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Ausschreitungen in Nizza1. FC Köln will gegen Uefa-Strafe vorgehen

Lesezeit 5 Minuten
Nizza-Wand

Der Kölner Block im Stade Allianz Riviera von Nizza 

  • 1. FC Köln darf für die Spiele in Belgrad und beim 1. FC Slovacko keine Auswärtskarten verkaufen.
  • Der Verein hat eine schriftliche Begründung angefordert und erwägt, in Berufung zu gehen.
  • Offen ist, was FC-Fans unternehmen sollen, die sich bereits Tickets für die Auswärtsspiele gesichert haben.

Köln – Auch zu Beginn der neuen Woche wartet der 1. FC Köln auf Post aus der Schweiz. Am Freitagabend hatte den Klub das Urteil aus der Zentrale der Europäischen Fußball-Union (Uefa) zu den Vorfällen von Nizza erreicht. Nun erwartet man am Geißbockheim den Eingang der schriftlichen Urteilsbegründung, um Einspruch einlegen zu können.

Der 1. FC Köln darf wegen der Ausschreitungen in Nizza keine Auswärtstickets für die anstehenden Partien bei Partizan Belgrad und beim 1. FC Slovacko verkaufen. Ein Kontingent von fünf Prozent der Karten hätte den Kölnern jeweils zugestanden. Im Stadion Partizani wären das rund 1500 Plätze gewesen, in Uherské Hradiště wären rund 400 Tickets für FC-Fans reserviert gewesen. Die werden jetzt nicht abgerufen. Ob der FC den gastgebenden Verein entschädigen muss, war zunächst unbekannt, gilt aber als unwahrscheinlich.

Nach dem Uefa-Reglement dürfen Tickets für Auswärtsfans maximal 35 Euro kosten. Eine Summe von rund 60.000 Euro könnte also grundsätzlich zur Strafe von 100.000 Euro hinzukommen. Bereits nach dem Playoff-Rückspiel im ungarischen Székesfehérvár hatte der 1. FC Köln für das Fehlverhalten seiner Fans 56.000 Euro Strafe zahlen müssen.

Bitter für die Fans des 1. FC Köln

Das ist viel Geld für den klammen Klub. Härter ist das Urteil allerdings für die FC-Fans. Fünf Jahre nach der jüngsten internationalen Teilnahme sind viele Flüge gebucht und Hotels reserviert, und nur weil der persönliche Anlass der Reise entfällt, bedeutet das nicht, dass ein Grund für eine Stornierung vorliegt. Fans, die also bereits Zeit geblockt und Kosten verursacht haben, stehen im Regen. Abgesehen davon platzt der Traum, die Mannschaft auswärts unterstützen zu können. Und gerade im Hexenkessel von Belgrad hätten die Kölner Fans einen Einfluss auf das sportliche Abschneiden der Mannschaft gehabt.

Harte Strafe gegen OGC Nizza

Der 1. FC Köln forderte gleich nach dem Eingang des Urteils eine schriftliche Begründung an. Noch härter traf es den OGC Nizza. Die Franzosen dürfen für ein Auswärtsspiel ebenfalls keine Tickets an ihre reisenden Fans verkaufen. Zudem müssen sie eine Partie hinter geschlossenen Stadiontoren spielen – ein bitteres Erwachen für die Nizzaer, die sich rund um die Partie ein organisatorisches Versagen geleistet hatten, das seinesgleichen sucht. Weder in der Innenstadt noch im Stadion waren die Sicherheitskräfte der Herausforderung gerecht geworden, die rund 10.000 angereisten Kölner zu betreuen, obgleich die Auswärtsfans seit Wochen angekündigt waren.

Die Organisatoren hatten nach der Partie zwar das Benehmen der Kölner beklagt und ihrerseits behauptet, nicht verantwortlich für den Verlauf der Partie gewesen zu sein. Doch die Uefa entschied anders. Allerdings gilt das Verbot für Auswärtsfans nur für die anstehende Partie beim 1. FC Slovacko. In Köln wären Zuschauer aus Nizza wieder zugelassen, ein angesichts der Vorgeschichte des Spiels seltsames Urteil.

Wie umgehen mit Fans, die Karten haben?

Unklar ist bislang, wie mit Kölner Fans umgegangen werden soll, die ihre Karten nicht aus dem Auswärtskontingent des FC bezogen, sondern andere Quellen aufgetan haben. Slovacko zum Beispiel hatte angeboten, Tickets für die gesamte Gruppenphase zu kaufen. Zahlreiche Kölner machten Gebrauch davon, zahlten rund 60 Euro und gaben die Tickets für Slovackos Partien gegen Belgrad und Nizza ab – oder spendeten ihre Karten. Diese Fans auszuschließen, wäre rechtlich problematisch. Wie es insgesamt schwierig sein dürfte, Fans des 1. FC Köln die Einreise nach Tschechien oder Serbien zu verbieten.

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Allerdings bliebe den örtlichen Behörden die Möglichkeit, deutsche Fußballfans für die Dauer des Spiels außerhalb des Stadions festzuhalten. Das wäre allerdings eine Entscheidung, die nicht die Uefa träfe – und für die auch in Serbien oder Tschechien Begründungen vorliegen müssten. Beim Spiel in Belgrad werden ohnehin viele Plätze unbesetzt bleiben. Wegen diskriminierendem Verhalten der Partizan-Fans ordnete die Uefa an, beim Spiel gegen Köln 6000 Plätze zu sperren.

Köln hofft auf Bewährung

Den Kölnern bleibt die Möglichkeit, in ihrer Berufung eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung zu bewirken. Als Beispiel könnte Eintracht Frankfurt herhalten. Die Hessen traten in der Woche nach dem Kölner Spiel in Nizza bei Olympique Marseille an und wurden dort offenbar ebenfalls Zeugen und Opfer der französischen Unfähigkeit, Großveranstaltungen zu organisieren. Bereits das Finale der Champions League zwischen Real Madrid und dem FC Liverpool in diesem Frühsommer im Stade de France von Paris war im Chaos versunken.

Beispiel Eintracht Frankfurt

Entsprechend erleichtert äußerten sich die Frankfurter über das milde Urteil. Zwar wurden auch die Frankfurter zu einer Sperre von 1000 Plätzen beim nächsten Heimspiel verurteilt, zudem darf der Verein für ein Spiel keine Auswärtstickets verkaufen. Doch wurde die Strafe für ein Jahr zur Bewährung ausgesetzt. „Das Urteil berücksichtigt ganz offensichtlich nicht nur die außergewöhnlichen Rahmenbedingungen rund um das Spiel und die Ausnahmezustände in der Stadt und im Stadion, sondern auch unsere enormen organisatorischen Bemühungen und insbesondere die klare Haltung und Kommunikation des Klubs zu den Vorkommnissen“, bewertet Vorstandsmitglied Philipp Reschke in einer ersten Reaktion den Urteilsspruch.

Auch die Kölner hatten in Nizza mit außergewöhnlichen Rahmenbedingungen zu kämpfen – und nach dem Spiel in einer Stellungnahme das Verhalten der Fans verurteilt. Die fehlende Präsenz Kölner Klubvertreter am Stadion war im Nachgang der Partie jedoch auch von den eigenen Fans kritisiert worden, darunter Ex-Vorstand Stefan Müller-Römer. Dennoch werden die Kölner versuchen, das Urteil zu mildern.

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