Geschäftsführer-SucheWird die Gremien-Struktur beim 1. FC Köln zum Schreckgespenst?

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Timo Horn traf am Montagmorgen einen verkleideten Fan.

  • Präsident Werner Wolf hat die Gelegenheit zu einem präsidialen Auftritt verstreichen lassen.
  • Die Gremienstruktur beim FC könnte Geschäftsführer-Kandidaten abschrecken; es liegt am Präsidenten, Bedenken zu zerstreuen.
  • Mit der Entscheidung, Achim Beierlorzer eine letzte Chance gegen Hoffenheim zu geben, dokumentierte der Vorstand seine Unabhängigkeit.

Köln – Der 1. FC Köln hat neben seinem Trainer auch den Sportchef verloren und tut sich nun schwer, einen neuen zu finden. Gleichzeitig wird ein neuer Trainer gesucht. Wir analysieren die Lage.

Was ist in den vergangenen Tagen beim 1. FC Köln geschehen?

Der FC steht nach dem elften Spieltag mit sieben Punkten auf einem Abstiegsplatz. Die Fans sind in Sorge, und in ihrer Not wünschen sich viele, was eigentlich etwas überholt ist: Einen starken Mann, der nach vorn geht und dokumentiert, dass er die Lage im Griff hat. Im Zuge der Trennung von Trainer Achim Beierlorzer ließ Präsident Werner Wolf (63) jedoch die Chance auf einen öffentlichen Auftritt verstreichen. Zwar hat Wolf als Vereinspräsident wenig mit Trainerentlassungen zu tun, denn der Trainer ist Angestellter der in eine Kapitalgesellschaft ausgegliederten Profiabteilung und damit dem Sportchef unterstellt. Grundsätzlich musste Wolf also nichts sagen, deshalb zitierte der Verein in seiner offiziellen Mitteilung nur Interims-Sportchef Frank Aehlig (51). 

Am Beispiel Achim Beierlorzer: Wie werden beim 1. FC Köln Entscheidungen getroffen?

Eine Trainerentlassung ist eine „Maßnahme von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung auf der Ebene der 1. FC Köln GmbH & Co. KGaA“, wie es die Satzung formuliert. Und damit zustimmungspflichtig im Gemeinsamen Ausschuss. Am Montag nach dem verlorenen Derby gegen Düsseldorf hatte der Vorstand schon am Vormittag Gespräche geführt und dabei den Eindruck erweckt, keine Hoffnung mehr auf die Wende zu haben. Daher verbreitete sich rasch die Kunde, dass Beierlorzers Entlassung beschlossen sei. Doch dann suchte der Vorstand das Gespräch mit seinen Fußballexperten. Zunächst mit Armin Veh, dessen Expertise im Verein nach wie vor viel galt. Später mit Erich Rutemöller und Jörg Jakobs, die den Vorstand als „Kompetenzteam Sport“ beraten.

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Veh, Rutemöller und Jakobs gaben übereinstimmende Empfehlungen: Eine letzte Chance für Beierlorzer. Das Präsidium war überzeugt, begab sich am Abend in die turnusmäßige Sitzung des Mitgliederrats und traf dort auf ein Gremium voller Menschen, die den Tag über davon ausgegangen waren, dass das Derby unmittelbare Folgen haben würde. Doch der Vorstand erklärte nur, dass nichts geschehen würde, und es dauerte bis zum nächsten Mittag, ehe auch die Öffentlichkeit darüber informiert war.

Was waren die Folgen?

Der Verein geriet in ein Führungsvakuum, zumindest in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit. Das nicht aufzunehmen, mochte man im Präsidium als besonnenes Verhalten empfinden. Doch der 1. FC Köln ist nicht einfach nur ein Fußballverein, sondern Teil der Unterhaltungsindustrie Bundesliga. Wer da nicht spricht, fällt erst recht auf. Und wirkt führungsschwach, selbst wenn er das gar nicht ist.

Wie ist die Gremienstruktur beim FC?

Die Vorgänge um Achim Beierlorzers Entlassung stellen das gut dar. Der Vorstand ist Gesellschafter der ausgegliederten Profi-Abteilung mit ihren Geschäftsführern, die im Tagesgeschäft frei entscheiden können und mit dem Cheftrainer das Kraftzentrum des Profibetriebs bilden. Soll der Trainer entlassen werden, muss der Gemeinsame Ausschuss seine Zustimmung erteilen, das entscheidende Gremium im Verein, das sieben Mitglieder hat: Die drei Vorstände, zwei Vertreter des Mitgliederrats sowie die Vorsitzenden von Beirat und Aufsichtsrat. Das Präsidium hat im Gemeinsamen Ausschuss allein keine Mehrheit. Doch auch die beiden Mitgliederräte können nichts allein entscheiden.

Warum gibt es den Gemeinsamen Ausschuss und den Mitgliederrat?

Der 1. FC Köln gab sich nach Wolfgang Overaths Präsidentschaft die neue Satzung, damit nie wieder ein Vorstand die alleinige Entscheidungsgewalt hat.

Welche Rechte hat der Mitgliederrat?

Darüber haben die Gremien in den vergangenen Jahren intensiv gestritten. Der ehemalige Präsident Werner Spinner sagte stets, er habe die Mitglieder zwar mitnehmen, nicht aber ins operative Geschäft einbinden wollen. Die Mitgliederräte, besonders deren Vorsitzender Stefan Müller-Römer, sehen das traditionell anders.

Wie verfährt das aktuelle Präsidium?

Werner Wolf  wurde zwar vom Mitgliederrat aufgestellt. Doch am Montag bewies er in der Weigerung, Achim Beierlorzer sofort zu entlassen, dass er dem Gremium zwar zum Gespräch zur Verfügung steht, sich aber keine Entscheidungen diktieren lässt. Insofern hat der Vorstand in der Trainerfrage seine Unabhängigkeit bewiesen – eine gute Nachricht für alle, die sich sorgen, der Mitgliederrat habe den Verein übernommen. Allerdings ist das Verhältnis zwischen Vorstand und Mitgliederrat nun früh getrübt.

Hat der 1. FC Köln überhaupt  Chancen, in der aktuellen Struktur einen Sportchef zu finden?

Selbstverständlich, der 1. FC Köln ist ein Bundesligaklub, der in der viertgrößten Stadt Deutschlands vor stets ausverkauftem Haus spielt. Es wird entscheidend sein, welchen Eindruck der 1. FC Köln erweckt: Reden die Gremien ständig rein? Müssen so viele Informationen geteilt werden, dass pausenlos Interna an die Öffentlichkeit geraten? Ist ein Sportchef durch die Struktur gebremst, weil er die Erlaubnis eines Gremiums braucht, in dem Vereinsmitglieder sitzen – also branchenfremde?

Sind Sportchefs im Fußball denn so schwierige Persönlichkeiten?

Sportchefs lassen sich sehr ungern hinterfragen. Die Gremienstruktur kann daher tatsächlich ein Grund sein, über ein Engagement zweimal nachzudenken. Auch da liegt es nun an Präsident Werner Wolf, seinem Kandidaten glaubhaft zu versichern, dass er beim 1. FC Köln seine Arbeit verrichten kann, ohne sich in der Gremienarbeit aufzureiben. Allerdings ist davon auszugehen, dass Werner Wolf genau das tut.

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