Bayer 04 und die vielen KartenIst die Werkself zu einer Treter-Truppe mutiert?

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Für dieses Foul an Tanguy Coulibaly sieht Robert Andrich Rot.

Leverkusen – Je häufiger man die Szene in der 30. Minute von Leverkusens Spiel in Stuttgart (3:1) in der verlangsamten Wiederholung betrachtet, desto brutaler wirkt sie: Robert Andrich kommt im Zweikampf mit Tanguy Coulibaly viel zu spät und trifft den Stuttgarter mit der Schuhsohle auf Kniehöhe. Der Linksaußen kommt nur dank glücklicher Fügungen mit dem Schrecken davon – beide Beine befinden sich zum Zeitpunkt des Tritts in der Luft, so dass es zu keiner starken Überdehnung des Knies in irgendeine Richtung kommt. Der Platzverweis und die Drei-Spiele-Sperre für Andrich sind also absolut angemessen.

1. FC Köln auf Rang 16 der Fairplay-Tabelle

Durch sein Foul und die Rote Karte katapultierte der Neuzugang den Werksklub auf den letzten Platz der Bundesliga-Fairplay-Tabelle. Neben dem Platzverweis gab es bereits 13 Mal Gelb. In Addition macht das 18 Minuspunkte, Stuttgart (16) und der 1. FC Köln (14) liegen auf den Rängen 17 und 16. Das bislang fairste Team der Saison ist der FC Bayern mit nur zwei Gelben Karten aus fünf Spielen. Doch lässt sich aus dieser Tabelle ableiten, dass Bayer 04 unter Trainer Gerardo Seoane zu einer Art Treter-Auswahl mutiert ist? Eher nicht. Denn vergleicht man die Karten- mit der Foul-Statistik, so ergibt sich ein anderes, kurioses Bild: Leverkusener Profis haben bislang erst 43 Fouls begangen, nur Gladbach (40) und die Bayern (39) spielen noch sanfter. Doch wird etwa jedes vierte Foul der Werkself mit einer Karte bestraft, zwei Verwarnungen gab es, weil Freistoß-Ausführungen des Gegners verzögert wurden.

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„Klar ist: Wir wollen mit Physis in die Zweikämpfe gehen“, sagt Trainer  Gerardo Seoane. Der Schweizer verweist auf die veränderte Kaderstruktur mit robusten Zugängen wie Andrich, Odilon Kossounou, Piero Hincapié oder auch Mitchel Bakker. „Nicht mehr nur Dribbling und Zug zum Tor, sondern auch Wucht, Zweikämpfe und Körpergröße“, sagt Seoane. „In der Analyse haben wir festgestellt, dass das ein bisschen fehlt, weshalb wir gegensteuern wollten.“

Ursächlich für die vielen Karten sind laut Seoane vor allem viele taktische Fouls nach Ballverlusten, die er offenbar gerne in Kauf nimmt, bevor Konter des Gegners ins Rollen kommen. Dazu sieht der Coach eine Veränderung in den Beurteilungen der Schiedsrichter von Fouls. So würden vermehrt auch Aktionen geahndet, die klar auf den Ball zielen, dann aber doch den Gegner treffen, anders könne er sich zum Beispiel die bereits drei Gelben Karten gegen Moussa Diaby nicht erklären. „Er ist in drei Szenen ein bisschen spät dran und sieht dreimal Gelb.“ Seoane stellt aber klar: „Ich glaube nicht, dass wir eine unfaire Mannschaft sind.“

Bayer 04 spielt am Samstag gegen Mainz

Im Heimspiel am Samstag gegen den FSV Mainz 05 (15.30 Uhr/Sky) muss der Trainer aufgrund der vermutlich unfairsten Leverkusener Aktion der Saison auf den gesperrten Andrich verzichten. Da auch Exequiel Palacios (Außenbandriss) und Julian Baumgartlinger (Knie-OP) ausfallen, wird Seoane sein zentrales Mittelfeld erneut umbauen müssen. Neben Charles Aránguiz, der zu Wochenbeginn nur individuell trainiert hatte, wird Kerem Demirbay auf die Doppel-Sechs zurückkehren. Gemeinsam sollen sie für Ordnung sorgen – möglichst ohne unnötige Härte.

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