60 so eine Aufgabe zu übernehmen, war sicherlich kardiologisch nicht unbedingt sinnvoll. Aber die Anfrage  2012 als großer FC-Fan abzulehnen, wäre auch sehr stressig gewesen. Ich bin unendlich dankbar, dass es rechtzeitig entdeckt wurde und es in Köln gute Kardiologen gibt, die sagen: „Morgen geht es auf den Operationstisch.“ Ich bin sehr froh darüber, dass wir in Köln ein Herzzentrum mit Chirurgen haben, die auch derart schwierige Operationen schaffen.

Haben Sie die restliche Saison schon durchgetippt?

Nein, habe ich nicht. Es gibt einfach zu viele Unwägbarkeiten dabei. Es hätte auch niemand damit gerechnet, dass wir in Leipzig gewinnen oder gegen Leverkusen. Ich erinnere mich an das Spiel am letzten Spieltag 2012 gegen Bayern München. Die Münchner hatten das Pokalfinale und das Champions-League-Endspiel vor sich. Die wollten gar nicht gegen uns gewinnen, sind jedem Zweikampf aus dem Weg gegangen. Aber unsere Mannschaft damals war zu kaputt, um überhaupt wahrzunehmen, dass sie eine Chance hat. Das wird der aktuellen Mannschaft nicht passieren. Als Fan kann ich mir vorstellen, dass wir dieses Jahr vielleicht sogar gegen Bayern zu Hause  punkten.

Denken Sie schon über die Saison hinaus?

Über mich selbst möchte ich noch nicht reden, weil ich noch nicht fertig bin mit meinen Überlegungen. Wir bekommen bei vielen Fan- und Mitgliedertreffen große Unterstützung, aber ich merke, dass die Angriffe aus der Südkurve gegen mich eine schwierige Angelegenheit für mich persönlich waren. Ich habe mich, solange sie in der AG Fankultur aktiv waren, immer wieder und voller Überzeugung  für die Ultras eingesetzt, beim DFB, in den Medien, bei der Polizei. Dass ich ausgerechnet von den Ultra-Gruppen zum Feindbild erklärt werde, trifft mich.

Warum hat sich die Stimmung in der Südkurve gedreht?

Das ist eine vielschichtige Angelegenheit. Sachen wie berechtigte Stadionverbote, die Choreo-Klausel, die Stadiondebatte und allgemein der Konflikt zwischen Ultras und dem Verband zum Beispiel über Aspekte der Kommerzialisierung spielen eine Rolle.  Es wird mit Verschwörungstheorien, die haltlos sind, Stimmung gegen den Vorstand gemacht, der wegen der sportlichen Situation für die genannten Gruppen erstmals seit Jahren angreifbar scheint.

Wie sehen Sie die Zukunft des FC?

Am Ende dieses Geschäftsjahres sind wir wirtschaftlich hervorragend aufgestellt mit einem  Polster aus Eigenkapital, was uns, sollten wir absteigen, in der zweiten Liga sehr helfen wird. Wenn wir die Liga halten sollten, kommt es uns für einen weiteren Verbleib in der Liga sehr zu gute. Was mich angeht, waren die letzten acht Monate als Präsident, aber vor allem auch als Fan, eine Tortur. Wenn ich auf diese Zeit zurückblicke, spüre ich neben viel Stress auch eine große persönliche Enttäuschung über die sportlich Verantwortlichen. Um auf die Zukunft zurückzukommen: Mit Armin Veh haben wir einen neuen Geschäftsführer, der  unser volles  Vertrauen verdient, und mit Frank Aehlig einen, der einige Dinge anders angeht. Und der Zusammenhalt im Klub ist groß. Deshalb bin ich für die Zukunft des 1. FC Köln sehr optimistisch. Jetzt gilt die volle Konzentration den letzten Wochen der Saison. Die Vergangenheit ist abgeschlossen, ich gucke jetzt nur noch in die Zukunft.

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