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Französische Presse über den Nizza-Skandal„Schuld waren die wütenden deutschen Fans“

Lesezeit 3 Minuten
Baumgar im Nizza Stadion

FC-Chaoten auf den leeren Rängen. FC-Trainer Steffen Baumgart darüber.

Nizza – Angesichts der schweren Ausschreitungen in Nizza vor dem Conference-League-Spiel des 1. FC Köln herrscht auch auf französischer Seite ein großer Drang nach Aufklärung. Szenen der Gewalt spielten sich zunächst vor dem Stadion ab, wie französische Medien in Videos auf Twitter veröffentlichten.

Und sie übertrugen sich später auf die Ränge im Stadion. „Schuld waren die wütenden deutschen Fans, die einen Teil von Nizza verwüsteten“, legt sich die französische Zeitung „Le Parisien“ in ihrer Berichterstattung am Tag danach fest und spricht von einem schwarzen Donnerstag, welcher die Stadt Nizza nun fassungslos hinterlasse. Dass es auch gewaltbereite Franzosen im Stadion gab, lässt das Blatt immerhin nicht unerwähnt.

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„Sicherheitsdienste des Stadions waren völlig überfordert“

Französische Selbstkritik wird eher an anderer Stelle laut. „Zu diesem Spiel sind die Sicherheitskräfte von 200 Beamten für ein normales Spiel auf 300 Beamte aufgestockt worden. Reicht das aus? Das kann man angesichts des weiteren Verlaufs des Abends bezweifeln“, schreibt die französische Sportzeitung „L'Équipe“ und verweist darauf, dass angesichts des Fan-Aufkommens aus Deutschland mit Komplikationen zu rechnen war.

Alles zum Thema Steffen Baumgart

„Nice-Matin“ kritisiert: „Die Sicherheitsdienste des Stadions waren völlig überfordert, weil sie wahrscheinlich nicht mit einer solchen roten Flut in der Stadt und dann im Stadion gerechnet hatten.“ Die Zeitung „Libération“ schreibt, dass „einige Zuschauer, die von so viel Gewalt genervt waren, noch vor dem Spiel nach Hause gingen.“

FC-Marsch von Vandalismus geprägt

Der Fanmarsch der Kölner Anhänger, der sich vom Zentrum der Stadt bis zum Stadion über mehrere Stunden erstreckte, war unterdessen zumeist friedlich verlaufen. Doch brachte er auch mehrere Fälle von Vandalismus zum Vorschein.

Darüber echauffierte sich anschließend Nizzas Bürgermeister Christian Estrosi via Twitter. „Unsere Straßenbahnen wurden mit Grafitis besprüht, die Wartehäuschen zerstört, die Statue des Apollo beschädigt, und die ganze Stadt war voller Müll.“ Die Höhe der Schäden sei noch nicht endgültig beziffert, doch Estrosi rechnet „mit Zehntausenden Euro – die Rechnung werden wir dem 1. FC Köln zustellen, auf dass er sie begleiche.“

Estrosi, seit 2017 zum zweiten Mal Bürgermeister von Nizza, geht davon aus, dass die Gewalttäter nicht nur Deutsche sind: „In ihre Mitte haben sich auch Menschen gemischt, die vorgeben, Anhänger von Paris Saint-Germain zu sein, sagen wir besser, es waren Extremisten aus Paris, keine Anhänger.“

Das französische Blatt „L'Est Républicain“ übt derweil Kritik an der Uefa, welche die Partie anschließend noch habe stattfinden lassen. „Sollte man spielen oder nicht? Die Behörden und die UEFA entschieden sich dafür, die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Kölner Fans, die von Pariser Ultras begleitet wurden, und den Nizzaern auf der Tribüne Populaire Sud im Herzen der Allianz Riviera zu ignorieren.“ (oke)

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