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FC-Stürmer Pizarro„Die Situation ist schwierig, ich habe mir das anders vorgestellt“

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Ein enttäuschter Claudio Pizarro nach dem 1:1 gegen Hannover

Köln – Lange Zeit schwieg er - jetzt äußert sich Kölns Stürmerstar Claudio Pizarro (39) im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger" über Frust und Hoffnungen im Abstiegskampfsowie über seinen Traum von der WM-Teilnahme mit Peru, den er nicht aufgegeben hat.

Herr Pizarro, wurmt es Sie immer noch, dass Ihr erstes Tor für den FC nach dem Videobeweis doch keine Anerkennung fand? Es wäre ja  auch das Siegtor gegen Hannover  gewesen. Und das in der 94. Minute.    Und wie. Es wäre ein so wichtiges Tor für die Mannschaft und auch für mich gewesen. Ich habe ja lange Zeit nicht mehr getroffen und auch nur sehr wenig gespielt.  Wir alle haben  gejubelt, der Druck war endlich mal kurz abgefallen – aber leider hat es dann nicht gezählt.

Sie sind mit dem FC seit Monaten im Abstiegskampf – wie mit Werder Bremen in der vergangenen Saison. Da war Ihr Team aber nicht so abgeschlagen. Was ist sonst  anders? Bei Werder habe ich meistens gespielt – insofern ist das schon ein bisschen anders für mich persönlich. Und für den FC? Ich glaube, die Saison kostet den ganzen Verein sehr viel Kraft. Wir hatten einige personelle Wechsel. Und auch vom Kopf  ist es schwierig, wenn du schon so lange  so weit unten stehst. Die negativen Gedanken kriechen einfach in deinen Kopf, du kannst dich da gar nicht groß gegen wehren. Und wir haben wir viele junge Spieler, die so etwas noch nie mitgemacht haben.

Fragen diese jungen Spieler Sie manchmal um Rat? Weniger wegen der aktuellen Lage. Sie fragen mich, dabei geht es aber eher um andere Sachen.

Haben Sie noch Hoffnung? Die verliere ich nie. Wir haben noch elf Spiele, wir sind noch nicht abgestiegen. Die Mannschaft spielt gut, sie kämpft enorm – aber wir brauchen endlich Siege.

Sie sind bisher insgesamt nur 197 Minuten zum Einsatz gekommen.  Ist das Ihr Anspruch? Nein, natürlich habe ich mir das anders vorgestellt. Ich bin fit und fühle mich gut. Es ist schade, ich will spielen. Aber das entscheidet nun einmal der Trainer.

Und warum bringt er Sie nicht? Ich weiß es nicht. Ich frage den Trainer nicht groß. Ich mache meinen Job und trainiere. Ich bin fit.

2015/16 und 2016/17 haben Sie 28 und 19 Partien bestritten. Müssen Sie jetzt Ihrem Alter Tribut zollen? Ich hatte bisher  nicht die Chance. Ich hoffe, dass sich das ändert.

Frustriert Sie die Situation? Sie ist schwierig für mich. Es ist aber nicht so, dass ich so etwas gar nicht kenne. Auch beim FC Bayern, bei Chelsea und am Ende auch bei Werder gab es das mal.

Spüren Sie, dass es Kritik an Ihrem Transfer gibt? Ich verstehe das nicht. Ich spiele ja nicht, weil ich nicht will. Sollte ich die Chance bekommen, werde ich meinen Job machen. Auf der Tribüne oder Bank ist das schwer.

Wie bewerten Sie Ihre ersten fünf Monate in Köln, war der Wechsel womöglich ein Fehler? Nein, er war richtig. Ich wollte weiter Fußball spielen. Und der Verein gefällt mir sehr gut.

Was gefällt Ihnen? Mir und meiner Familie gefällt es in Köln. Man spürt die große Tradition des Vereins. Die Fans sind perfekt. Die Unterstützung ist unglaublich – und das in unserer Lage. In Bremen waren die Fans auch klasse, aber das hier übertrifft das noch mal. Die Stadt steht zum Verein, die Menschen halten zum FC. Und sie sind sehr offen, das habe ich in Deutschland so noch nicht erlebt. Ich war im Rosenmontagszug dabei, das war total schön. Ich habe immer diese Kamelle geworfen (lacht). Ich hatte nicht erwartet, dass ich so viel Spaß haben würde.

Ihr Vertrag läuft bis Ende Juni.  Beenden Sie dann Ihre Karriere? Ich weiß es noch nicht. Das entscheide ich   nach der Saison. Vielleicht spiele ich auch noch weiter.

Auch bei der WM mit Peru? Oder haben Sie diesen Traum aufgegeben? Nein. Ich habe weiter Kontakt zum Nationaltrainer. Es ist weiter mein großer Traum, dabei zu sein. Eine WM-Teilnahme fehlt mir noch.

Die WM wäre doch eigentlich das perfekte Karriereende. Stimmt. Darüber habe ich auch schon nachgedacht, es gibt eigentlich kein besseres Karriereende.

Was machen Sie nach der Karriere? Ich bleibe dem Fußball erhalten, aber nicht als Trainer (lacht). Ich möchte wieder etwas mehr Freizeit und mehr Zeit für die Familie haben. Fest steht, dass wir in Europa bleiben. Es wäre für die Kinder schwierig, nach Südamerika zurück zu gehen. Sie sind in Deutschland aufgewachsen.

Sie waren 20 Jahre alt, als Sie 1999 Peru in Richtung Deutschland verließen und nach Bremen wechselten. War das schwierig für Sie? Nein, es war einfach für mich.

Warum? Weil ich unbedingt nach Europa wollte. Ich wollte mich zeigen, weiterentwickeln und hatte nur meine Karriere im Kopf. Alles andere war anfangs nicht so wichtig.

Und die neue Kultur und Sprache? Das kam erst später. Mit der Sprache war es wirklich nicht so einfach. Aber nach sechs Monaten in Bremen konnte ich ein bisschen quatschen und mir zum Beispiel etwas zu trinken bestellen.

Jhon Córdoba ist seit 2015 in Deutschland. Trainer Stefan Ruthenbeck sagte jetzt, dass Córdoba kaum etwas verstehe. Sie übersetzen oft für ihn. Muss sich das ändern? Ich denke schon. Ich habe mit Jhon auch darüber gesprochen. Er nimmt  ja Unterricht und versucht die Sprache zu erlernen. Er tut mir derzeit etwas leid. Ich sehe ja, wie er auf dem Platz alles gibt.

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