FC-Vize Schumacher„Es kann passieren, dass Modeste nicht für uns spielen darf“

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FC-Vizepräsident Toni Schumacher

  • FC-Vizepräsident Toni Schumacher spricht im Interview über die Kritik am Vorstand, Trainer Markus Anfang und das Worst-Case-Szenario im Fall Anthony Modeste.

Köln – Herr Schumacher, 2019 wird ein neues Präsidium gewählt. Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, wie es für Sie weitergeht?

Wir haben in unserem Neujahrsbrief schon geschrieben, dass wir uns dazu noch nicht äußern möchten. Es ist im Moment noch keine Zeit für solche Diskussionen, zuerst muss alles dem sportlichen Erfolg untergeordnet werden. Wir wollen aufsteigen und damit unser Versprechen einlösen.

Sie können sich aber vorstellen weiterzumachen?

Alles zum Thema Anthony Modeste

Ich bin nicht amtsmüde.

Sollte Werner Spinner nicht mehr zur Wahl stehen, würden Sie dann Präsident werden wollen?

Das ist für mich im Moment kein Thema. Und ich kann als Vizepräsident viel bewegen, der Vorstand ist ja ein Team. Ich habe zwar 1987 geschrieben, dass ich mal Präsident werden möchte, aber das ist lange her. 

Das Vorschlagsrecht für ein Vorstandsteam liegt beim Mitgliederrat. Kennen Sie deren Zeitplan?

Der Mitgliederrat hat im Oktober gesagt, dass sie sich spät entscheiden wollen und war ja auch dagegen, den Termin in der Satzung vorzuziehen. Der Ball liegt also nicht bei uns.

Was sagen Sie zu den „Vorstand-raus“-Plakaten?

Ich finde, es wird zu viel über die kleine Gruppe gesprochen, die dahintersteht. Wir haben über 100.000 Mitglieder. Hinter der Botschaft dieser Plakate stehen vielleicht 400 Leute. Ich werde von Vorständen anderer Vereine, die zu uns kommen, gefragt: „Warum hängen die Plakate dort? Bei euch läuft es doch, ihr liegt auf Aufstiegskurs.“ Der Hintergrund der Plakate ist, dass wir gegen diese Gruppen Stadionverbote verhängen mussten und in Regress nehmen. Wir wissen, dass die Plakate viele Mitglieder inzwischen nerven. 

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„Vorstand raus“-Plakate im Rhein-Energie-Stadion

Tun solche Plakate weh?

Ich habe als Spieler schlimmere Dinge ertragen müssen, ich hing schon als Puppe am Galgen. Für meine Vorstandskollegen tut es mir aber leid, die sind mit sowas nicht groß geworden.

Was haben Sie noch auf ihrer Agenda?

Wir haben noch wichtige Projekte, die wir für unseren FC angehen wollen. Das wichtigste ist das Nachwuchsleistungszentrum.  Wir warten sehnsüchtig darauf, dass wir loslegen können. Wir hängen da eh schon Lichtjahre hinter anderen Vereinen zurück. Im Vergleich zur Konkurrenz sind wir in diesem Punkt nicht attraktiv. Wenn wir einen Jugend-Nationalspieler mit seinen Eltern vom Flughafen abholen und ihnen  unsere veraltete und enge Anlage zeigen, fragen die: „Was ist das denn hier?“

Planen Sie einen Ausbau oder ist es vorstellbar, dass die Jugend am Geißbockheim bleibt und für die Profis neu gebaut wird?

Wir haben uns immer für eine gemeinsame Anlage an unserem traditionellen Standort stark gemacht, weil unsere Grundidee ist, dass die Talente sehen sollen, was mal aus ihnen werden kann. Gleichzeitig sollen die Profis immer daran erinnert werden, wo sie herkommen. Übrigens hat die Stadt Köln seinerzeit die Heimat des FC in den Grüngürtel gelegt, und wir kämpfen um diesen Standort.

Ein anderes Projekt ist das Stadion. Neubau oder Ausbau? Wie ist da der Stand?

Wir müssen für den FC und für alle planen, die nach uns kommen werden. Wir möchten ein größeres Stadion mit auf den Weg bringen, so dass mehr Fans und Mitglieder unsere Spiele live erleben können. Wir wollen es ganz klar am Standort Müngersdorf erweitern, das war und ist unsere Priorität. Wir haben deshalb eine zweite Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Wenn die vorliegt, werden wir sehen, wie es weitergehen könnte.

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Armin Veh (r.) diskutiert mit Markus Anfang.

Ist der aktuelle Kader des 1. FC Köln schon erstligatauglich?

Die Sportliche Leitung hat sich mit uns abgestimmt, dass wir neue Spieler jetzt schon nach ihrer Eignung für beide Ligen aussuchen. Das ist sinnvoll, denn trotz der Anlaufschwierigkeiten haben wir in der Hinrunde schon eine gute Rolle gespielt. Ich glaube, dass unsere Mannschaft mittlerweile verstanden hat, was der Trainer von ihr fordert. 

Es schien Markus Anfang wichtig zu sein, den Sieg und die folgenden Erfolge nicht mit dem Systemwechsel zu begründen.

Vielleicht, weil er genau weiß, dass einem heutzutage im Fußball alles negativ ausgelegt werden kann? Ich finde, im Leben eines Trainers braucht es mitunter Situationen, in denen jemand kommt und im Sinne der Sache einen Hinweis gibt. Das macht doch ein gutes Team von Manager und Trainer aus. Armin Veh hat Erfahrung als Trainer in großen Vereinen. Zugleich hat Markus Anfang schon mit Kiel einen Super-Job gemacht. Aufstieg, dann gleich in die Relegation. Aber der 1. FC Köln ist trotzdem noch eine andere Hausnummer, der Druck ist ein anderer, alles wird öffentlich hinterfragt. Diese Erfahrung in einem Verein dieser Größe muss Markus ja erst machen, das war uns klar. 

Deshalb ist Armin Veh womöglich der ideale Partner?

Er hat diese Ruhe. Ich mache alles mit Leidenschaft, das ist für mein Gegenüber vielleicht manchmal nicht so einfach. Armin Veh vermittelt eine Ruhe, eine Abgeklärtheit. Er hält sich mit seiner Meinung nicht zurück. Aber die Entscheidungen trifft am Ende der Trainer. 

Wie nehmen Sie die Arbeit des Trainers wahr?

Ich erlebe ihn und sein Team als fleißig, akribisch und extrem ehrgeizig. Das Wichtigste ist dabei, dass die Jungs ihn verstehen und eine gute Gemeinschaft bilden. Ich habe im Trainingslager einiges an Zeit mit der Mannschaft verbracht. Die Jungs sind locker, flachsen miteinander. Das sind gute Anzeichen, dass sich eine funktionierende Gemeinschaft formt. Wir haben nicht ein oder zwei Stars, sondern eine homogene Gruppe.

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Alexander Wehrle (links) und Anthony Modeste beim Selfie-Spaß

Der größte Star spielt allerdings derzeit nicht: Anthony Modeste.

Die Situation tut mir für ihn leid und ist mit gesundem Menschenverstand schwer nachvollziehbar. Aber ich finde nach wie vor, es ist ein Riesending, dass Tony bei uns ist. Klar, im Nachhinein kann man immer kritisieren, dass wir ihn auf der Gala präsentiert haben. Damit müssen wir leben, das können wir auch.

Hätte es nicht gereicht, auf der Gala zu verkünden, dass Anthony Modeste wieder für den 1. FC Köln spielen will, sobald seine Situation geklärt ist? Diese Vereinbarung war ja Erfolg genug.

Tony trainierte da doch schon mit dem Team. Es gab Jubel im Saal, für Tony war es ein schöner Moment und für den FC es ist auch eine tolle Sache: Wir holen einen starken, beliebten Spieler zurück, den wir im Vorjahr für eine Rekordsumme verkauft hatten. Dass sich die juristische Situation noch so verkompliziert, war in dieser Form nicht abzusehen. Welches Risiko ist denn für den Verein entstanden? Wo läge denn eine Blamage? Dass wir versucht haben, einen Topstürmer zurückzuholen, der sich trotz anderer Möglichkeiten zum FC zu bekennt? Man muss auch mal aggressiv vorgehen. Wir arbeiten weiter daran, dass Tony wieder für den FC auflaufen kann.

Aber als Optimist steht man dann kurz davor, sich zum Gespött zu machen.

Das Risiko nehme ich in diesem Fall gern in Kauf. Ich bin Fußballer, mein Gott, über mich haben schon so viele Leute gelacht. Das gehört eben dazu. Ja, stimmt, es kann uns passieren, dass Tony Modeste nicht für uns spielen darf. Der schlimmste Fall wäre aber doch gewesen: Wir versuchen es erst gar nicht – und Tony spielt in der Rückrunde für einen anderen Verein. 

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