FC-MitgliederversammlungErleichterung nach einem hitzigen Marathon-Abend

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Das FC-Vorstandsteam: Präsident Werner Wolf (Mitte) und seine Vizes Eckhard Sauren (l.) und Carsten Wettich 

Köln – Als um 1.24 Uhr nach fast siebeneinhalb quälenden Stunden endlich die wichtigste Entscheidung des Abends gefallen war, hielt es Werner Wolf nicht mehr auf seinem Platz. Der Präsident des 1. FC Köln wartete gar nicht mehr die Verlesung des Ergebnisses ab, sondern umarmte seinen Mitstreiter Carsten Wettich. Den hatten die Mitglieder des Klubs, jedenfalls die, die bei der erstmals virtuell ausgetragenen Mitgliederversammlung noch online zugegen waren, bis Herbst 2022 im Amt des Vizepräsidenten bestätigt. Die Erleichterung beim Führungsteam war am Freitagmorgen spürbar.

Knapp 70 Prozent für Wettich

Von den anfangs noch knapp 6000 zugeschalteten Mitgliedern hatten zu dem späten Zeitpunkt noch 3031 an der Wahl teilgenommen, 2065 (69,5 Prozent) votierten für den 41-jährigen Anwalt, 906 gegen ihn (bei 60 Enthaltungen). Das ist ein klares Votum für den ohne Gegenkandidaten angetretenen Wettich, allerdings auch kein starkes, denn der FC hat knapp 115.000 Mitglieder, von denen 85.000 stimmberechtigt sind. Doch so funktioniert Demokratie nun einmal. Und immerhin hatte die Technik über die fast neun Stunden funktioniert. Denn erst um 2.38 Uhr wurde die Versammlung nach der Wahl der neuen Wahlkommission (Christina Strauss, Christina Trebing,  Dorothea Zechmann) beendet.

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Die Abstimmung über den Vizepräsident galt nach den Entwicklungen zuletzt auch als Abstimmung über den gesamten in die Kritik geratenen Vorstand. Der durfte das Votum als Erfolg verbuchen, doch er bekam auch etliche Denkzettel von den  Mitgliedern verpasst. Und entlastet wurde der Vorstand um Mitternacht mit mäßigen 66 Prozent.  In den vielen Wortmeldungen zeigte sich: Oft gab es nur ein Dafür oder Dagegen, die Protagonisten polarisieren weiter sehr.

Alles zum Thema Lukas Podolski

Nach seiner Wahl bekannte Wettich ehrlich: „Ich denke, die heutige Mitgliederversammlung hat auch die Zerrissenheit gezeigt, die im Klub herrscht. Deshalb bin ich erleichtert darüber, dass ich gewählt worden bin. Ich bedanke mich für das Vertrauen und nehme die Wahl als Ansporn an, auch die zu überzeugen, die mich nicht gewählt haben. Wir müssen vorangehen, die Leute mitnehmen und schauen, dass wir wieder zu einer geschlossenen Einheit werden“, sagte der  Vize, der sich als Stratege hinter den Kulissen deutlich wohler fühlt als  in der Rolle als Redner auf der Bühne.

Diskussionsrunde am 5. September

Der Vorstand, der weiterhin ohne Investoren auskommen will, aber am 5. September mit den Mitgliedern  immerhin in einen Dialog über strategische Partner treten will, stellte einen zehn Spielfelder umfassenden „FC-Matchplan“ vor, mit dem er den Klub stabilisieren und nachhaltig in eine bessere Zukunft führen will. Eines der Spielfelder ist neben dem Fokus auf die Jugend die Internationalisierung. Und da hat der Vorstand nun den Zielmarkt Japan im Visier.

Doch zuvor hatte Wolf bei den Mitgliedern Abbitte geleistet. „Wir haben Fehler gemacht, die ich zutiefst bedauere. Ich bitte Euch als Präsident um Verzeihung und um Entschuldigung. Es tut mir leid“, sagte er. Die Kommunikation sei „nicht so gewesen, wie wir es uns vornehmen und wie es präsidialen Ansprüchen genügt“. Mitgliederratschef Ho-Yeong Kim, dessen Gremium 2019 das Präsidium erst ins Amt gebracht hatte, warf diesem  äußerst deutlich vor, „einfach zu wenig zu kommunizieren“.

Podolski-Konter gegen Wolf

Dass die Kommunikation beim Vorstand definitiv besser werden muss, das zeigte sich am Donnerstag erneut deutlich. Während der Veranstaltung dementierte der Kölner Weltmeister Lukas Podolski eine Aussage von Präsident Wolf. Der hatte zuvor auf die Nachfrage eines Fans erklärt: „Ich muss euch enttäuschen. Lukas Podolski wird nächste Saison nicht für den 1. FC Köln auflaufen. Wir stehen mit Lukas Podolski in Kontakt und er weiß, dass die Tür beim FC offen steht.“ Keine halbe Stunde später meldete sich der kölsche Fußballheld via Twitter zu Wort und bezichtigte Wolf der Lüge: „Der Vorstand des 1. FC Köln steht und stand mit mir nicht in Kontakt.“  Richtig sei nur, dass er in der kommenden Saison nicht zum FC zurückkehren werde. Wolf muss sich nicht zum ersten Mal den Vorwurf gefallen lassen, mit Menschen in Kontakt zu stehen, die das bestreiten. Auch Rettungstrainer Friedhelm Funkel prangerte das zuletzt an.

Wehrle sagt auch DFL ab

Den Kontakt zu Podolski hält beim FC Alexander Wehrle. Der erhielt auffallend viel Lob, wurde aber ebenfalls nicht von Kritik verschont. Der Geschäftsführer wurde einige Male gefragt, ob er Konsequenzen aus Fehlern ziehen und zurücktreten werde. Doch er versprach, noch lange im Verein zu bleiben. „Ich hinterlege hier: Ich werde weder zum VfB Stuttgart wechseln noch werde ich Nachfolger von Christian Seifert bei der Deutschen Fußball Liga“, sagte Wehrle.

Einig waren sich alle, dass sich die digitale Mitgliederversammlung nicht bewährt hat. „Das ist kein Modell für die Zukunft“, sagte Wettich. Denn ohne einen Antrag auf Verfahrensänderung, der dafür sorgte, dass die Abstimmungen über alle Satzungsänderungsanträge auf die nächste Mitgliederversammlung im Herbst 2021 verschoben wurden, wäre die Veranstaltung sogar erst im Morgengrauen zu Ende gewesen.

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