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FC in der Analyse1. FC Köln liefert auch ohne Baumgart reife Leistung ab

Lesezeit 5 Minuten
Pawlka Jubel

Andre Pawlak jubelt an der Seitenlinie

Köln – Tony Modeste hat den 1. FC Köln zum achten Saisonsieg geschossen. Mit seinem 14. Saisontreffer entschied der Franzose am Samstagnachmittag die Partie gegen den SC Freiburg. Das 1:0 beförderte die Kölner auf den sechsten Tabellenplatz; mit dem Sieg verkürzten sie den Rückstand auf die Freiburger auf nur noch einen Punkt. Damit gehen die Kölner am kommenden Freitag mit zwei Zählern Rückstand auf Champions-League-Rang 4 in die Partie bei RB Leipzig.

Nach starker erster Halbzeit wurden die Gäste im zweiten Durchgang zwar immer stärker, doch Marvin Schwäbe rettete die Führung mit herausragenden Paraden. Während die Kölner Offensive vergeblich die Entscheidung suchte, hielt die Kölner Defensive um den herausragenden Timo Hübers die Null.

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Ohne ihren Corona-positiven Trainer Steffen Baumgart, der nach einer kurzen Videoschalte seinem Assistenten André Pawlak das Coaching überlassen hatte, boten die Kölner gegen einen taktisch und athletisch hervorragenden Gegner eine reife Leistung und brachten die Führung über die Zeit.

Alles zum Thema Anthony Modeste

Das Tor

In der 23 Minute spielte Luca Kilian einen Ball aus der Bedrängnis auf Jan Thielmann, der Nico Schlotterbeck auf dem falschen Fuß erwischte. Thielmann hängte den Nationalverteidiger gnadenlos ab, Anthony Modeste hatte die Situation kommen sehen und war sofort durchgestartet. Thielmann spielte flach in den Lauf des Franzosen, der Mark Flekken mit einem perfekten Direktschuss ins lange Eck überwand. Anschließend sendete Modeste Handzeichen in Richtung der Kölner Bank, André Pawlak klärte später auf: Üblicherweise verlangen die Kölner Trainer von ihren Spielern, den Ball erst mit dem zweiten Kontakt zu verarbeiten, um bessere Kontrolle zu haben. Modeste allerdings war der perfekte Torabschluss per Direktabnahme gelungen – seine Trainer dürften nichts dagegen gehabt haben.

Spieler des Spiels

Der Sieg hatte viele Hauptdarsteller. Neben Anthony Modeste und Torwart Marvin Schwäbe, der zwei hervorragende Paraden bot sowie Timo Hübers, der endgültig in der Rolle des Abwehrchefs angekommen ist, zeigte der junge Jan Thielmann eine bemerkenswerte Leistung. Der 19-Jährige reihte Sprint an Sprint und bewies viel Übersicht, als er Modestes Tor vorbereitete. Nach der Partie versuchte er allerdings, seine Leistung zu relativieren: Anthony Modeste müsse man „nur anspielen, dann hat man den Assist fast sicher“, sagte er. Doch Thielmanns Entschlossenheit war einer der Faktoren, die den Unterschied bedeuteten im Spiel zweier starker Mannschaften. „Der Junge ist noch lange, lange nicht am Ende“, sagte André Pawlak über das Potenzial des Offensivspielers, „er hat einen super Job gemacht“.

Moment des Spiels

Es war eine Situation, die in der Erinnerung an dieses Spiel wohl keinen Ehrenplatz erhalten wird. Dennoch war es eine Szene, die viel sagte über das Kölner Auftreten am Samstag: In der Phase kurz nach der Halbzeitpause, in der Freiburg aufkam und der FC den Faden zu verlieren drohte, schwärmten die Kölner plötzlich aus, starteten eine Pressing-Situation wie aus dem Lehrbuch und gewannen den Ball, den Mark Uth aus der Distanz nur knapp am Freiburger Tor vorbeischoss. Es war diese Phase um die 55. Minute, in der die Mannschaft zurück ins Spiel fand, sich Chancen erspielte und damit sich, dem Gegner und den in diesen Momenten bemerkenswert hörbaren 10.000 Zuschauern im Stadion zeigte, dass der 1. FC Köln an diesem Tag sehr schwer davon abzuhalten sein würde, dieses Spiel zu gewinnen.

Das sagen die Trainer

Christian Streich (SC Freiburg): „In den ersten 35 Minuten waren wir nicht Ballsicher genug, zu unruhig im Spielaufbau. Es war klar, dass Köln draufgeht, das wollten wir auch. Es war ein symptomatisches Gegentor, bei dem wir nicht aufpassen und übertölpelt werden. In der zweiten Halbzeit war es ein offener Schlagabtausch. Köln war im Umschalten immer gut. Aufgrund der ersten 35 Minuten verlieren wir dann nicht unverdient.“

André Pawlak (1. FC Köln): „In der ersten Halbzeit habe ich uns überlegen gesehen. Wir haben immer wieder gut von hinten herausgespielt, das waren 35 richtig gute Minuten. Wir hatten viele Situationen, die wir im letzten Moment geblockt haben. Mich ärgert ein bisschen, dass wir die Konter nicht zu Ende gespielt haben. Aber ich glaube, so kann man gut wieder abtreten.

Am Morgen hatten wir noch eine Videokonferenz mit Steffen Baumgart, während des Spiels gar nicht. In der Halbzeit haben wir ihn dazugeschaltet und die Köpfe zusammengesteckt, weil wir im Zentrum umstellen wollten. Während des Spiels gab es keinen direkten Kontakt, nach dem Spiel haben wir telefoniert. Meine Stimme ist angeschlagen, ich bin gar nicht mehr daran gewöhnt, so viel und so laut zu sprechen. Ich war ganz froh, dass nur 10.000 Zuschauer da waren, mit 50.000 wäre es schwierig geworden.“

Das sagen wir

Die Kölner Mannschaft bewies am Samstag ihren fortschreitenden Reifegrad. Die Mannschaft zeigte sich auch in Abwesenheit ihres Trainers bemerkenswert gefestigt und hat seit dem Sommer an immer neuen Details gearbeitet, es gibt mittlerweile zahlreiche Abläufe, an denen sich die Spieler festhalten können, wenn der Gegner den Druck erhöht. Dass der FC zahlreiche außergewöhnlich spielintelligente Profis beschäftigt, ist ein weiterer Faktor, weshalb die Mannschaft auch ohne ihren Trainer gegen einen der am besten organisierten Gegner der Liga zu null gewinnen kann. Nach 21 Spieltagen haben die Kölner nun 32 Punkte gesammelt – vor einem Jahr waren es nach dem 34. Spieltag 33.

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