Gladbachs Hofmann über Derby„Ausgepfiffen zu werden, hat auf jeden Fall etwas“

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Aktuell bester Torschütze von Borussia Mönchengladbach: Jonas Hofmann

Köln – Herr Hofmann, gegen Fürth haben Sie am vergangenen Wochenende einige Tritte kassiert. Sind Sie trotz der Blessuren fit fürs Derby beim 1. FC Köln am Samstag (15.30 Uhr/Sky)?

Während der Halbzeit hat es sich schlimmer angefühlt, als es dann letztendlich war. Wir hatten schon befürchtet, dass nach dem Spiel alles blau ist. Aber es ist alles gut und schnell verheilt, ich bin topfit und kann am Samstag normal auf dem Platz stehen.

Alle Tritte der Fürther hatten auch nicht geholfen, Sie haben trotzdem beim 4:0-Sieg zwei Tore erzielt. Insgesamt sind es schon sechs in dieser Bundesliga-Saison, Ihr persönlicher Bestwert ist nach zwölf Spieltagen eingestellt. Fühlen Sie sich in der besten Form Ihres Lebens?

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Ich glaube, dass ich gerade in einer sehr, sehr guten Form bin. Die „Form meines Lebens“ kommt aber hoffentlich noch (lacht). Es wäre schön, wenn es so weitergeht, ich noch mehr Tore erzielen und noch mehr Erfolg haben kann. Max Eberl hatte es zuletzt schon gesagt: Als Fußballer muss man nicht mit 23, 24 ausgereift sein – auch in einem etwas höheren Alter kann man noch eine super Entwicklung nehmen.

Zur Person

Jonas Hofmann (29), geboren in Heidelberg, spielte in der Jugend für die TSG Hoffenheim, wechselte 2011 zum BVB und kam dort unter Trainer Jürgen Klopp zu seinem Bundesliga-Debüt. Der offensive Mittelfeldspieler wurde 2016 für acht Millionen Euro von Gladbach verpflichtet. Absolvierte insgesamt 186 Bundesliga-Einsätze (28 Tore) und zehn Länderspiele (2 Tore). In seiner Heimatstadt Heidelberg betreibt Hofmann drei Subway-Filialen. (ckr)

Topform pünktlich zum Derby. Es könnte einen schlechteren Zeitpunkt geben.

Das stimmt, die kommt genau richtig!

Es wird Ihr zehntes Spiel mit Gladbach gegen den FC, Sie sind also ein Derby-Routinier. Macht es mehr Spaß im eigenen Stadion von den Fans angetrieben oder beim Erzrivalen ausgepfiffen zu werden?

Im gegnerischen Stadion ausgepfiffen zu werden hat auf jeden Fall etwas. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich aber die heimischen Fans und die schönere Atmosphäre wählen. Doch es stimmt schon: Wenn wir dann am Samstag hoffentlich den Sieg mit nach Hause nehmen und ausgepfiffen werden, dann tut das gut.

Ein Derby-Tor können Sie noch nicht aufweisen…

Das wollte ich gerade schon ansprechen – es stimmt leider, trotz aller Derby-Erfahrung. Es wäre ja schön, wenn ich da am Samstag auch einen Haken dran machen könnte.

In der Vergangenheit ist Gladbach in Derbys meist gegen einen tiefstehenden FC-Abwehrblock angelaufen. Wie bewerten Sie die Kölner Entwicklung unter Steffen Baumgart?

Die Kölner sind fulminant in die Saison gestartet, standen lange in der Tabelle vor uns. Das haben ihnen, glaube ich, nicht viele so zugetraut. Sie machen es gut, sie holen das Beste aus ihren Möglichkeiten raus. Es wird ein heißes Duell, jeder wird brennen ohne Ende – gerade, weil ja auch die Fans wieder zurück sind. Wir müssen alles abrufen, was wir haben.

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Gegen diesen FC macht das Spielen vermutlich mehr Spaß als gegen eine Mannschaft, die nur verhindern und zerstören will.

Auf jeden Fall, es mag keiner so richtig, wenn man gegen Mannschaften spielt, die mit elf Mann auf 30, 40 Metern hinten drin stehen. Über mitspielende Gegner ist jeder froh.

Gladbach hat sich nach holprigem Start unter Adi Hütter deutlich gesteigert, mit dem 5:0 im Pokal gegen die Bayern als Höhepunkt. Was hat sich in den letzten Wochen geändert?

Richtig verändert haben wir eigentlich nichts, natürlich gibt es anfangs immer eine kleine Eingewöhnungsphase unter einem neuen Trainer mit neuer Philosophie. Aber das dauert keine Ewigkeit. Wichtig war, dass wir irgendwann gesehen haben, was für ein Potenzial in uns steckt, wenn wir alles aus uns herausholen. So ein Spiel wie gegen München ist gut, damit einem als Mannschaft bewusst wird, wie stark man ist, und wie schwer es für den Gegner ist, gegen einen zu gewinnen. Wenn es dann auch noch gegen die Bayern gelingt, so eine überragende Leistung abzurufen, dann muss eigentlich jeder diesen Ehrgeiz entwickeln, an diese Leistung anzuknüpfen. Dieses Spiel kann schon den Ausschlag dafür gegeben haben, dass wir gemerkt haben: „Hey, wir sind richtig gut!“ Klar ist natürlich, dass man sich auf so einem Spiel nicht ausruhen darf. Weil irgendwann ist es dann egal, was man vor ein paar Wochen gegen die Bayern geleistet hat.

Hat Hansi Flick einen Anteil an Ihrem persönlichen Formhoch?

Auf jeden Fall. Es gibt ungemein Selbstvertrauen, wenn man für die deutsche Nationalmannschaft jedes Spiel machen darf – und seit Hansi da ist, war ich bei jedem Spiel im Einsatz. Wenn wir dann auch noch die Spiele gewinnen und ich Tore schieße, gibt das einen ordentlichen Push. Da bin ich sehr dankbar für.

Hätten Sie es vor einem Jahr für möglich gehalten, dass Sie irgendwann mal als Rechtsverteidiger Stammspieler in der Nationalmannschaft sind?

Wahrscheinlich nicht (lacht). Wenn mir das jemand gesagt hätte, hätte ich wohl gerne mal erfahren, wer dann da Trainer ist und wie das zustande kommen soll.

Was mussten Sie für diese Position an Ihrem Spiel verändern?

Seinen Offensivdrang muss man schon ein bisschen im Zaum halten. Allerdings haben wir in der Quali jetzt auch gegen Gegner gespielt, gegen die man sich als Rechtsverteidiger sehr offensiv beteiligen kann. Aber ich traue mir das auch gegen große Gegner zu, ganz klar. Dann ist man natürlich auch defensiv mehr gefordert und dieses Wechselspiel muss stimmen – wann schalte ich mich offensiv ein und wann nicht.

Jonas Hofmann über WM in Katar: „Es wird mit Sicherheit Protestaktionen geben“

Der Profifußball kämpft mit diversen Problemen. Mit der Nationalmannschaft geht es in einem Jahr nach Katar, wo Menschenrechte keine große Rolle spielen. Hierzulande haben zuletzt Markus Anfang im Besonderen und auch die Münchener Impfskeptiker um Joshua Kimmich der Branche keinen Gefallen getan. Muss sich Ihr Berufszweig seiner großen gesellschaftlichen Rolle wieder bewusster werden?

Ich glaube, dass im Fußball nie vergessen wurde, welche gesellschaftliche Rolle dieser einnimmt. Zu Beginn der Pandemie wurde extrem schnell ein Konzept entwickelt, so dass unter der Einhaltung aller von der Politik vorgegebenen Regeln relativ schnell wieder gespielt werden konnte. Nach der ersten Welle – und auch allen anderen – sind viele wieder in eine Art Normalität verfallen und haben in einigen Momenten gedacht: Corona ist vorbei, jetzt können wir alle ein bisschen schludern, das wird schon alles irgendwie. Das halte ich für menschlich. Aber nach ein paar Wochen oder Monaten ist dann jeweils die Rechnung dafür gekommen. Da muss nicht der Fußball alleine seine gesellschaftliche Verantwortung wiederfinden, jeder Einzelne muss sich seiner Verantwortung für das Allgemeinwohl bewusst sein. Mit Blick auf Katar: Da wird es mit Sicherheit noch einige Diskussionen und Protestaktionen geben.

Halten Sie eine Impfpflicht für Profisportler für sinnvoll?

Da bin ich zwiegespalten. Mittlerweile sollte eigentlich jeder wissen, wie gefährlich Corona ist und wie viel besser geimpfte Menschen gegen einen schweren Krankheitsverlauf geschützt sind. Das haben wir jetzt erst neulich wieder bei einer Sitzung mit unserem Internisten aufgezeigt bekommen, als er uns über das Boostern aufgeklärt hat. Klar ist: Je weniger Menschen geimpft sind, desto länger haben wir mit Corona zu kämpfen und desto schlechter ist es für die gesamte Gesellschaft. Nichtsdestotrotz werden wir wohl ohnehin langfristig mit dem Virus leben müssen.

Offenbar wissen es aber doch nicht genug Leute.

Ja, so ist es wohl.

Sie selbst sind im Frühjahr erkrankt, hatten aber nur leichte Symptome. Wie haben Sie die Quarantäne verbracht? Waren Sie hinterher ein herausragender Koch?

Nein (lacht). Ein bisschen habe ich online gezockt, auch wenn ich sonst nicht ständig an der Playstation hänge. Aber ich habe auch Dinge gemacht, die man sonst vor sich herschiebt, wie die Steuererklärung, oder Ausmisten. Ich habe versucht, die zwei Wochen sinnvoll zu nutzen. Ich hatte zum Glück nur ein bisschen Kopfschmerzen und die Ohren waren zu.

Gab es gesundheitliche Spätfolgen der Infektion?

Nein, bislang zum Glück keine. Und als Genesener erhalte ich nun zeitnah meine zweite Impfung, die Auffrischungsimpfung.

Haben Sie angesichts der aktuellen Infektionszahlen ein mulmiges Gefühl, wenn sich am Samstag 50.000 Menschen in einem Stadion knubbeln? Auch wenn 2G gilt?

Klar weiß man, dass es mittlerweile viele Impfdurchbrüche gibt. Es ist schwierig zu sagen – aber letztlich kann ich nur hoffen, dass tatsächlich alle Besucher gesund sind und es im Stadion zu keinen Ansteckungen kommt. Aber wenn das Derby losgeht, dann werde ich ohnehin nur auf das Spiel fokussiert sein.

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