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Nach AbstiegFortuna Kölns Präsident hofft auf Dahmani und erteilt Investoren Absage

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Hanns-Jörg Westendorf (r.) und Michael W. Schwetje

  • Fortuna Köln steht als Absteiger aus der Dritten Liga fest, am Samstag unterlag der Südstadt-Klub 2:3 bei 1860 München.
  • Im Interview spricht Vereinspräsident Hanns-Jörg Westendorf über die künftige Ausrichtung des Vereins.

Köln – Herr Westendorf, fünf Jahre nach dem Aufstieg im Grünwalder Stadion ist Fortuna Köln an gleicher Stelle wieder aus der Dritten Liga abgestiegen. Wie haben Sie das Spiel gegen 1860 München erlebt?

Wir sind schlecht reingekommen und lagen  dann trotzdem 2:1 in Führung, leider gab es dann noch den Ausgleich kurz vor der Pause. Nach dem Platzverweis gegen Bernard Kyere war dann klar, dass wir das Spiel nicht mehr gewinnen würden.

Welche Gründe sind für Sie ausschlaggebend für den Abstieg?

Das ist relativ klar zu sagen: Mit dem Abgang von Uwe Koschinat ist unser sportlicher Kompass verloren gegangen. Das ist sicherlich der Hauptgrund. Tomasz Kaczmarek war –  das muss man einfach mal ganz klar sagen –  nicht die ideale Besetzung als Nachfolger. Man könnte auch über jeden Spieler einzeln philosophieren, aber am Ende hat uns nach dem Wechsel von Daniel Keita-Ruel ein Mittelstürmer gefehlt. Die Jahre davor haben wir mit bescheidenen Mitteln mehr oder weniger souverän die Klasse gehalten, letzte Saison durften wir sogar vom Aufstieg träumen. Jetzt hat es uns erwischt.

Die Verpflichtung von Tomasz Kaczmarek war also ein Fehler?

Man muss sehen, dass die Mannschaft von Uwe Koschinat zusammengestellt wurde und auf ihn als Trainertyp  zugeschnitten war. Und Uwe war als Typ außergewöhnlich. Die Erwartungshaltung, die es an seinen Nachfolger gab, die konnte Tomek nicht erfüllen. Es greift aber natürlich zu kurz, ihn für alles verantwortlich zu machen.

Ist Fortuna Kölns Zielsetzung für die nächste Regionalliga-Saison der direkte Wiederaufstieg?

Sagen wir es so: Wir werden professionell Fußball spielen und wollen oben mitspielen und nicht vor uns herdümpeln. Aber da gibt es noch einige andere Vereine, die ähnliche Pläne haben. Einer von den beiden Klubs oben in der Tabelle (Viktoria Köln und Rot-Weiß Oberhausen, d. Red.) wird drinbleiben. Rot-Weiss Essen, Alemannia Aachen und die Reserve-Teams muss man auch dazuzählen.

Investor Michael W. Schwetje wird die Fortuna verlassen. Seine Spielbetriebs-GmbH, in die die Profimannschaft ausgegliedert ist, wird abgewickelt.

Wir werden zeitnah eine neue GmbH gründen, um das wirtschaftliche Risiko, das der Profifußball birgt, vom Hauptverein abzuwenden. Gemeinnützigkeit und Profisport vertragen sich nicht so gut. Benjamin Bruns (aktuell in Schwetjes GmbH für Sponsoring und Marketing verantwortlich, d. Red.) wird neuer Geschäftsführer. Das bringt uns Kontinuität auf der Sponsoren-Seite, das ist sehr wichtig.

Wer wird die Fortuna in der nächsten Saison trainieren?

Wir haben uns mit einigen Kandidaten unterhalten, Oliver Zapel ist auch ein Ansprechpartner. Da werden wir bis zum Pokalfinale am 25. Mai Gewissheit haben. Es ist die erste Personalie, die zu klären ist.

Zapel hinterließ den Eindruck, als habe er sich dem Projekt Fortuna sehr verschrieben. Auch bei den Fans und der Mannschaft scheint er gut anzukommen.

Ich will mich da nicht festlegen, wir werden Gespräche führen. Dass er bei den Fans gut ankommt, sollte nicht das ausschlaggebende Argument sein. Seine Arbeitsweise muss uns überzeugen. Von Spielerseite ist zudem unklar, wer bleiben will, wer bleiben wird.

Alle Spieler, die bleiben wollen, müssten neue Verträge unterschreiben. Wie wird die Mannschaft der Fortuna in der neuen Saison aussehen? Wird man noch einige bekannte Gesichter sehen?

Viel möchte ich dazu nicht sagen, weil ich da dem neuen Trainer etwas vorwegnehmen würde. Die Verträge zu unterschreiben, ist ja der kleinste Akt. Es geht darum, welche Ideen der neue Trainer hat. Da sollten ehrenamtliche Vorstände nicht anfangen, Mannschaften zusammenzustellen. Klar ist nicht viel Zeit für die Kaderplanung, aber ich habe noch kein Team gesehen, dass zu Saisonstart keine elf Mann auf dem Platz hatte. Wir werden das hinbekommen. Wichtig ist, dass wir wirtschaftlich solide bleiben und keine Luftschlösser bauen. Wir werden keine Schulden machen.

Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass beispielsweise Kapitän Hamdi Dahmani ein Fortune bleibt?

Da äußere ich mich mal als Fan: Ich würde mir wünschen, wenn so eine Galionsfigur wie Hamdi bei Fortuna Köln bleiben würde. Da wäre auch jeder Trainer von begeistert. Ich halte es  tatsächliche für realistisch, dass er bleiben könnte.

Ist der Regionalliga-Etat 2019/20 mit dem der Aufstiegssaison 2013/14 vergleichbar?

Die Zahlen stehen noch nicht fest. Aber wenn der Anspruch ist, professionell Fußball zu spielen, dann muss der Etat auch so hoch sein wie in unserer letzten Regionalliga-Saison.

In den letzten Jahren hinzugewonnene Sponsoren können also den Ausstieg von Investor Schwetje auffangen.

Ja, das stimmt. Aber die Ära Schwetje ist nun vorbei. Zunächst einmal müssen wir Michael danken. Ohne sein Engagement hätte es unsere letzten Jahre in der Dritten Liga nicht gegeben.

Könnte an Schwetjes Stelle ein anderer Investor beim SC Fortuna einsteigen?

Die Abhängigkeit von einem Einzelnen wollen wir als Verein nicht mehr. Andere können das machen, wir werden das nicht mehr tun. In Zukunft werden wir die Last, auch die finanzielle, auf mehrere Schultern verteilen. Das ist mir wichtig.

Ein klares „Nein“ in Richtung potenzieller Investoren für den SC Fortuna Köln.

Ich mag das Wort „Investor“ nicht. Die Wörter „Investor“ und „Fußball“ passen für mich nicht zusammen. Mir soll mal einer vormachen, wie man mit einem Drittligisten oder Zweiligisten Geld machen will. Das funktioniert nicht. Wir reden von Sponsoren. Und wenn jemand viel Geld gibt und dann mitreden will, dann muss man das Maß des Mitredens auf ein vernünftiges Niveau einschränken, damit am Ende der Verein immer das Sagen hat. Der Abstieg ist ein Neuanfang auf allen Ebenen. Aber auch eine Chance.

Sie sehen im Abstieg eine Chance?

Ja! Welcher Absteiger kann von sich behaupten, dass er schuldenfrei ist? Wir fangen neu an, wir stellen uns neu auf. Das gibt es nicht allzu oft.

Aber der SC Fortuna ist nur schuldenfrei, weil Michael W. Schwetje seine Investitionen der vergangenen Jahre als Verluste abschreiben wird.

Was er damit macht, muss er selber wissen. Er ist zur Fortuna gekommen, die erste Mannschaft wurde in eine GmbH ausgegliedert und Michael hatte die allermeisten Kapitalanteile. Und wenn das Projekt in die Hose geht, ist das Geld eben weg.

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