MitaufsteigerUnion Berlin hat es besser gemacht als der 1. FC Köln

Lesezeit 4 Minuten
5F9EEE0075A5AA85

Union-Spieler mit Maskottchen Ritter Keule

  • Der nächsten Kölner Gegner hat viel mehr Punkte und viel weniger Sorgen.
  • Der Spieler-Etat der "Eisernen" ist nur etwa halb so groß wie der des FC.
  • In Köpenick sieht man sich trotz des Hochs weiter als Außenseiter.

Köln – Beim 1. FC Köln wird man am wenigsten überrascht sein von den Erfolgen des 1. FC Union Berlin; in der vergangenen Saison legte man schließlich ein Stück des Weges in die Erste Liga gemeinsam zurück.

Schon am zweiten Zweitliga-Spieltag empfing Köln die Berliner im Rhein-Energie-Stadion. Der FC hatte zum Auftakt nach ein paar Wacklern halbwegs souverän in Bochum gewonnen, die Mannschaft arbeitete unter ihrem neuen Trainer Markus Anfang daran, aufregenden Offensivfußball zu etablieren. Doch dann kam Union – und obwohl der FC durch Christian Clemens in der ersten Hälfte in Führung ging, reichte es nicht zum Sieg, weil Köln in der entscheidenden Kontersituation zu schwach in den Zweikämpfen war.

Die beste Defensive der Zweiten Liga

Es war ein enttäuschendes 1:1, und die Kölner Konteranfälligkeit sollte sich fortsetzen. Dass der FC in der Offensive nicht durchschlagskräftig genug war, sollte sich im weiteren Saisonverlauf jedoch nicht bewahrheiten. Nur dreimal blieb der FC ohne eigenes Tor: In Hamburg, in Dresden – und bei Union Berlin. Nur 33 Tore kassierte Union in 34 Zweitligaspielen, die bei weitem beste Abwehrleistung der Liga. Zweitligameister Köln kassierte 14 Treffer mehr. In der Relegation holte Union im Hinspiel beim VfB Stuttgart ein 2:2. Im Rückspiel an der Alten Försterei trotzten sie den Schwaben in einer dramatischen Abwehrschlacht ein 0:0 ab.

Alles zum Thema Fußball-Bundesliga

Die Kölner waren da längst aufgestiegen, sie hatten ihre Punkte gegen andere Mannschaften geholt. Allerdings nicht gegen Union, wo sie zum Jahresauftakt an einem eisigen Januar-Abend ziemlich chancenlos 0:2 verloren hatten. Schon damals schien sich abzuzeichnen, dass die Köpenicker den ganzen Weg würden gehen können. Und dass ihr Spielkonzept gut zu einem ersten Jahr in der Bundesliga passen könnte. Die Mannschaft hat sich innerhalb von 13 Jahren aus der vierten in die Erste Liga emporgekämpft, wurde stetig verstärkt und war reif für den Aufstieg. Anders als Paderborn beschäftigt Union keinen Kader, der vor wenigen Jahren noch überwiegend in der Dritten Liga gespielt hat. Im Gegenteil investierte Union in diesem Sommer noch einmal in die eigenen Stärken und holte die Stabilisierer Neven Subotic und Christian Gentner, die mit ihrer Erfahrung gut zu den Ambitionen des Aufsteigers passen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Zwar wurde Union zum Saison-Auftakt von den Leipziger Offensivkünstlern beim 4:0 schwer verprügelt. Doch man verfiel nicht in Panik. Beim 3:1 über Borussia Dortmund stellten die Berliner gleich ihre Heimstärke unter Beweis. Und schafften nach weiteren Niederlagen im November drei Siege in Serie, bevor sie am 13. Spieltag bei Schalke 04 mit etwas Pech 1:2 verloren. Derzeit ist der Aufsteiger dem Europapokal näher als dem Relegationsplatz. Und steht vor Hertha BSC. Das 1:0 daheim in Köpenick war der Beginn von Unions Erfolgsserie.

Überhaupt stehen die „Eisernen“ im schönen Kontrast zum Nachbarn aus dem Westen der Hauptstadt, wo man mit den Millionen des Investors Lars Windhorst die Träume von einem „Big City Club“ in Rekordzeit erfüllen will – und nun von Jürgen Klinsmann trainiert wird und auf dem drittletzten Platz steht, fünf Punkte hinter Aufsteiger Union.

Dort blühen andere Träume. Rund 30 Millionen gibt der Klub für seine Lizenzspieler aus, der 1. FC Köln eher 60 als 50. Man will weiter wachsen. Das Stadion soll von 22 000 auf 37 000 Plätze ausgebaut werden. Bislang verfügt die Alte Försterei nur über 3617 Sitzplätze – das sind deutlich weniger als die 8000, die laut DFL von einem Erstligisten gefordert sind. Doch weil die Ausbaupläne bereits vorliegen, spielt Union mit einer Ausnahmegenehmigung im Oberhaus -und scheint bleiben zu wollen.

Horst Heldt wies bei seiner Amtsübernahme in Köln darauf hin, dass der FC keinen Kader für den Existenzkampf zusammengestellt habe. Der neue Sportchef hat Recht, der Kölner Kader verfügt über wenig Erstliga-Erfahrung und womöglich auch weniger Talent, als man im Sommer geglaubt hat. Außerdem ist Union womöglich fitter, mindestens aber entschlossener als die Kölner: Nur Leverkusen und Paderborn sind in dieser Saison mehr gelaufen als Union, der FC dagegen liegt auf dem letzten Platz der Lauftabelle. „Es ist schwer, uns zu schlagen“, sagte der frühere FC-Stürmer Anthony Ujah nach dem Sensationssieg über Tabellenführer Borussia Mönchengladbach.

Doch die Berliner wollen ihren Status nicht überdenken, sie bleiben vorerst ein Aufsteiger, der um die Zugehörigkeit zur Liga kämpft, trotz des komfortablen Vorsprungs. Christopher Trimmel wird die Kölner jedenfalls ernstnehmen: „Wichtig ist, dass wir intern einordnen können, wo wir stehen“, sagt der Berliner Kapitän, „wenn man einmal glaubt, dass man das Ding ziehen muss, weil man Favorit ist, wird man direkt verlieren.“

KStA abonnieren