Hoffen auf den MaiKann die Saison tatsächlich zu Ende gespielt werden?

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Markus Gisdol konnte am Montag erstmals wieder am Geißbockheim seiner Arbeit als Trainer nachgehen.

  • Der 1. FC Köln und die anderen Bundesligisten haben das Training wieder aufgenommen, es wird in Kleinstgruppen gearbeitet.
  • Die Profiklubs planen, dass der Spielbetrieb Anfang Mai wieder aufgenommen werden kann.
  • Doch ist das realistisch? Fragen und Antworten zur Bundesliga in der Corona-Krise

Köln – Die Bundesliga-Klubs sind weitgehend zurück auf dem Trainingsplatz – in Kleinstgruppen unter strengsten behördlichen Auflagen. Doch bis zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs, so es denn überhaupt eine geben wird, ist es noch ein langer Weg. Unter welchen Bedingungen die Saison zu Ende gespielt werden wird, ist noch nicht in allen Details geklärt. Es stellen sich  viele Fragen. Eine Übersicht.

Wann könnte der Spielbetrieb wieder aufgenommen werden?

FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle ist davon überzeugt, dass es im Mai weitergeht. „Stand heute lautet der Plan aller 36 Profiklubs weiterhin, am 2. oder 9. Mai wieder zu beginnen und die Saison bis zum 30. Juni zu beenden.“ Auch FC-Sportchef Horst Heldt glaubt an dieses Szenario und hofft, dass sich die Corona-Krise bis dahin ausreichend entspannt hat. „Wir hoffen, dass sich die Situation in einem Monat so verändert hat, dass wir wieder spielen können. Ich denke auch, es ist legitim, so zu denken.“

Wann wäre die Saison dann zu  Ende – und werden DFB-Pokal und internationale Klubwettbewerbe fortgesetzt?

Spruchreif ist noch nichts, die Halbfinalspiele im DFB-Pokal sind sogar noch auf unbestimmte Zeit verschoben. Aber es gibt Szenarien: Am 3. Juni, einem Mittwoch, könnten beide Pokal-Halbfinals ausgetragen werden. Am 24. Juni, wieder einem Mittwoch, das Endspiel. Bis zum 30. Juni bliebe dann Zeit für die Relegation.  Die internationalen Klubwettbewerbe würden demnach am 13. und 14. Mai wiederaufgenommen. Das Finale der Champions League stiege am 27., das der Europa League am 28. Juni. Damit wäre die Saison tatsächlich vor dem 30. Juni abgeschlossen, was die Dinge vereinfachte. Denn viele Verträge gelten nur bis zu diesem Tag.

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Steht fest, dass die Spiele vollständig ohne Stadionpublikum ausgetragen würden?

Bislang ist das nicht offiziell beschlossen. Allerdings rechnen alle Beteiligten damit, dass die verbleibenden Partien dieser Saison vor leeren Rängen ausgetragen werden. Es gibt sogar Stimmen, die davon ausgehen, dass auch die Hinserie der kommenden Saison ohne Zuschauer stattfinden wird.

Wie würde sichergestellt, dass kein Infizierter Spieler auf dem Platz steht?

Horst Heldt sprach am Montag die geringe Zahl positiver Tests in der Bundesliga an: Von mehr als 1000 Spielern seien bisher nur elf positiv getestet worden. „Unseren Profis ist anerzogen, auf ihren Körper zu achten. Jetzt sind die Rahmenbedingungen noch extremer, aber den Spielern fällt es sicher leichter, sich daran zu halten.“ Fußballer sind daran gewöhnt, besonders vorsichtig zu sein, um sich etwa in der Erkältungs- oder Grippesaison nicht anzustecken.  Die Task Force der DFL mit DFB-Internist Tim Meyer an der Spitze sucht nach Möglichkeiten, wie man wieder spielen kann. „Wir müssen alle Szenarien durchdenken, da gehören Testungen natürlich dazu. Wir wollen ja möglichst viele testen. Aber natürlich haben die medizinischen Berufsgruppen Vorrang“, sagt Heldt.

Einen Corona-Test in die Trainingsvorbereitung einzubauen und mögliche Infektionen zu entdecken, bevor ein Spieler überhaupt ansteckend ist, gilt als  Wunschvorstellung. Doch dafür brauchten die Klubs Schnelltests – und es ist fraglich, ob die Bundesliga schon zu Beginn einer Verfügbarkeit solcher Tests damit ausgestattet würde.

Was ist mit Maßnahmen im Fall eines positiven Tests? Müsste dann die gesamte Mannschaft für 14 Tage in Quarantäne?

Laut Wehrle waren Quarantäne-Camps im DFL-Präsidium bisher zwar kein Thema. Heldt schloss sie aber nicht aus: „Es gibt Überlegungen, dass die Vereine alle drei, vier Tage spielen. Es gibt auch das Szenario, dass man dann sagt: Man bezieht ein Hotel und fährt von dort aus zum Training.“ So würden die Klubs versuchen, die Zahl der Kontaktpersonen so gering wie möglich zu halten, um Ansteckungen zu vermeiden.

Welche Möglichkeiten gibt es, auch ohne Publikum Einnahmen aus dem Spielbetrieb zu erzielen?

Alexander Wehrle, beim 1. FC Köln für die Finanzen zuständig, rechnet „natürlich damit, dass uns der größte Teil der Ticketing-Einnahmen wegbricht“. Daher gebe es verschiedene Überlegungen“, andere Erlösquellen zu erschließen. Denkbar ist, etwa die leeren Tribünen zu vermarkten. Doch diese Überlegungen sind noch nicht weit genug gediehen, um dazu aus dem Geißbockheim Konkretes zu erfahren.

Werden Dauerkarten-Inhaber entschädigt? Welche Modelle gibt es?

Der 1. FC Köln ist wegen des Verbots von Großveranstaltungen derzeit nicht in der Lage, seinen Dauerkartenkunden Spiele zu präsentieren. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sichert sich der Verein gegen solche Fälle Höherer Gewalt ab. Dennoch ist davon auszugehen, dass die Kölner ihren Kunden Angebote unterbreiten werden  – darunter gewiss Erstattungen, aber wohl auch Möglichkeiten, das Geld zu spenden, etwa an die Jugendabteilung, oder gegen womöglich auch symbolhafte Gegenwerte zu tauschen. Es sei allerdings noch nichts entschieden, teilt der 1. FC Köln mit.

Hat die Liga Szenarien erarbeitet, die Saison wie etwa in Belgien ganz abzubrechen?

Bislang ist Vieles im Vagen: Wie die Spieler getestet werden sollen, die Quarantänebestimmungen – auch die Frage, ob öffentliche Ressourcen, die zur Absicherung der Spiele benötigt werden, nicht besser anders eingesetzt werden sollen. Dennoch gibt es in der Liga keine Debatten, die Saison abzubrechen. „Alle Vereine haben sich einstimmig dafür ausgesprochen, die Saison zu beenden. Daher ist kein Abbruchszenario besprochen. Alles andere steht für uns auch gar nicht zu Diskussion“, sagt Alexander Wehrle. Die Budgetplanungen der Vereine sind darauf ausgelegt, dass der Ball rollt und Bilder davon im TV zu sehen sind. Man wird es sich nicht leisten wollen, die Saison abzubrechen – es sei denn, man wird dazu gezwungen. Doch gibt es genügend Stimmen, die den Fußball als wichtiges Element bei der Normalisierung des gesellschaftlichen Lebens ansehen.

Wie groß ist der wirtschaftliche Faktor der Bundesliga in Deutschland? Ist der Spielbetrieb tatsächlich so relevant?

Der Umsatz der 18 Bundesliga-Klubs betrug in der Saison 2018/19 4,02 Milliarden Euro (2. Liga: 782 Millionen). In der Saison 2018/19 haben die 36 Klubs an Steuern und Abgaben rund 1,4 Milliarden Euro entrichtet. Im deutschen Profi-Fußball arbeiten direkt oder indirekt rund 56 000 Menschen. Zum Vergleich: In der deutschen Automobilindustrie arbeiten mehr als 800 000 Menschen.

Wie viele Menschen dürften ins Stadion – und würden die getestet?

Beim Geisterspiel in Gladbach waren rund 600 Menschen im Stadion. Die DFL will die Zahl auf die Hälfte drücken und hat die Klubs beauftragt, ein „Produktionskonzept“ zu erstellen.

Mit welchen finanziellen Einbußen rechnen die Vereine?

Allein bei den Zuschauer-Einnahmen entgehen dem FC rund neun Millionen Euro. Da Wehrle aber damit rechnet, dass ab Mai wieder der Ball rollt, rechnet er immerhin mit der Auszahlung der letzten Tranche des Geldes aus den Fernsehrechten Mitte Mai.

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