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Emotionale WorteScheidender Chemnitzer FC-Sportdirektor Sobotzik kritisiert Fans

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Thomas Sobotzik

Thomas Sobotzik

Chemnitz/Berlin – Die letzten Worte, mit denen sich Thomas Sobotzik vom Chemnitzer FC verabschiedete, hatten es in sich. Tief getroffen vom blanken Hass einiger Teile der Fans und gezeichnet von monatelangen Querelen und zahllosen Beleidigungen wandte sich der scheidende Sportdirektor des skandalumwitterten Fußball-Drittligisten am Mittwoch ein letztes Mal in seiner alten Funktion an die Öffentlichkeit - und ließ seinen Emotionen freien Lauf.

„Was ich zuletzt an persönlichen Anfeindungen, Beschimpfungen und Drohungen erleben und erleiden musste, geht weit über das Maß hinaus, das verkraftbar ist“, teilte der 44-Jährige in einer Stellungnahme mit, die dem SID vorliegt. Bereits am 4. September hatten er und Trainer David Bergner nach einer Reihe von Zwischenfällen ihren Rücktritt angekündigt.

Antisemitisch beschimpft

Die Entscheidung zur Demission, so Sobotzik, sei bereits vor dem Ligaspiel am 23. August gegen Bayern München II gefallen, bei dem er in Beisein von Pressesprecher Steffen Wunderlich von Teilen der Anhänger unter anderem als „Judensau“ beschimpft worden war. Wie der gebürtige Pole Sobotzik, der noch maximal bis zum 15. September seine Funktion beim CFC ausführen wird, zu verstehen gab, lag der Grund für seinen Entschluss vor allem in der fortwährenden Auseinandersetzung mit den Fans. 

„Ich habe mich seit Langem mit dieser unheilvollen Situation beschäftigt und immer wieder aufs Neue klar Position bezogen, wäre auch jederzeit zu einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem radikalen Teil unserer Fans bereit gewesen, aber dieses Anliegen hatte keine Chance auf eine Realisierung“, sagte Sobotzik. So sei er bereits beim Regionalliga-Spiel im vergangenen Mai gegen den ZFC Meuselwitz, als der CFC den Aufstieg perfekt machte, angefeindet worden.

Das Ziel war eigentlich, das Team nach der Insolvenz zu sanieren

„Noch während des Heimspiels gegen Meuselwitz, als ich kurz vor Abpfiff in die Fankurve gegangen bin, um alle zu beruhigen, weil ein Platzsturm drohte, wurde ich von einigen sogenannten Fans verbal beleidigt und bedroht sowie mit vollen Bierbechern beworfen und auch getroffen. Schon da fielen Worte wie 'Verpiss Dich, du Hurensohn' und 'Verschwinde aus Chemnitz'“, sagte Sobotzik. Vor 16 Monaten war er mit dem Ziel gestartet, das Team nach der Insolvenz zu sanieren und wieder zu sportlichem Erfolg zu führen. Gedankt wurde es ihm selten.

Auch nach dem DFB-Pokalspiel gegen den Hamburger SV im August sowie nach der Trennung von Kapitän Daniel Frahn, dem eine Nähe zu angeblich rechtsextremen Teilen der Fans nachgesagt wurde, sei Sobotzik laut eigener Aussage bedrängt und bedroht worden. Nach dem Hamburg-Spiel habe ihm ein Fan aufgelauert und ihn laut Sobotzik mit den Worten „Auf Dich habe ich die ganze Zeit gewartet“ und „Verpiss Dich, Du scheiss Drecks-Jugo“ empfangen.

Andre Meyer zuletzt als Trainer im Gespräch

Infolge all der Vorfälle bezeichnet Sobotzik einen personellen Neuanfang als „einzig richtige Alternative“. „Die Mannschaft braucht und verdient Ruhe, damit sie sich ausschließlich auf die sportliche Situation konzentrieren und ihre Leistungsfähigkeit zeigen kann“, so der Funktionär weiter. Er persönlich will aus seiner Zeit in Chemnitz Kraft schöpfen. „Die 16 Monate in Chemnitz werde ich auf jeden Fall nicht vergessen, und sie werden mich über das Sportliche hinaus sicher ein Stück prägen bei künftigen Tätigkeiten.“

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Als neuer Trainer war zuletzt Andre Meyer im Gespräch, der bis August als Co-Trainer bei Erzgebirge Aue arbeitete. Erschwerend kommt hinzu, dass Insolvenzverwalter Klaus Siemon den Klub derzeit umstrukturieren muss und noch in der vergangenen Woche erklärt hatte, dass dem Traditionsklub nach wie vor die Liquidation drohen würde. (sid)

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