Wahl des MitgliederratsEs geht um die Macht beim 1. FC Köln

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Spinner und Co.

Toni Schumacher (v.l.n.r.), Werner Spinner und Markus Ritterbach

Köln – Die Mitgliederversammlung am 29. September 2015 war eine beschauliche Angelegenheit. Der 1. FC Köln hatte die Vorsaison auf Rang 12 der Ersten Liga abgeschlossen. Jörg Schmadtke und Peter Stöger hatten eine Mannschaft aufgebaut, die zwar nicht allzu schön anzuschauen, aber extrem schwierig zu schlagen war. Finanzgeschäftsführer Alexander Wehrle präsentierte nach schlimmen Jahren beruhigende Zahlen. Und über allem stand der Vorstand um Präsident Werner Spinner, der dafür sorgte, dass alle in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen konnten.

Allerdings standen auch Wahlen an, ein wichtiges Gremium war neu zu besetzen: Der Mitgliederrat, der laut Satzung „die Geschäftsführung des Vorstandes überwacht und den Vorstand in wichtigen Angelegenheiten berät.“ Tatsächlich bedeutet der Mitgliederrat ein ungewöhnliches Stück Basisdemokratie im ansonsten so hermetischen Profifußball.  „Wir haben dieses Gremium seinerzeit bewusst in der Satzung verankert. Es ist wichtig, dass es in einem Verein mit 100.000 Mitgliedern bei Vereinsangelegenheiten eine Mitsprachemöglichkeit der Mitglieder gibt“, sagt FC-Präsident Werner Spinner im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Anzahl an Kandidaten 2015 überraschend gering

Das Gremium besteht aus bis zu 15 Personen. Wer sich zur Wahl stellen möchte, muss zuvor die Unterstützung durch 100 Mitglieder des 1. FC Köln nachweisen. Ganz einfach ist das nicht, aber auch keine unüberwindbare Hürde. Doch im Jahr 2015 war das Interesse verblüffend gering: Von den 75.000 Vereinsmitgliedern stellten sich nur 14 zur Wahl. Da niemand durchfiel, schafften es alle, die kandidiert hatten, ins Gremium.

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Drei Jahre später stehen nun wieder Wahlen zum Mitgliederrat an, und das Interesse ist deutlich gewachsen. Am Dienstag endete die Bewerbungsfrist, am Freitag veröffentlicht der 1. FC Köln eine Liste mit 41 Kandidaten, die sich am 10. Oktober in der Lanxess-Arena den Delegierten in einer 120-sekündigen Rede präsentieren und anschließend zur Wahl stellen dürfen.  „Wir sind froh, dass es über die bisherigen Mitglieder des Gremiums hinaus so viele Menschen gibt, die bereit sind, sich zu engagieren“, sagt Spinner.

Mitgliederrat hat mehrere Aufgaben

Zu den 14 Mitgliedern des aktuellen Mitgliederrats, die sich allesamt wieder zur Wahl stellen, kommen 27 Kandidaten hinzu. Die Wahrscheinlichkeit ist also hoch, dass sich der Mitgliederrat verändern wird. Dem Vorstand um Präsident Werner Spinner dürfte das gefallen.

FC Spinner

FC-Präsident Werner Spinner im Trainingslager in Kitzbühel

Grundsätzlich ist der Mitgliederrat das repräsentative Gremium der Mitglieder, er beschäftigt sich mit strategischen Fragestellungen des Gesamtvereins 1. FC Köln. In der Satzung fallen unter Paragraf 24, „Aufgaben des Mitgliederrats“, Begriffe wie „Vereinskultur“, zudem gehe es um die „Förderung des Amateursports“. Wie weit die Mitsprache des Mitgliederrats geht; wie weit sie auch die Geschicke der Profiabteilung berührt – darüber haben Vorstand und Gremium in den vergangenen Jahren mit wachsender Intensität gestritten.

Streit zwischen Werner Spinner und Mitgliederrat

Die Vorsitzenden, die Anwälte Stefan Müller-Römer und Carsten Wettich, ließen sich von Jörg Schmadtke im vergangenen Sommer zwar die Transferstrategie erläutern, obgleich der als Geschäftsführer der Profi-Abteilung eigentlich andere Schwerpunkte und Ansprechpartner hat. Doch ihre Ambitionen gingen weiter. Sie stritten mit dem Vorstand erbittert über das Maß an Mitsprache. Es gab drastische Mails und offen ausgetragene Konflikte, die in juristischen Gutachten gipfelten und im Ergebnis zu einer gepflegten Feindschaft zwischen Spinner (69) und Müller-Römer (50) führten. Spinner sagt, es sei „selbstverständlich, dass das Gremium keinen Einfluss auf das operative Geschäft der Profi-Abteilung nehmen soll. Das ist der Geist der Satzung und daher in der Satzung klar abgegrenzt.“ Doch Teile des Mitgliederrats sahen das völlig anders.

Müller-Römer führte einst mit der Initiative „FC Reloaded“ die Opposition gegen Präsident Wolfgang Overath an, bis der zurücktrat. Overath legt heute zwar Wert darauf, die „Reloaded“-Initiative habe keinen Anteil an seiner Demission gehabt. Dennoch: Overath ist seit 2011 nicht mehr im Amt. Und Müller-Römer wieder in der Opposition.

Aufwendige Wahl

Über die Besetzung des Gremiums wird am 10. Oktober einzeln abgestimmt, jedes Mitglied hat für jeden Kandidaten eine Ja- oder eine Nein-Stimme. Es genügt also nicht, einem Kandidaten, den man nicht will, die Ja-Stimme zu verweigern. Denn wer es in den Mitgliederrat schaffen möchte, braucht zunächst mehr Ja- als Nein-Stimmen. Wenn mehr als 15 Kandidaten eine solche Mehrheit erreichen, entscheidet der Anteil der Ja-Stimmen.

Der Mitgliederrat wird anschließend seinen Vorsitzenden wählen, der mit seinem Stellvertreter im Gemeinsamen Ausschuss Zugang zu den sensibelsten Informationen haben wird, die der 1. FC Köln zu bieten hat. Gehälter, Ablösesummen, Verträge mit Sponsoren und Partnern – der Sitz im gemeinsamen Ausschuss macht die Kandidatur zu einem Projekt mit Aussicht auf spektakuläre Blicke hinter die Kulissen des Profifußballs. Allerdings warfen Mitglieder des Ausschusses einander in den vergangen Monaten vor, sensible Inhalte nicht für sich behalten zu haben. Ein weiterer Aspekt, der zu tiefem Misstrauen zwischen Vorstand und den Vertretern des Mitgliederrats geführt hat.

Vorstandswahlen im Jahr 2019

Was neben der Chance auf Insiderwissen ein kleines Extra darstellt: Wer im Mitgliederrat sitzt, erhält zwei Dauer-Freikarten im Business-Bereich der Westtribüne – angesichts von 11.000 Fans auf der Warteliste und einem Gegenwert von mehreren Tausend Euro nicht zu vernachlässigen. Doch deshalb allein wird sich kein Mitglied zur Wahl stellen – und wer es trotzdem tut, dürfte Schwierigkeiten bekommen, die Versammlung am 10. Oktober von sich zu überzeugen.

Ein Jahr später wird es dann um die Macht im Verein gehen, und der Mitgliederrat wird eine wichtige Rolle spielen. Dann stehen Vorstandswahlen an, und noch ist völlig offen, ob sich das aktuelle Präsidium wieder zur Wahl stellen wird. Es gilt als das wichtigste Recht des Mitgliederrats, ein Vorstandsteam vorzuschlagen. Das Gremium, für das sich vor drei Jahren nur 14 Mitglieder zur Verfügung stellten, wird also im nächsten Jahr eine entscheidende Rolle spielen, wenn es darum geht, die Zukunft des 1. FC Köln zu gestalten. Spinner hofft auf eine große Beteiligung an der diesjährigen Hauptversammlung; er will eine repräsentative Zusammensetzung des Gremiums. „Es ist wichtig, dass die Wahl von einer breiten Basis der Mitglieder getragen wird“, sagt er.

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