Bayer 04Wie Robert Andrich zu Leverkusens aktuell wichtigstem Profi wurde

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Doppeltorschütze gegen Celtic Glasgow: Leverkusens Robert Andrich 

Leverkusen – Robert Andrich verbindet nicht die Kern-Eigenschaften eines typischen Fußballers von Bayer 04 Leverkusen. Der gebürtige Potsdamer ist mit seinen 27 Jahren kein noch zu schleifendes Juwel. Andrich ist nicht besonders schnell und versteht sich nicht als geborener Dribbler. Er ist auch kein Nationalspieler und kam von keinem großen Klub. Sogar war im Sommer nicht sicher, ob Andrich überhaupt einen Stammplatz im prominent besetzten Leverkusener Mittelfeld haben würde. Und wohl auch aus all diesen Gründen ist Andrich aktuell der wichtigste Profi der Werkself.

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Denn der 6,5-Millionen-Zugang von Union Berlin kommt nicht über die Kunst und die Schönheit des Spiels. Andrich, auffällig am ganzen Körper tätowiert, geht dahin, wo es wehtut, ist laut und reißt mit. Eine Ausnahme-Erscheinung im sonst eher braven Kader von Bayer 04. Brav, aber hochtalentiert. Deshalb ist Leverkusen, wenn die vielen Jungprofis einen Lauf haben und die Rädchen ineinandergreifen, auch kaum zu stoppen. Doch hakt es im Getriebe, ist die nächste Krise meist nicht weit – trotz Spielern wie Florian Wirtz, Moussa Diaby und Edmond Tapsoba. So eine Situation war nach dem Heimdebakel in der Bundesliga gegen den FC Bayern entstanden. Und es schlug die Stunde des Robert Andrich – der gegen München bezeichnenderweise noch wegen einer Rotsperre gefehlt hatte.

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Viele entscheidende Tore von Robert Andrich

In der Europa League führte der defensive Mittelfeldspieler Bayer 04 mehr oder weniger im Alleingang ins Achtelfinale. Bei Betis Sevilla gelang Andrich der späte Ausgleich (1:1), am Donnerstag gegen Celtic Glasgow sorgte er mit Führungsstärke und seinen beiden Toren für den 3:2-Sieg. In der Liga traf Andrich bei Hertha BSC in Minute 90 zum 1:1 und war beim schwachen 1:0 gegen Bochum der Fels im sonst sandigen Leverkusener Mittelfeld. Bei den Fans ist die Nummer 8 umgehend zum Liebling aufgestiegen, nach dem Sieg gegen Celtic skandierten sie seinen Namen. „Das hat mich riesig gefreut. Es ist nicht alltäglich, wenn von der Kurve der Name gerufen wird. Das ist sehr schön für die Seele“, sagte der Andrich. „Im Moment läuft es nicht verkehrt.“

Andrich, führerscheinlos und aus Gründen des Umweltschutzes Bahnfahrer, schlägt ab und zu allerdings auch über das Ziel hinaus. Deutlich bei seinem Platzverweis am fünften Spieltag in Stuttgart, zumindest etwas beim Jubel nach seinem zweiten Treffer gegen Glasgow, als er seine Freude seinem Gegenspieler aus knapp 15 Zentimetern ins Gesicht schrie. „Da gingen vielleicht die Emotionen ein bisschen mit mir durch. Ein Tick Provokation gehört im Fußball dazu. Bei mir vielleicht manchmal ein bisschen mehr“, sagte Andrich. „Er war mein Gegenspieler bei Ecken. Nachdem er die ersten zwei nicht so gut verteidigt hat, hat er es sehr ernst genommen. Da wollte ich ihm zeigen: Manchmal kannst du mich nicht decken.“

Sonntag bei RB Leipzig

Trainer Gerardo Seoane lächelte, als Andrich von seinem emotionalen Ausbruch berichtete. „Er ist in den letzten Wochen immer wichtiger geworden. Er hat seine Chance extrem genutzt und Verantwortung übernommen“, sagte der Schweizer. „Er bringt Robustheit und Zweikampfstärke ins Mittelfeld, aber auch Spielverständnis und Technik. Auch offensiv hat bei ihm alles Hand und Fuß.“

Im Geisterspiel am Sonntag bei RB Leipzig (17.30 Uhr/Dazn) hofft Bayer 04 auf die nächste Gala des unerwarteten Unterschiedsspielers.

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