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Formel 1Vettels letztes Monza-Heimspiel für Ferrari wird zum Debakel

Lesezeit 4 Minuten
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Sebastian Vettel vom Team Scuderia Ferrari steht mit einer roten Maske an der Rennstrecke.

Monza – Nach dem Ferrari-Totalschaden im High-Speed-Drama von Monza mit Rennunterbrechung und Sensationssieger Pierre Gasly flüchtete sich Sebastian Vettel in bitteren Sarkasmus. „Am Dienstag bin ich im Simulator, das Auto hält wenigstens“, sagte der viermalige Formel-1-Weltmeister nach seiner desaströsen Abschiedsvorstellung für die Scuderia in der Lombardei. An Vettels Dienstwagen explodierten die Bremsen - hochgefährlich, bei einem Crash standen zum Glück nur Styropor-Aufsteller im Weg. Stallrivale Charles Leclerc krachte einige Runden nach dem frühen Vettel-Aus beim 999. Rennen der Scuderia brutal in die Reifenstapel, blieb aber unverletzt.

„Schlimmer geht immer in diesem Jahr“, meinte der Deutsche am Sonntag. „Aber was bleibt mir denn übrig?“. Ferrari-Teamchef Mattia Binotto zog ein vernichtendes Urteil. „Das ist der schlimmste Ausgang eines schwierigen Wochenendes“, resümierte er.

Irres Spektakel mit zwei Safety-Car-Phasen

Im irren Spektakel mit zwei Safety-Car-Phasen, einer Unterbrechung von 21 Minuten nach dem Leclerc-Unfall und einer Zeitstrafe gegen WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton triumphierte sensationell der Franzose Gasly von Alpha Tauri vor Vettels Ferrari-Nachfolger Sainz und Lance Stroll im Racing Point. Zwölf Jahre nach Vettels Formel-1-Premierensieg im Toro Rosso war erstmals das Nachfolgeteam erfolgreich. Mercedes-Mann Hamilton kämpfte sich nach einer Aufholjagd als Siebter immerhin noch in die Punkte zurück. Au weia, Ferrari. Das Wochenende hatte schon schlecht begonnen. Erstmals seit 1984 stand kein Scuderia-Mann unter den Top Ten der Startaufstellung. Nach dem Erlöschen der Roten Ampeln im 999. Grand Prix der Italiener hielt Vettel noch seinen 17. Rang, Stallrivale Leclerc den 13. „Es sind harte Zeiten“, hatte Sportdirektor Laurent Mekies schon zuvor festgestellt.

Fern an der Spitze verteidigte Hamilton souverän die 94. Pole seiner Karriere. Mercedes-Teamkollege Valtteri Bottas bekam dagegen sofort Druck von den starken McLaren-Fahrern Carlos Sainz und Lando Norris. Bis auf Platz sechs fiel der Finne in seinem Silberpfeil zurück. Im Hinterfeld erlebte dagegen Vettel sein nächstes Formel-1-Drama in diesem Jahr. Erst explodierte die Bremsleitung an seinem Ferrari, dann krachte er durch die Styropor-Absperrung ausgangs der ersten Kurve. „Wir haben es schon die Runden zuvor gemerkt, dass etwas nicht stimmt“, bemerkte der mitleiderregende Vettel.

Hydraulikflüssigkeit fing Feuer

Erst sei hinten links etwas schief gelaufen, dann hinten rechts. Die Hydraulikflüssigkeit fing sogar Feuer. Vettel rollte mit seinem lahmenden Wagen zurück in die Box und stellte ihn in der achten Runde ab. „Ich weiß im Moment auch nicht weiter“, sagte der ratlose Heppenheimer, der in Monza 2008 mit Toro Rosso seinen ersten Formel-1-Sieg geholt hatte. „Das Ferrari-Auto ist unfahrbar“, kommentierte Nico Rosberg im TV-Sender RTL. Vettel zwängte sich später mit schwarzem Rucksack durch die blickdichten Glastüren am Ferrari-Motorhome. „Im Moment ist der Spaßfaktor nicht auf dem Höhepunkt“, räumte der 33-Jährige gefasst ein. „Der Drops ist aber gelutscht. Nächstes Jahr betrifft mich nicht.“ Vettel muss Ferrari im Winter verlassen.

Sein Stallrivale Leclerc hat einen Vertrag bis Ende 2024 - in der 25. Runde war aber auch für ihn nach einem Crash in der Parabolika Schluss. Der Monegasse konnte aber selbst wieder aus seinem Auto steigen, die Mediziner checkten ihn durch. „Ich hatte einen harten Einschlag, aber ich fühle mich schon okay“, befand Leclerc. Der Grand Prix musste nach dem Unfall unterbrochen werden, die Fahrer kehrten kurz danach in die Garagen zurück.

Hamilton bekommt Ärger nach erster Safety-Car-Phase

Hamilton bekam Ärger nach der ersten Safety-Car-Phase. Der Brite war nach dem Ausfall von Haas-Pilot Kevin Magnussen sofort zum Reifenwechsel reingekommen. Die Boxeneinfahrt war zu diesem Zeitpunkt im 21. Umlauf aber nicht freigegeben. Hamilton erhielt eine Strafe von zehn Sekunden, die er später an der Box absitzen musste. Vor 250 Ärzten und Krankenschwestern auf den Tribünen als Zeichen des Danks in der Corona-Krise blieb Hamilton auch nach dem Neustart ganz vorne. Er kam aber umgehend an die Box. Die Standstrafe warf ihn auf den 17. und letzten Platz zurück. Der sechsmalige Weltmeister nahm mit 23 Sekunden Rückstand auf das Vorderfeld die Jagd auf.

An der Spitze führte völlig überraschend Gasly den Grand Prix an. Sainz und Racing-Point-Mann Stroll hatte der Franzose im Nacken. Während sich Hamilton noch in die Punkte rettete, verteidigte der Alpha-Tauri-Fahrer seine Führung. (dpa)

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