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LeverkusenBayer 04 feiert sein Juwel Wirtz – und Vater Hans ist glücklich

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Florian Wirtz (links) gegen Leonardo Bittencourt 

  • Der ehemalige Spieler des 1. FC Köln steht nach dem Bundesliga-Debüt im Fokus.
  • Trainer Peter Bosz und Kollege Sven Bender schwärmen vom Talent des 17-Jährigen
  • Der Papa bedankt sich beim FC und sagt: "Die Wogen sind geglättet"

Leverkusen – Zu den Seltsamkeiten des neuen Corona-Alltags in der Fußball-Bundesliga gehört der Umstand, dass Journalisten den Trainern die Fragen nach dem Spiel nicht mehr einfach von Angesicht zu Angesicht stellen können. Sie werden als Textnachrichten übermittelt und den Fußball-Lehrern von ranghohen Mitarbeitern der Medienabteilung vorgelesen. Die erste Frage an Peter Bosz betraf nach dem 4:1-Sieg von Bayer 04 Leverkusen in Bremen den Spieler Florian Wirtz. Das hatten sich zuvor schon alle denken können, denn Bosz hatte den Teenager zum jüngsten Bayer-Profi der Bundesliga-Geschichte gemacht, als er ihn für die Startelf nominierte. Mit 17 Jahren und fünf Tagen war Wirtz genau 111 Tage jünger als Kai Havertz, als der im Jahr 2016 zum ersten Mal für Bayer 04 in der ersten Mannschaft auflief. Und er war damals – ebenfalls in Bremen – nur eingewechselt worden. Bayer 04 verlor damals mit 1:2.

Florian Wirtz dagegen spielte auf den offensiven Außenpositionen von der ersten Minute an unerschrocken und zeigte mit feinen Ballannahmen, Dribblings und Pässen, warum er fünf Monate nach seinem nicht unumstrittenen Wechsel vom 1. FC Köln zu Bayer 04 zum drittjüngsten Spieler der Bundesliga-Geschichte wurde. Die Werte für 62 Minuten Spielzeit waren beeindruckend: 8,13 Kilometer gelaufen, 40 Ballkontakte, 87 Prozent Passquote. Dazu 40 Prozent vorwiegend weit in des Gegners Hälfte gewonnene Zweikämpfe. „Normalerweise sage ich nie etwas über einzelne Spieler“, erklärte Peter Bosz, „aber er hat von Anfang an gut gespielt, Bälle gehalten und gut nach vorne gespielt und gut mit nach hinten gearbeitet.“

"Er war guter Dinge, aber auch ganz schön kaputt"

Hans Wirtz hatte die ersten 62 Profi-Minuten seines Sohnes zu Hause in Pulheim im Kreis der Familie am Fernseher verfolgt. „Wir haben nach dem Spiel telefoniert. Er war guter Dinge, aber auch ganz schön kaputt“, berichtet der Vater. Die Eltern sind für den Gymnasiasten der elften Klasse nach wie vor der wichtigste Bezugspunkt. „Florian kam schon in den vergangenen Wochen immer total glücklich nach Hause. Er ist unheimlich froh, jetzt mit solch herausragenden Spielern trainieren zu können“, sagt Hans Wirtz, „die Jungs kümmern sich aber auch immer gut um ihn. Er hat ein gutes Gefühl nach seinem Wechsel zu Bayer.“ Hans Wirtz vergisst auch nicht, den Anteil des 1. FC Köln am Aufstieg seines Sohnes zu erwähnen. „Florian hat auch weiterhin noch Kontakt zu einigen früheren Mitspielern. Er ist dankbar für die Zeit beim FC und wird sie auch nie vergessen.“

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Noch lieber als dieses Lob wäre den Leuten auf der linken Rheinseite, wenn Wirtz, der 2011 zum FC kam, jetzt noch bei ihnen spielen würde. Aber Bayer 04 war nur einer von vielen Top-Klubs, die das große Talent unbedingt verpflichten wollten. Alle Spitzenvereine der Bundesliga waren an ihm interessiert und internationale Kaliber wie der FC Liverpool angeblich obendrein. Da war dem Werksklub der Nachbarschaftsfriede kurzzeitig einmal nicht das Allerwichtigste. „Aber die Wogen haben sich wieder geglättet“, sagt Hans Wirtz.

Einer der Spieler, die sich um die jungen Kollegen bei Bayer 04 besonders kümmern, ist Sven Bender. Der Abwehrchef lebt Professionalität, Menschlichkeit und Bodenhaftung vor. Normalerweise spricht und denkt der 31-Jährige auch schon wie ein Trainer. Deshalb bedeutet es etwas, wenn er über Wirtz am Tag nach dessen erstem Spiel sagt: „Er ist unfassbar weit. Fußballerisch ist das sensationell. Er ist komplett schnell angekommen und hat in den ersten Trainingseinheiten gleich gezeigt, was er kann. Ich glaube, da haben wir uns ein Riesentalent geangelt.“

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Was aus einem Riesentalent in Leverkusen werden kann, sieht Wirtz in jedem Training. Kai Havertz hat es ihm vorgemacht. Nach dem Spiel in Bremen sprach Peter Bosz, weil er seine Weigerung zur öffentlichen Einzelkritik schon einmal gebrochen hatte, auch über den 20-Jährigen, der von praktisch allen Spitzenvereinen Europas umworben wird. „Kai weiß, dass er es besser kann“, sagte der Trainer. Die Statistik versichert, dass Havertz als Kapitän Mittelstürmer gespielt und die beiden ersten Tore für Bayer 04 erzielt hat. Jeder Mittelstürmer wäre danach mit Lob überschüttet worden. Bei ihm, der alles kann, gelten aber andere Maßstäbe.

Für Kai Havertz, der knapp vier Jahre älter ist als Florian Wirtz, ist das Normalität. Vor dem Spitzenspiel in Mönchengladbach (Samstag, 15.30 Uhr) erklärt er: „Die Borussia ist sehr stark. Aber wir wollen da hinfahren und gewinnen.“

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