Vor Einschränkung der Kapazität1. FC Köln liegt bislang 120 Prozent über Plan

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Beim Derby gegen Borussia Mönchengladbach war das Rhein-Energie-Stadion noch ausverkauft. 

Köln – Viele Klubs der Bundesligen ächzen noch immer unter den Folgen der vergangenen Saison, als der Spielbetrieb überwiegend vor leeren Rängen stattfinden musste. Nun hat Sachsen bereits wieder auf Geisterspiele umgestellt, zudem kündigte Markus Söder am Dienstag an, in Bayern ebenfalls die Zuschauer auszuschließen. Auch bundesweit zeichnet sich eine drastische Reduzierung der Kapazitäten ab, in Nordrhein-Westfalen ist geplant, die Stadien nur noch zu einem Drittel auszulasten, wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus der NRW-Landespolitik erfuhr. Geisterspiele scheinen hierzulande angesichts des im Vergleich zu Bayern oder Sachsen bislang geringeren Infektionsgeschehens allerdings vorerst ausgeschlossen. Doch nichts ist sicher.

Rückfall in überwunden geglaubte Zeiten

Es wäre ein Rückfall in überwunden geglaubte Zeiten. In der Saison 2020/21 waren ab einer Inzidenz jenseits der 35 keine Zuschauer zugelassen. Nach einem entspannten Sommer 2020 plante der 1. FC Köln zum Bundesliga-Auftakt gegen die TSG Hoffenheim mit 10 000 Zuschauern im Rhein-Energie-Stadion. Am Tag vor dem Spiel allerdings kam die Inzidenz in Köln der 35 derart nah, dass die Stadt kurzfristig die Genehmigung zurückzog. Damals gab es noch keine Impfungen, das hat sich mittlerweile geändert, daher war zuletzt auf Basis eines Hygienekonzepts trotz hoher Inzidenzen ein Stadionbesuch ohne größere Risiken möglich.

Nach dem Geisterspiel gegen Hoffenheim folgten noch zwei Heimspiele mit jeweils 300 Zuschauern, der Rest der Saison fand in Köln unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Nur einmal spielte der FC vor Publikum, das war im ersten Auswärtsspiel bei Arminia Bielefeld. 5460 Zuschauer durften damals ins Stadion. Beim 5:1-Sieg in der Relegation in Kiel sahen 2350 Fans zu, als der FC den Klassenerhalt schaffte, das war Ende Mai.

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Mit derart wenigen Zuschauern hatten die Kölner nicht geplant. Im Sommer 2020 rechnete man im Geißbockheim mit zunächst vier Geisterspielen und anschließend neun Heimpartien vor jeweils 9200 Zuschauern, was einer Auslastung von 20 Prozent entspricht. Ab April gingen die Kölner von einer vollen Auslastung des Stadions aus, vier Heimspiele wären das gewesen. Etwa 2,1 Millionen Euro nimmt der FC pro Heimspiel ein, weil Geisterspiele allerdings auch einen geringeren organisatorischen Aufwand bedeuten, spart der Verein etwa 300 000 Euro mit jeder Partie, zu der keine Zuschauer kommen. 1,8 Millionen Euro Verlust bleiben also, allein in den letzten vier Spielen der vergangenen Saison blieb der FC damit 7,2 Millionen Euro unter Plan. Entsprechend fiel das Ergebnis der vergangenen Saison aus, der 1. FC Köln konnte nur mithilfe diverser Finanzkniffe ein erträgliches Jahresergebnis vorlegen und das Eigenkapital stabil halten.

FC liegt deutlich über dem Plan

Vor der laufenden Spielzeit plante der Verein wegen der positiven Zukunftsprognose der Politik und Diskussionen zu Freedom-Days zwar weniger konservativ, doch von Geisterspielen ging man auch diesmal nicht aus: Das interne Chancenpapier sah für die ersten vier Begegnungen eine Auslastung mit jeweils 10 000 Zuschauern vor. Doch schon beim ersten Heimspiel waren 16 500 Fans zugelassen. Weil sich der FC allerdings früh zur Anwendung der 2G-Regel entschied, sahen bereits 25 000 Zuschauer den Sieg über Bochum. Auch gegen Leipzig waren 25 000 im Stadion, zum vierten Heimspiel kamen bereits 40 000 Fans nach Müngersdorf.

Für die restlichen Heimspiele des Kalenderjahres planten die Verantwortlichen mit jeweils 25 000 Zuschauern, doch gegen Leverkusen, Union Berlin und Borussia Mönchengladbach war das Rhein-Energie-Stadion wieder mit rund 50 000 Besuchern gefüllt. Insgesamt begrüßte der 1. FC Köln zu den bisherigen sieben Heimspielen 254 000 Zuschauer in Müngersdorf und damit 120 Prozent mehr als geplant. Als Glücksfall empfinden die Kölner das nicht, eher als die Folge eines erfolgreich umgesetzten Plans: „Unser Ziel war die volle Auslastung des Stadions, und es war uns schon im Sommer klar, dass die 2G-Regelung der kürzeste Weg zu diesem Ziel sein würde“, sagt FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle. Allerdings verdient der 1. FC Köln mit 50 000 Zuschauern nicht doppelt so viel wie mit 25 000, denn viele Kosten bleiben auch bei geringerer Auslastung.

FC war 2G-Vorreiter

Der FC wurde zunächst heftig kritisiert dafür, keine Zuschauer mehr zuzulassen, die nur getestet waren. Allerdings glaubt man am Geißbockheim mittlerweile, mit der Regelung zu den vergleichsweise hohen Impfquoten in Köln beigetragen zu haben. Einen ähnlichen Effekt schreibt man dem Karneval zu, der am Elften im Elften ebenfalls unter 2G-Bestimmungen stattfand: Wer in Köln etwas erleben will, muss geimpft sein. Das könnte man als indirekte Impfpflicht interpretieren, und genau das wurde auch Alexander Wehrle vorgehalten. Doch der FC-Chef sieht den positiven Effekt: „Wir wären in Nordrhein-Westfalen schon weiter, wenn alle so verfahren wären“, sagt Wehrle.

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