Abo

FC BayernHoeneß: „Die schlimmste Veranstaltung, die ich je erlebt habe“

Lesezeit 3 Minuten
Hoeneß bei JHV

Uli Hoeneß sitzt mit Corona-Maske bei der Jahreshauptversammlung des FC Bayern.

München – Viele bemerkenswerte Szenen hatte die Jahreshauptversammlung des FC Bayern schon hervorgebracht, doch drei besonders denkwürdige Momente spielten sich am frühen Freitagmorgen ab, kurz nach Mitternacht. Es waren Szenen, die dieser Verein in seiner 121-jährigen Geschichte so noch nicht erlebt hat. Ehrenpräsident Uli Hoeneß, der sich einst mit den Mitgliedern auf den oft folkloristischen Zusammenkünften schon heftig gezofft hatte, ließ später beim Verlassen des Audi Domes den Satz fallen: „Das war die schlimmste Veranstaltung, die ich je beim FC Bayern erlebt habe.“ Es war in jedem Fall ein äußerst turbulenter und politisch hoch aufgeladener Abend.

Zu den drei besonders denkwürdigen Momenten ganz am Ende zählte, wie Präsident Herbert Hainer gerade dabei war, den Konvent zu beschließen, obwohl noch nicht alle Wortmeldungen angehört worden waren. Er wurde so laut ausgebuht und niedergebrüllt, dass er die Veranstaltung nicht mehr ordnungsgemäß beenden konnte. Seine Kollegen aus der Führung des FC Bayern stiegen im Chaos vom Podium. Viele Mitglieder riefen „Hainer raus!“ und auch „Vorstand raus“, gefolgt von „Wir sind Bayern, und ihr nicht.“ Der zweite denkwürdige Moment schloss sich daran an. Hoeneß, Hainers Vorgänger als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender, vor allem aber noch immer der Mr. FC Bayern schlechthin, ging in den Tumulten spontan zum Rednerpult, verließ die Bühne aber rasch, als viele Mitglieder sangen: „Wir sind die Fans, die ihr nicht wollt.“

Schließlich fügte sich in den Abend des Aufstands jener dritte denkwürdige Moment, als ein Mitglied spontan auf einen Stuhl stieg und seine nicht mehr angehörte Wortmeldung zum Rassismus-Skandal am Nachwuchs-Campus von 2020 vortrug.

Revolte gegen eigenen Klub

Es hatte etwas von einer Revolte gegen ihren eigenen Klub, von dem ein Großteil der 780 an diesem Abend anwesenden Mitglieder offensichtlich tief enttäuscht ist. Es waren wütende Mitglieder, die sich in der Debatte um das umstrittene Sponsoring durch Qatar Airways vom Verein seit Jahren vertröstet und übergangen fühlen. Vor allem, weil ein vor Wochen eingereichter Antrag des Rechtsreferendars Michael Ott nicht zur Abstimmung zugelassen worden war. Ott wollte erwirken, dass der bis Ende 2023 laufende Vertrag mit Qatar Airways nicht verlänger wird. Doch zur Abstimmung darüber kam es nun auch deshalb nicht, weil das Präsidium Otts Spontanantrag erneut abwies. „Ich werde hier nicht zulassen, dass wir über rechtswidrige Anträge abstimmen“, sagte Vizepräsident Dieter Mayer und berief sich auf die Stunden zuvor gefällte Entscheidung des Landgerichts München I, wonach die Versammlung des e.V. für Sponsoring-Fragen der AG nicht zuständig sei. „Das Problem ist, dass Ihnen die Menschenrechte scheißegal sind“, rief eine Frau dazwischen. Als ein Mitglied seine Rede mit den Worten eröffnete, „Demokratie geht anders“, erwiderte Mayer: „Hier geht es nicht um Demokratie.“ Sondern um juristische Fragen. Die Empörung wurde nicht geringer.

Es war am Ende ein Abend, an dem die pandemiebedingten Einbußen im Geschäftsjahr 2020/21 bei Umsatz (643 nach 698 Mio. Euro 2019/20) und Gewinn nach Steuern (1,9 nach 9,8 Mio. Euro 2019/20) wenig Beachtung fanden. Es war ein Abend, der völlig entgleist war und bei der Vereinsführung für Entsetzen gesorgt hatte. Sie hatte die Wucht der Katar-Debatte offensichtlich unterschätzt.

Vier denkwürdige Momente

Es gab noch einen vierten denkwürdigen Moment, und dieser begann damit, dass Mitglied Gregor Weinreich zu Hainer sagte: „Sie betonen immer wieder, wie wichtig der Dialog ist, aber Sie schaffen es nicht einmal, mit den eigenen Mitgliedern und mit Menschenrechtsorganisationen in einen konstruktiven Dialog zu kommen. Dafür streiten jetzt schon Anwaltskanzleien, ob wir hier über Katar abstimmen oder reden dürfen.“ Er fragte, warum man nicht das zweitbeste Sponsoring-Angebot nach Qatar Airways annehme, damit die „offene Wunde“ des Vereins heilen könne. Danach setzte minutenlanger Beifall ein. Die meisten Mitglieder standen.

KStA abonnieren