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Bayers Rekord-Transfer blüht aufKerem Demirbay, der befreite Regisseur

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Gute Form, gute Laune: Kerem Demirbay

Leverkusen – Seit über zwei Jahren steht Kerem Demirbay mittlerweile bei Bayer 04 Leverkusen unter Vertrag. Bislang ist es eine Beziehung mit mehr Missverständnissen als Glücksmomenten. Doch der Auftakt zu Demirbays dritter Saison beim Werksklub gibt Anlass zur Hoffnung, dass der neue Trainer Gerardo Seoane die richtige Ansprache und die richtige Rolle für den Regisseur gefunden hat.

32 Millionen Euro hatte Bayer 04 im Sommer 2019 für Demirbay an die TSG Hoffenheim überwiesen, womit der Mittelfeldspieler bis heute Leverkusens Rekord-Einkauf ist. Geholt wurde Demirbay einerseits als Sofort-Ersatz für Julian Brandt, den es nach einer herausragenden Rückserie 2019 zu Borussia Dortmund zog. Zudem war Demirbay als ein Teil der Achse vorgesehen, die mittelfristig die Lücke füllen sollte, die Kai Havertz nach seinem Abschied hinterlassen würde.

Demirbays schwerer Stand bei den Fans

Doch die Aufgabe war  zu groß und die Leistungen des früheren Nationalspielers zu unbeständig – was sich jeweils nicht gut mit Demirbays Selbstverständnis als Führungsfigur und Unterschiedsspieler vertrug. So schwamm der gebürtige Hertener zwei Jahre mit und konnte seine zweifelsohne herausragenden Fähigkeiten am Ball nur sehr selten unter Beweis stellen. Ein Vertrauensverhältnis zu Ex-Trainer Peter Bosz kam nicht zu Stande. Und auch bei den Fans hat Demirbay einen schweren Stand – denn die Rolle als großer Kämpfer in Zeiten der Krise war bislang nicht die seine. Eher wirkte der 28-Jährige unsichtbar, wenn es nicht gut lief.

Unter Trainer Seoane konnte man nun aber einen anderen Kerem Demirbay beobachten. Konzentriert, effektiv und engagiert in der Rückwärtsbewegung. „Ich schätze ihn als einen technisch hervorragenden Spieler ein, mit viel Übersicht. Was er jetzt noch draufgepackt hat, ist die Arbeit für das Team: Viele Zweikämpfe gewinnen, Defensiv-Arbeit leisten“, lobt Seoane: „Kerem hat uns sehr viel gegeben.“

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Da Florian Wirtz den Saisonauftakt verletzungsbedingt verpasste, kam Demirbay zunächst in der offensiven Zentrale zum Einsatz, wo er als Ideen- und Vorlagengeber gerade bei den klaren Siegen gegen Gladbach (4:0) und Augsburg (4:1) glänzte. Als Wirtz zurückkehrte, verletzten sich Julian Baumgartlinger und Exequiel Palacios. Robert Andrich fehlt die nächsten drei Liga-Spiele rotgesperrt – weshalb die Not im defensiven Mittelfeld groß ist und Demirbay nun von dort das Spiel lenkt. Auch das gelang gegen Dortmund (3:4) und nach seiner Einwechslung in Stuttgart (3:1) überwiegend gut. „Er stand nicht in der Startelf, weil er vorher viel gespielt hatte. Und auch da hat es mir gefallen, wie er reagiert hat“, berichtet Seoane. „Als er dann reingekommen ist, hat er sofort gezeigt, dass er bereit ist. Das ist ein Zeichen seiner Stärke.“

Auch Ansprachen wie diese des Schweizer Trainers haben dem Regisseur geholfen, sein regelmäßig geäußertes Selbstbewusstsein  in Aktionen auf dem Rasen zu spiegeln.  „Jeder Spieler trägt einen Rucksack. Entweder spürt er viel Druck, ist enttäuscht, weil er nicht spielt oder hat höhere Ziele“, sagt Seoane. „Das ist gar nicht  auf Kerem bezogen. Ein Trainer muss herausfinden, welche Taste er drücken muss, um den Spieler zu befreien.“ Seoane hat offenbar den richtigen Knopf gefunden.

Nur die Königsklasse zählt für Demirbay

Demirbay selbst betonte zudem die bessere Team-Harmonie. Den Ruf der Klubführung nach neuen Leitfiguren bei Bayer 04 hat der Mittelfeldspieler offenbar vernommen: „Ich bin stolz auf jeden einzelnen. Wir sind eine Einheit, es bildet sich etwas in Leverkusen – bis hin zum Zeugwart.“ Worte, die nach den starken Auftritten der vergangenen Wochen Gewicht haben. Wie rückblickend auch Demirbays selbstbewusst formulierte Zielsetzung aus dem Sommer: „Wir müssen in die Champions League. Da gehören wir hin. Nur darum geht es.“ Deswegen sei er nach Leverkusen gewechselt. „Die Europa League ist nicht gut genug.“

Ähnlich hatte sich Demirbay bereits zuvor geäußert – um dann wieder abzutauchen. Anders im Jahr 2021, wo der Rekord-Einkauf auf gutem Wege ist, sein großes Potenzial erstmals nachhaltig abzurufen.

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