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Modeste-Rückkehr nach KölnSo vermittelte Martin Schulz bei der Transfer-Sensation

Lesezeit 5 Minuten
Scholz Bopp neu

SPD-Politiker Martin Schulz

  • Der 1. FC Köln hat die Rückkehr von Anthony Modeste perfekt gemacht
  • Der 30-jährige Franzose erhält einen Fünfjahresvertrag
  • Der Stürmer war maßgeblich für den Einzug des FC in die Europa League in der Saison 2017/18 verantwortlich

Köln – Der 1. FC Köln hat einen der größten Transfercoups der vergangenen Jahre vollendet. Am Samstagabend verkündete der Zweitligist anlässlich der Gala zu einem 70-jährigen Bestehen seinen rund 800 völlig verblüfften Gästen die Rückkehr des Stürmers Anthony Modeste. „Tony, was machst du denn hier?“, fragte Spinner den Stürmer mit gespielter Überraschung. „Ich habe Licht gesehen – da bin ich einfach reingegangen“, antwortete der Franzose auf der Bühne des Coloneums in Ossendorf.

Eine wichtige Rolle spielte bei dem Transfer der ehemalige Präsident des EU-Parlaments Martin Schulz (62), der großer FC Fan ist und einen Termin beim chinesischen Vereinschef Chef Yuhui Shu organisierte.

FC stürzte ohne Modeste ins Bodenlose

Modeste hatte die Kölner in der Saison 2016/17 in die Europa League geschossen und war anschließend nach China gewechselt. Ohne Modeste war der FC im Folgejahr ins Bodenlose gestürzt und am Ende einer historisch schwachen Spielzeit in die Zweite Liga abgestiegen.

Alles zum Thema Anthony Modeste

Modeste galt seither als einer der Helden des 20. Mai, jenes Tages, an dem der FC mit einem Sieg über Mainz den fünften Platz gesichert und erstmals seit 25 Jahren die Qualifikation für Europa geschafft hatte. Modestes neuer Vertrag beim 1. FC Köln ist bis zum Jahr 2023 geschlossen. Weil sein Kontrakt in Tianjin rückwirkend gelöst wird, kann der FC ihn nun bereits vor der Winter-Transferperiode binden. Die Verantwortlichen rechnen damit, dass der Angreifer bereits im Heimspiel gegen Fürth am 1. Dezember spielberechtigt ist.

„Alles daran gesetzt“

„Wir waren in den vergangenen Wochen regelmäßig mit Tony in Kontakt. Als wir gemerkt haben, dass es eine Chance gibt, seine Vertragssituation zu lösen und ihn zu für den FC vertretbaren Konditionen zu verpflichten, haben wir alles darangesetzt, dies zu schaffen. Dafür bedanke ich mich insbesondere bei Werner Spinner und Alex Wehrle“, sagt FC-Geschäftsführer Armin Veh. „Wir bekommen mit Tony einen Topstürmer hinzu, der die Mannschaft, den Klub und die Stadt kennt. Es ist aber auch ganz klar: Tony Modeste steigt bei uns nicht als großer Star ein, der den FC allein zum Aufstieg schießen soll, sondern er ist ein Teil dieser Mannschaft.“

Modeste zeigte sich ebenfalls erfreut darüber, dass die Zeit der Ungewissheit nun vorüber ist. „Ich bin dankbar und glücklich, dass ich zum 1. FC Köln und zu meinen Jungs zurückkehren kann. Der FC hat sich sehr um mich bemüht und mir in den vergangenen Wochen nach meiner Rückkehr aus China enorm geholfen. Ich kann es kaum erwarten, wieder für den FC aufzulaufen.“

Sensation mit Vorlauf

Die Sensation hat einiger Arbeit bedurft. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ reiste Alexander Wehrle (43) als Teil der Delegation der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker Ende Oktober nach China. Der Geschäftsführer des 1. FC Köln nutzte die Gelegenheit zum Austausch mit Pekings sportbegeistertem Bürgermeister Chen Jining, um die Möglichkeiten einer Kooperation des 1. FC Köln und dem Hauptstadtklub Beijing Guoan Football auszuloten.

Köln und Peking sind Partnerstädte, der FC arbeitet bereits mit dem Liaoning FC aus Shenyang zusammen, dabei geht es jedoch vor allem um Wissenstransfer von Köln nach China: Liaoning versucht, ein Nachwuchs-Leistungszentrum mit deutschem Know-how aufzubauen, der 1. FC Köln hilft dabei.

Wehrle setzt sich ab

Wehrle verließ die Kölner Reisegruppe allerdings frühzeitig. Er sei schon auf dem Heimweg, hieß es offiziell. Das war selbstverständlich nicht gelogen, allerdings nahm Wehrle einen kleinen Umweg. Denn er reiste zunächst nach Tianjin an die Nordostküste der Volksrepublik, wo der Pharma-Milliardär Yuhui Shu den Verein Tianjin Quanjian betreibt, benannt nach seinem Unternehmen „Quanjian Natural Medicine“.

Dort stand Modeste bis zu diesem Sommer unter Vertrag; im Sommer 2017 war er unter diffusen Umständen für letztlich rund 30 Millionen Euro vom 1. FC Köln nach China gewechselt. Elf Millionen Euro netto pro Jahr plus stattliche Prämien sollte Modeste dort verdienen. Doch weil Teile der Zahlungen ausblieben, kündigte Modeste im Sommer einseitig und kehrte nach Köln zurück, wo seine Familie im Stadtteil Hahnwald lebt.

Schwierige Vertragslage

Eine Einigung mit den Chinesen hatte Modeste allerdings nicht getroffen. Und weil die Vertragssituation des 30-Jährigen schwierig war, klappte es nicht mit einem Wechsel innerhalb der Transferperiode zu einem neuen Verein. Der Fußball-Weltverband Fifa wurde zwar eingeschaltet, doch gelang es zunächst nicht, den Vertrag zwischen Modeste und Tianjin zu lösen. So blieb Modeste vorerst gebunden, erhielt aber die Erlaubnis, sich bei der Nachwuchsmannschaft U 21 des 1. FC Köln fitzuhalten.

Schulz vermittelt

Doch Wehrles Abstecher nach Tianjin wurde ein großer Erfolg – auch dank Unterstützung von unerwarteter Seite: Der Schwabe schaffte es auf Vermittlung von Martin Schulz, einen Termin bei Yuhui Shu zu bekommen. Schulz ist großer Fan des 1. FC Köln und Mitglied im Beirat des Vereins. So erhielt Wehrle die Gelegenheit, den Klubbesitzer davon zu überzeugen, dass er nichts damit erreichen werde, weiter auf stur zu schalten.

Am Ende verließ Wehrle China mit einer Einigung: Modestes Vertrag mit Tianjin wird annulliert, und was die eigentliche Sensation ist: Obwohl der Franzose in der zurückliegenden Transferperiode nicht offiziell vertragslos war, gilt die Einigung rückwirkend: Modeste darf sofort wechseln. Mittlerweile hat der chinesische Klub alledings angekündigt, gegen Modeste und den 1. FC Köln klagen zu wollen.

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