Bayer 04 LeverkusenJonas Boldts Rücktritt ist die Konsequenz eines Machtkampfes

Lesezeit 3 Minuten
buc_20180810_0218-2

Jonas Boldt (links) und sein Nachfolger Simon Rolfes

Leverkusen – Der 2:0-Sieg gegen den Tabellenletzten VfB Stuttgart war gut zwölf Stunden alt, da überraschte Bayer 04 Leverkusen die Welt mit einer Nachricht in eigener Sache. Sportdirektor Jonas Boldt wird den Werksklub bis spätestens zum Ende der Saison  verlassen. Ex-Profi Simon Rolfes wird ihm nachfolgen und von 1. Dezember an den vakant gewordenen Titel Sportdirektor tragen. Diese spektakuläre Personalrochade war der Höhepunkt eines Machtkampfes hinter den Kulissen, aus der Boldt offenbar seine Konsequenzen gezogen hat.

"Weiterentwicklung nur durch Veränderung möglich"

  Der 36-Jährige, seit 2007 als Scout, Chefscout, Manager und Sportdirektor für Bayer 04 gearbeitet tätig, war trotz der Neuordnung nach dem Abgang von Ex-Geschäftsführer Michael Schade im Sommer 2018 mit seiner Rolle als Mann hinter Rudi Völler nicht mehr länger einverstanden und entschied sich für die Trennung. „Ich bin Bayer 04 Leverkusen dankbar, dass ich mich hier über viele Jahre so entwickeln konnte, wie es mir letztlich gelungen ist. Mittlerweile bin ich jedoch an einem Punkt angelangt, an dem ich glaube, dass eine Weiterentwicklung nur durch Veränderung möglich ist“, erklärte Boldt in der offiziellen Klubmitteilung.

 Der letzte Satz ist ein deutlicher Beleg dafür, wie verfahren die Situation zuletzt war. Boldt galt intern als  Kritiker von Trainer Heiko Herrlich, an dem der Klub, vor allem Rudi Völler, trotz ungenügender Ergebnisse immer weiter festhielt. Durch diesen Gegensatz  entstanden Kräfte, die den um das Bild innerer  Harmonie bedachten Werksklub schwer belasteten.  So entstand eine Situation, die nach außen hin überrascht, aber wenige, die mit inneren Vorgängen bei Bayer 04 vertraut waren, wirklich erstaunt hat.

Immerhin beginnt die   beschlossene Trennung mit der Äußerung großer Wertschätzung. Rudi Völler, der Boldt lange als Ziehsohn betrachtete, bevor das Verhältnis der beiden durch harte Sachfragen im rauen Profi-Alltag belastet wurde, ist sich sicher: „Wir werden Jonas sicher bald auf höchster Ebene wiedersehen.“  Und Werner Wenning ließ sich folgendermaßen zitieren: „Wir sind Jonas Boldt zu großem Dank verpflichtet. Er hat mit seiner Zielstrebigkeit und mit seinem bedingungslosen Engagement deutlichen Anteil am erfolgreichen Abschneiden der Werkself in den vergangenen Jahren.“

Der wichtigste Mann in der Teamplanung seit 2014

Seit 2014 war Boldt der wichtigste Mann in Fragen der Mannschaftsplanung. Große Teile des aktuell im Team vorhandenen Talentes hat er mitentdeckt, mitverpflichtet, mitgefördert. Boldt war beteiligt am Umbau der Nachwuchsabteilung, der Spieler wie Kai Havertz und Benjamin Henrichs entsprangen und sorgte mit seiner Transferpolitik für die satten Überschüsse, die Bayer 04 auch in der Zeit nach dem Abschied seines Vorgängers Michael Reschke auf diesem Gebiet erwirtschaftet hat.  Boldt hat alle wichtigen Entscheidungen für Rudi Völler vorbereitet.  Allerdings war der Weltmeister von 1990 offenbar nicht bereit, dem großen Ehrgeiz des jungen Managers zu folgen, der mehrere Angebote anderer Klubs ausgeschlagen hat. Er hätte im Sommer der starke Mann beim Hamburger SV werden können. Zuvor hatte  der FSV Mainz 05 Anstrengungen unternommen, den Mann zu verpflichten, der 2003 mit einer Hospitanz beim Werksklub begonnen hatte. In den nächsten Wochen wird Boldt seinen im operativen Geschäft der Fußball-Bundesliga noch unerfahrenen Ex-Kapitän Simon Rolfes einarbeiten. In der Rückrunde wird er dann nur noch passiv für Bayer 04 tätig sein.

Simon Rolfes startet von Tag eins an mit vollen Kompetenzen und ist voller Tatendrang: „Das ist für mich die Erfüllung eines Traumes. Ich habe Bayer 04 so viel zu verdanken. Ich freue mich auf die Aufgabe.“ Der neue Geschäftsführer Fernando Carro sieht in der Entscheidung „ein klares Bekenntnis zur DNA von Bayer 04. Simon war langjähriger Kapitän der Werkself und ist eine allseits respektierte Identifikationsfigur. Er kennt den Klub wie kaum ein anderer.“

KStA abonnieren