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Bayer 04 gegen JuveDer große Traum von Kai Havertz

Lesezeit 4 Minuten
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Kai Havertz

Leverkusen – Drei Runden lang war Bayer 04 Leverkusen durch den Ring getaumelt. Drei mehr oder weniger heftige Schläge hatte die Werkself in den ersten drei Spielen der Champions-League-Saison einstecken müssen. Aber den letzten, finalen Schlag ließ Leverkusen nicht zu. Die folgenden beiden Runden gingen an Bayer 04. Und nun hat der für geschlagen gehaltene Boxer die Chance, den Kampf um den Einzug ins Achtelfinale doch noch zu gewinnen. Nach drei Niederlagen zum Auftakt gelang es bisher nur dem englischen Vertreter Newcastle United, die nächste Runde zu erreichen. 2002 war das. Um es den Magpies gleich zu tun, braucht die Werkself am Mittwochabend allerdings nicht nur einen Heimsieg gegen das schon als Gruppensieger feststehende Juventus Turin (21 Uhr/Dazn). Zeitgleich muss auch das bereits ausgeschiedene Lokomotive Moskau Atlético Madrid ärgern und mindestens einen Punkt holen. Die Chance ist klein. Aber auch historisch.

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Leverkusens Trainer Peter Bosz und sein Jungstar Kai Havertz wirken am Vortag des Spiels gegen den italienischen Serienmeister fokussiert. Ihre Ausgangslage kennen beide genau. Aber mit einem Auge nach Madrid schielen, das versichern Bosz und Havertz, werden sie auf keinen Fall. „Wir müssen das Spiel gewinnen, das wissen wir selber. Dafür brauchen wir nicht das Ergebnis aus Madrid“, sagt Bosz. Und rechnen, das hat sowieso „keinen Sinn“ (Bosz) und „bringt nicht viel“ (Havertz). Der 20-Jährige sagt das so, als würde er schüchtern in der ersten Reihe eines Klassenraums sitzen. In der letzten Unterrichtsstunde vor der großen Prüfung. Die Schultern hängen etwas, der Oberkörper ist leicht nach vorne gebeugt, die Arme sind unter dem Tisch versteckt.

Sarri lobt Havertz

Um die große Prüfung gegen Juventus zu bestehen und sich für den nächsten Karriereschritt in der Champions League zu qualifizieren braucht Leverkusen einen Kai Havertz in Bestform. In Topform kann er Spiele ganz alleine entscheiden. Das weiß auch Trainer Bosz. „Kai ist ein guter Spieler, und ich arbeite gerne mit guten Spielern“, sagt der Trainer. Der Kollege Maurizio Sarri von Juventus geht noch einen Schritt weiter. „Kai Havertz hat tolle physische und technische Fähigkeiten. Wenn man ihn spielen sieht, sieht man, dass er einer der besten Spieler Europas werden wird.“ Aber: „Kai kann Juve auch nicht alleine schlagen, da brauchen wir alle für“, sagt Bosz. Wen der Niederländer mit „alle“ meint und gegen Turin auf den Rasen schickt, das ließ er sich nicht entlocken. Fest steht nur: Nach den zuletzt überzeugenden Auftritten hat er die Qual der Wahl.

Bosz will seinem Gegenüber Sarri keinen Blick in seine Karten erlauben. Aber auch der Leverkusener Trainer weiß nicht, wie viele Asse Turin aufbietet, weil Juventus nicht mehr von Platz eins verdrängt werden kann. Sarri war mit Neapel und Chelsea in der Europa League schon zweimal in dieser komfortablen Situation. Und zweimal mischte er seine Aufstellung kräftig durch, ließ Stammspieler auf der Bank, der Tribüne oder gleich zuhause. In Leverkusen ist Superstar Cristiano Ronaldo allerdings mit dabei – Matthijs de Ligt, der 85 Millionen Euro teure und 20 Jahre alte Verteidiger hingegen nicht. Sarri muss vorsichtig sein, in Italien steht er unter Druck. Bei der Pressekonferenz vor dem Spiel reagierte er bissig, als kritische Fragen zu seiner Rolle aufkamen. Dass die Laune danach und auch beim Training zuletzt gut war, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei Turin momentan nicht alles rund läuft. Erst kürzlich verlor Juventus die Tabellenführung an Inter Mailand, am Samstag setzte es eine 1:3-Niederlage bei Lazio Rom. „Es war eine schwierige Saison bis jetzt, wir haben noch viele Schwankungen drin. Aber das ist auch normal bei einem neuen Trainer“, sagt der bosnische Mittelfeldstar Miralem Pjanić. Aber: „Die Champions League ist ein anderer Wettbewerb.“

Ronaldo dabei, de Ligt fehlt

Und so wird es für Turin in Leverkusen vor allem darum gehen, den Haussegen wieder gerade zu rücken. Für Bayer 04  geht es um mehr. Die Teilnahme an der K.o.-Runde der Europa League haben die Leverkusener sicher. Sie würde ihnen aber nur einen Bruchteil der Champions-League-Millionen bescheren. Abgesehen davon macht es Havertz und Co. natürlich auch mehr Spaß, vor Europapokalspielen die Gänsehaut-Hymne der Königsklasse zu hören. „Für uns ist es das Schönste, sich mit den Besten zu messen“, sagt Havertz.

Zu diesen Besten zählt er natürlich auch Torwart-Legende Gianluigi Buffon, mit 41 Jahren mehr als doppelt so alt wie Havertz. Der Jungstar muss den Altstar bezwingen, um sein Team trotz der drei Auftakt-Niederlagen ins Achtelfinale zu führen. So wie es Alan Shearer 2002 mit Newcastle United geschafft hat. Damals in der Newcastle-Gruppe schon vor dem letzten Spieltag als Gruppensieger für die nächste Runde qualifiziert war übrigens: Juventus Turin mit Gianluigi Buffon im Tor.

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