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„Ich kann nicht zufrieden sein“Hamdi Dahmani über RW Essen und Ex-Klub Fortuna Köln

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Der langjährige Kapitän des SC Fortuna Köln, Hamdi Dahmani, spielt seit dem Sommer in Essen. 

  • Im Sommer wechselte der langjährige Kapitän des SC Fortuna Köln, Hamdi Dahmani, zu Rot-Weiss Essen.
  • Am Freitagabend kommt es zum ersten Wiedersehen zwischen Dahmani und seinem Ex-Verein.
  • Im Interview spricht Dahmani über seine Startschwierigkeiten bei RWE und den Abschied von der Fortuna im Sommer.

Köln – Herr Dahmani, nach dem perfekten Saisonstart von Rot-Weiss Essen mit acht Siegen aus neun Spielen in der Fußball-Regionalliga West gab es zuletzt zwei Niederlagen. Ist das nur eine Formdelle oder schon eine Krise?

Das würde ich nur als Delle bezeichnen, das hat keine große Aussagekraft. Wir wissen, warum wir diese Spiele verloren haben, da machen wir uns nicht verrückt. Wir haben zwar einige Gegentore kassiert, aber wurden nicht an die Wand gespielt. Es lag an uns, wir haben unser Konzept nicht durchgezogen.

RWE wurde vor der Saison von allen Seiten zum großen Meisterschaftsfavoriten erklärt.

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Was hier passiert, bekommt jeder mit – mit Christian Titz als namhaftem Trainer, mit der Professionalisierung. Da bekommt man zwangsläufig die Favoritenrolle zugeschoben. Das muss man akzeptieren. Für uns ist es aber kein zusätzlicher Druck. Wir versuchen, jedes einzelne Spiel in seiner Komplexität zu erfassen und zu gewinnen. Wenn das klappt, steht man am Saisonende automatisch weit oben.

Zur Person

Hamdi Dahmani, geboren am 16. November 1987 in Köln, spielte in der Jugend für den FC, Aachen und Bayer 04. Über Düren und Troisdorf kam der Offensivspieler 2008 zu Fortuna Köln. 2012 verließ Dahmani den Südstadt-Klub, kehrte nach einem Intermezzo bei Viktoria (2012/13) im Jahr 2014 zur Fortuna zurück. Nach 328 Einsätzen (Platz fünf der Rekordspieler-Rangliste) verließ er Köln nach dem Abstieg im Sommer und wechselte zu Rot-Weiss Essen. Unter  Trainer Christian Titz stand Dahmani in fünf von neun Spielen in der Startelf und absolvierte eine Partie über 90 Minuten. (ckr)

Wie bewerten Sie Ihre ersten Monate in Essen?

Ich kann nicht zufrieden sein. Ich pendele zwischen Startelf und Ersatzbank hin und her. Bei mir ist der Knoten drin irgendwie, es ist schwierig. Am Anfang bin ich aus einer Verletzung gekommen und musste mir erst einmal die Fitness holen. Dann wollte ich mir Spielpraxis holen, war dann aber wieder draußen. Bei der Mannschaft lief es dann und die Ergebnisse haben gestimmt. In der Zeit habe ich allerdings gut und hart gearbeitet. Ich bin auf einem Fitness-Level, das ich lange nicht hatte. Bedingt natürlich durch den hohen Aufwand hier – die Trainingseinheiten sind deutlich länger und intensiver, als ich es bislang gewohnt war. Aber letztlich muss ich Gas geben und der Trainer entscheidet am Ende.

Warum läuft es noch nicht so, wie Sie es sich erhofft hatten?

Ich wurde auf vielen Positionen eingesetzt. Die Zehner-Rolle, meine Lieblingsposition, gibt es im System des Trainers nicht. Ich habe auf der Acht, auf der Sechs, mal linksaußen, mal rechtsaußen gespielt. Ich versuche mein Bestes, aber der Knoten ist noch nicht geplatzt.

Was könnte helfen?

Ein Tor wäre bestimmt ein Öffner. Aber Spielrhythmus natürlich auch. Gegen Gladbach II bin ich ganz gut reingekommen, hatte ein gutes Gefühl und wurde dann zur Halbzeit ausgewechselt. Da hätte ich mir mehr Spielzeit gewünscht. Ich bin ein Spieler, der von seinem Rhythmus lebt. Aber ich bleibe positiv.

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Hätten Sie es sich leichter vorgestellt?

Vielleicht in dem Sinne, dass man ja eigentlich wusste, wo meine Stärken liegen und was meine beste Position ist. Dass ich dann nur liefern muss. Aber hier gibt es einen anderen Blickwinkel auf den Fußball als bei der Fortuna. Wir spielen mit verschiedensten Systemen, da muss man sich erstmal einfinden. Diesen extremen Ballbesitz-Fußball mit der Dominanz. Auf den offensiven Positionen sind die Räume, in denen man sich als Freigeist bewegen möchte, kleiner. Ich habe es mir nicht leichter, aber anders vorgestellt.

Wo liegen die Unterschiede zwischen der Fortuna und Rot-Weiss? Ist alles eine Nummer größer?

Ja, das ist eine andere Hausnummer. Aber in der Regionalliga hinkt da nicht nur die Fortuna hinterher, mit den Rahmenbedingungen, mit dem Stadion. Bei Testspielen haben wir 2000 oder 3000 Zuschauer. Die Realität ist aber eben auch, dass wir nur in der Regionalliga spielen. Aber deshalb wollen wir auch da raus.

Ein Blick zurück in den Sommer: Nach dem Abstieg der Fortuna hatten Sie gesagt, dass Sie gerne weiter in der Dritten Liga spielen möchten. Gewechselt sind Sie dann zu einem Regionalligisten.

Es gab ein oder zwei Optionen für die Dritte Liga und auch die Fortuna war noch mit im Spiel. Ich hatte Gespräche mit verschiedenen Vereinen. Im Endeffekt hatte ich dann das beste Gespräch mit Jörn Nowak und Christian Titz, den Verantwortlichen von Essen. Das hat mich überzeugt, ich wollte die Herausforderung annehmen.

Wie realistisch war denn ein Verbleib bei Fortuna? Präsident Hanns-Jörg Westendorf hatte den Wunsch ja sehr offensiv geäußert.

Klar war es eine Option, ich habe mit meiner Familie darüber nachgedacht, weil mein Lebensmittelpunkt ja in Köln bleiben sollte. Ausgeschlossen war es auf keinen Fall. Aber letztlich wollte ich die Veränderung. Ich habe gerade in der letzten Saison sehr viel Herzblut bei der Fortuna gelassen und viel Körperliches. Das hat mich schon mitgenommen. Und dann gab es den Umbruch: Spieler weg, Trainer weg, Geldgeber weg, Physio weg. Dann habe ich mir gedacht: Eigentlich gehörst du auch zu diesem Umbruch dazu.

Geht Ihnen Ihr Abgang von Fortuna Köln 2012 manchmal durch den Kopf, als Sie zu einem ambitionierteren Verein wechseln wollten, was nicht klappte und Sie 2014 doch wieder bei Fortuna landeten?

Nein, das war ein anderer Hamdi Dahmani. Momentan die Phase ist nicht gut, es sieht unglücklich aus. Aber ich bin selbstbewusst genug, um zu sagen: Das liegt nicht nur an mir. Ich bin fit, ich trainiere gut. Es ist nicht so, dass ich verzweifelt sage: Ich funktioniere nur bei Fortuna Köln.

Am Freitag spielt Fortuna in Essen (19.30 Uhr). Das Wiedersehen mit Ihrem Ex-Klub wäre emotionaler, wenn es im Südstadion stattfinden würde. Dennoch ist es sicherlich eine besondere Partie für Sie.

Auf jeden Fall, Fortuna Köln ist immer mein Verein gewesen – auch wenn die Leute, die man über Jahre kannte, nicht mehr da sind. Bislang habe ich es leider nicht geschafft, ins Südstadion zu gehen und ein Spiel zu gucken. Das will ich auf jeden Fall nachholen. Aber deswegen war der Kontakt bislang leider noch nicht so groß zur neuen Fortuna.

Wie schätzen Sie die neue Fortuna sportlich ein?

Der Start war nicht so glücklich, mit dem Ballbesitz-Fußball lief es nicht so gut. Dann fängt man natürlich an, alles zu hinterfragen. Aber da bin ich umso glücklicher, dass die Fortuna in den letzten Wochen gepunktet hat, gerade mit dem Heimsieg gegen Bergisch Gladbach. Da habe ich mich richtig gefreut. Das wird ihnen Selbstvertrauen geben.

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