Offensive des 1. FC KölnModeste und Uth arbeiten im Grenzbereich

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Mark Uth und Anthony Modeste haben auf dem Trainingsplatz schwer zu arbeiten.

Köln – Steffen Baumgart selbst spricht ja gar nicht von Offensivfußball. Tatsächlich, so beschreibt es der Trainer des 1. FC Köln, liege sein Schwerpunkt auf der Defensive. Mit der Besonderheit allerdings, dass seine Defensive sehr tief in der Hälfte des Gegners beginnt – und alle mitmachen müssen, auch die Stürmer. Julian Nagelsmann erlebte das beim 3:2 seines FC Bayern am Sonntag, als Köln den Rekordmeister vor schwere Probleme stellte. „Die Kölner Außenverteidiger haben höher gestanden als die Dortmunder im Supercup, wir hatten Schwierigkeiten, uns darauf einzustellen“, sagte der Trainer, der in der Halbzeitpause von Dreier- auf Viererabwehr umgestellt hatte, um besser auf die Kölner Attacken reagieren zu können.

Modestes Versprechen

Die Kölner verzeichneten im zweiten Saisonspiel bereits die Tore vier und fünf, vor einem Jahr benötigten sie für diese Ausbeute fünf Partien. Alle Treffer erzielten Offensivkräfte, in München trafen die Stürmer Mark Uth und Anthony Modeste, für Modeste war es das zweite Tor dieser Spielzeit. Der Franzose hielt damit ein Versprechen, das sein Trainer ihm im Sommer gegeben hat: Zwar ist die Spielweise besonders für die Stürmer extrem fordernd. Doch ergeben sich daraus Chancen in unmittelbarer Nähe des gegnerischen Tores – und im Strafraum ist Modeste auch mit 33 Jahren nach wie vor ein hervorragender Bundesligastürmer. Vor allem, wenn er körperlich in Form ist. „Ich habe viel Arbeit investiert. Wenn der Trainer hinter dir steht, macht das alles einfacher. Ich versuche, das zurückzugeben“, sagt er. Am Sonntag lief Modeste 8,7 Kilometer in 76 Minuten, das ist ungefähr die Distanz, die auch Nationalstürmer Serge Gnabry zurücklegte, der sieben Jahre jünger ist.

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Rafael Czichos zeigt sich beeindruckt von Modestes Aufwand. „Ich habe ihn noch nie so hart arbeiten sehen. An sich, an seinem Körper, im läuferischen Bereich“, sagt der Kölner Abwehrchef: „Wir scherzen manchmal und sagen, dass Tony so fit ist wie nie. Das hört er allerdings nicht so gern.“

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Mark Uth kam am Sonntag auf fünf Torschüsse, nur Robert Lewandowski (6) hatte mehr. Modeste versuchte es viermal. Uth musste allerdings schon nach 66 Minuten vom Platz, der Kölner Trainerstab versuchte mit Ondrej Dudas Einwechslung, noch einmal Frische und Dynamik auf den Platz zu bekommen, zu der Uth da bereits die Kraft fehlte. Trotz seines Treffers zum Ausgleich war Uth nach der Partie  zerknirscht. „Meine Leistung war auch heute nicht gut, obwohl ich ein Tor gemacht habe“, befand er. Schon gegen Hertha BSC zum Auftakt war Uth zwar oft in den relevanten Zonen des Spielfelds erschienen, hatte sich viele aussichtsreiche Momente erarbeitet. Doch haperte es  an der Umsetzung. Eine Folge der Erschöpfung. „Die Intensität von Steffens Fußball ist  sehr hoch, wir müssen sehr viel laufen. Da fehlt ab und zu die Kraft, wenn der Ball da ist. Wir müssen weiter hart arbeiten im Training, dann wird es auch besser mit der Luft. Dann kann ich hoffentlich auch mal ein paar bessere Spiele machen“, sagt der 30-Jährige.

„Glaube, dass er fit genug ist“

Baumgart nahm die Selbstkritik des Spielers zur Kenntnis, allerdings setzt der Trainer auch auf die Gewöhnung. So fit, dass Baumgarts Fußball nicht schlaucht, kann ein Fußballer offenbar gar nicht sein. „Ich glaube schon, dass er fit genug ist. Er hat zuletzt viele einfache Fehler gemacht, die für ihn untypisch sind. Aber wenn man viel gegen den Ball arbeitet, ist es manchmal schwierig, mit dem Ball umzugehen, wenn man ihn dann hat“, beschrieb der Coach.

Tatsächlich ist es womöglich so, dass Uth sich noch darauf einstellen muss, ständig an der Belastungsgrenze zu arbeiten, gerade Offensivkünstler wie er lauern zwischendurch lieber auf Möglichkeiten, statt sie sich zu erschuften. Steffen Baumgart, das haben die Erfahrungen der jüngsten Wochen allerdings gezeigt, wird Uth jedoch gern dabei helfen, sich im Reich der Schmerzen wohlzufühlen, deutet Uth an: „Man geht über den Punkt hinaus, wenn der Trainer da draußen rumschreit. Das macht einfach Spaß, auch im Training. Wir können die ganze Stadt mit diesem Fußball mitnehmen“, sagt Uth.

Der Trainer fordert Mut

Baumgart sieht sich und seine Mannschaft noch lange nicht am Ziel. Zwar zeigten die Kölner in den ersten Saisonspielen eine drastische Veränderung zum Notwehrfußball unter Markus Gisdol. Doch vermisst Baumgart noch weitere Faktoren, um aus der Spielanlage nachhaltige Erfolge zu erzielen. Dass die Kölner nun in zwei Spielen zweimal in Rückstand gerieten, hat ihn ebenso genervt, wie ihn die Comebacks erfreut haben.

Für die nächsten Spiele hat er seinen Angreifern aufgegeben, weiter an ihrem Mut zu arbeiten. In München etwa hätte er sich von seinem so bemerkenswert auftretenden Offensivmann Jan Thielmann noch mehr Entschlossenheit gewünscht: „Die Situation, in der Jan auf Süle zuläuft: Der ist ein Berg, da hatte er nicht die Eier, vorbeizulaufen. Ich hätte gern gesehen, dass er es einfach versucht.“

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