Pokal-KommentarDer ewige Kampf von Bayer 04 Vizekusen gegen sich selbst

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Die Spieler von Bayer Leverkusen bejubeln in Saarbrücken den Einzug ins DFB-Pokal-Finale.

  • Das Finale in Berlin wird zum wichtigsten Spiel der neueren Klubgeschichte.
  • Das Scheitern auf hohem Niveau ist zum Markenzeichen des Werksklubs geworden.

Leverkusen – Bayer 04 Leverkusen ist nie unter normalen Umständen zu einem DFB-Pokal-Endspiel in Berlin erschienen. 1993 gab es gegen die Hertha-Amateure weniger Ruhm zu ernten als sonst auf dieser Bühne. Daher wurde es unmöglich, einen mühseligen 1:0-Sieg als Triumph zu feiern.

2002 reiste der Werksklub mit der Last des dramatischen Scheiterns im Bundesliga-Finale an und stand gegen Schalke 04 derart unter Druck, dass ein abermaliges Scheitern eine zwingende Logik besaß. 2009 hatte der vom Team ungeliebte Trainer Bruno Labbadia am Tag des Endspiels in einem spektakulären Interview eine beispiellose Abrechnung mit seinem eigenen Klub betrieben. Die 0:1-Niederlage gegen Werder Bremen war zwangsläufig. Und 2020 wäre Bayer 04 im Fall eines Sieges der erste DFB-Pokal-Gewinner ohne reales Publikum. Daran würde auch eine Mini-Kulisse, sofern man sie in letzter Minute erlauben sollte, nichts ändern.

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Dennoch wird am 4. Juli in Berlin das wichtigste Spiel der neueren Klub-Geschichte stattfinden. Bayer 04 Leverkusen hat sich das Scheitern auf hohem Niveau einst mit dem Titel „Vizekusen“ patentieren lassen und den Glauben an die Unmöglichkeit, große Titel gewinnen zu können, durch ungekrönte sportliche Top-Leistungen bis an den Rand der Gewissheit verfestigt. Im Fußball-Mutterland England ist dieses Phänomen als „Neverkusen“ ein Begriff geworden.

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In der Zehnjahrestabelle der Bundesliga belegt der Werksklub hinter den Bayern und Dortmund Platz drei sowohl nach Punkten, nach gewonnenen Spielen und nach Teilnahmen an der Champions League. Für all das gab es einen Haufen Geld, aber kein einziges Lorbeerblatt, weshalb eine faire Würdigung der Gesamtleistung in der Öffentlichkeit selten stattfindet. Daraus erwuchs eine Sehnsucht, die der niederländische Trainer Peter Bosz noch in der Stunde des unvermeidlichen Pflichtsieges über den Viertligisten Saarbrücken als Auftrag formulierte: Wir müssen diesen Pokal gewinnen. Ob mit Zuschauern oder ohne. Egal wie der andere Finalist heißt.

Bayer 04 wird in erster Linie gegen sich selbst spielen – einen Gegner, der im direkten Duell immer zu stark war.

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