Corona und teurer Misserfolg1. FC Köln meldet 23,8 Millionen Euro Verlust

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Alex_Wehrle

Alexander Wehrle ist seit Januar 2013 Geschäftsführer des 1. FC Köln.

Köln – Schlechte Zahlen waren in Aussicht gestellt worden, und weil dies keine Zeiten für positive Überraschungen sind, fiel die Bilanz auch schlecht aus: Der 1. FC Köln hat das Geschäftsjahr 2019/20 bei einem Umsatz von 122,5 Millionen Euro mit einem Fehlbetrag von 23,8 Millionen Euro abgeschlossen. Diese 23,8 Millionen sind insofern alarmierend, als in der Saison 19/20 nur dreieinhalb Monate von der Pandemie betroffen waren. Fünf Heimspiele mussten die Kölner ohne Publikum austragen. In dieser Saison werden es zwölf Monate sein – und 17 Heimspiele vor leeren Rängen, sollte kein Wunder passieren. Entsprechend düster sind die Aussichten.

Kalkulierter Fehlbetrag

Allerdings ist nicht der vollständige Fehlbetrag der vergangenen Saison mit den Auswirkungen der Pandemie zu erklären. Die Kölner hatten nach dem Aufstieg versucht, die Gefahr eines neuerlichen Abstiegs durch Investitionen zu verringern. „Auch wenn wir zur Zielerreichung des Klassenerhalts und der damit verbundenen Investitionen in den Lizenzkader mit einem einkalkulierten Verlust in die Saison gegangen sind, hat die im März 2020 begonnene Pandemie und die damit verbundenen Heimspiele ohne Zuschauer die wirtschaftliche Substanz des Klubs deutlich angegriffen“, teilte Geschäftsführer Alexander Wehrle am Mittwoch mit. „Die Corona-bedingten Umsatzeinbußen in Höhe von 13 Millionen Euro konnten trotz der eingeleiteten Gegenmaßnahmen nicht kompensiert werden.“

In Sebastiaan Bornauw und Ellyes Skhiri hatte der Verein unter dem damaligen Sportchef Armin Veh rund zwölf Millionen Euro investiert. Hinzu kamen Birger Verstraete und Kingsley Ehizibue, insgesamt 19 Millionen Euro gab der FC im Sommer 2019 für Zugänge aus. 13,7 Millionen Euro – diese Unterdeckung hatten die Kölner zu Saisonbeginn eingeplant, angesichts eines Eigenkapitals von mehr als 38 Millionen Euro und den Folgen eines weiteren Abstiegs nicht unvernünftig. Weil der sportliche Erfolg jedoch trotzdem zunächst ausblieb, wurde es noch teurer.

Alles zum Thema Ellyes Skhiri

Trainer- und Managerwechsel, Wintertransfers: Die Kölner wären wohl auch ohne Corona mit einem Fehlbetrag aus der Saison gegangen, der deutlich über den geplanten 13,7 Millionen gelegen hätte. Doch dann kam die Pandemie. 23,8 Millionen Euro Fehlbetrag standen am Ende des Spieljahres, das Eigenkapital schmolz damit auf 14,8 Millionen Euro, was immer noch vergleichsweise stabil ist für einen Bundesligaklub.

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Das Ziel der Kölner ist im laufenden Geschäftsjahr, ein positives Eigenkapital zu bewahren. Dazu hat der Klub Maßnahmen ergriffen. Als sich im Januar andeutete, dass die Saison vollständig ohne Publikum über die Bühne gehen würde, beantragte der Verein eine Landesbürgschaft über 20 Millionen Euro, die unmittelbar vor der Bewilligung steht. Damit wollen die Kölner ihre Kredite absichern, die nächste Saison ist damit gesichert. Das Land gibt den Banken mit einer Ausfallbürgschaft von 90 Prozent eine Sicherheit, es fließt also kein Steuergeld in die Kölner Vereinskassen – solange der FC seine Kredite bedienen kann. Insgesamt rund 63 Millionen Umsatz wird die Pandemie den FC bis zum Ende dieser Saison gekostet haben, als Mitglieder-geführter Verein sei man nicht an einer Bürgschaft vorbeigekommen, heißt es.

Weil der Vorstand ausschließt, Anteile an der Kapitalgesellschaft des 1. FC Köln zu verkaufen, besorgte sich der Klub Kapital, indem er Genussscheine an dem FC wohlgesonnene Personen ausgab, die es ich leisten können, namhafte Geldbeträge zeitweise zu parken. Die Inhaber erhalten nur eine Rendite, wenn der 1. FC Köln auch Gewinne schreibt. Genussscheine verschaffen ihren Inhabern keine Mitspracherechte – und es droht ein Totalverlust. Daher sind Erlöse aus Genussscheinen dem Eigenkapital zuzurechnen. Der Verkauf ist aussichtsreich angelaufen, daher sind die Kölner guten Mutes, auch am Ende der laufenden Saison noch über ein positives Eigenkapital zu verfügen.

Debatte um Stadionpacht

Helfen würde es dem FC, wenn er die Stadionpacht für die laufende Saison nicht in vollem Umfang zahlen müsste. Derzeit zahlt der Verein nur 25 Prozent der Stadionpacht von rund 7,9 Millionen Euro. Im Januar hat der Verein ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das zu dem Schluss kommt, die Reduzierung sei rechtens. Die Gesetzgebung zum Wegfall der Geschäftsgrundlage ist zuletzt zwar zugunsten der Mieter angepasst worden, daher ist der FC guter Hoffnung. Verein und Stadt befinden sich im „konstruktiven Dialog“, wie es aus dem Geißbockheim heißt. Doch ist der 1. FC Köln nicht allein im Versuch, die Pacht für eine gewerblich genutzte Immobilie zu reduzieren. Sollte man sich tatsächlich im Sinne des FC einigen, könnte die laufende Saison doch noch mit positivem Eigenkapital enden.

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Sebastiaan Bornauw wäre ein Kandidat für einen Verkauf in der Not. 

Um die Kosten in den Griff zu bekommen, haben Mannschaft und Geschäftsführung in einen weiteren Gehaltsverzicht bis zum Ende der Saison eingewilligt. Als weitere Maßnahme könnte der Verkauf von Leistungsträgern helfen. Kandidaten wären Ellyes Skhiri oder  Sebastiaan Bornauw – womöglich auch der Spanier Jorge Meré, dessen festgeschriebene Ablösesumme sich im Fall eines Abstiegs allerdings auf zwölf Millionen Euro reduzierte. Durch die Ausgabe der Genussrechte hat der FC jedoch einen gewissen Spielraum.

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