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KolumneDer Zauber des Tores von Toni Kroos

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Toni Kroos (r.) und Marco Reus jubeln über das späte 2:1 gegen Schweden.

Köln – Ein Tor ist ein Tor ist ein Tor. Wie eine Rose. Die Rose ist schön, riecht gut und hat Dornen. Ein Tor entsteht, wenn der Ball die Linie überquert.  Aber ein Tor wie dieses, das Toni Kroos am Samstagabend zum 2:1-Sieg über Schweden in Sotschi erzielt hat, ist noch viel mehr. Es ist ein Ereignis, eine Eruption, ein kollektiver Höhepunkt. Dieses Tor war in einem emotionalen Summa Summarum unserer Nation der schönste Moment des Jahres.

Es war allerdings nicht umsonst, sondern musste, wie die Schönheit der Rose mit Dornen, erkauft werden mit Leiden –  95 Minuten währendem, entsetzlichen Leiden, denn Deutschland war praktisch ausgeschieden aus dem WM-Turnier. Man darf ruhig sagen: wir. Wir, die nie eine Fußball-Weltmeisterschaft verpassen und fast immer bis ganz zum Ende mitspielen, waren schon ausgeschieden. Es war ein schlimmes Gefühl. Was hätten wir tun sollen in den nächsten beiden Wochen bis zum Finale? Anderen Ländern, die besser waren und es momentan vermutlich auch noch sind, beim Fußballspielen zuschauen? Uns in Belgier, Franzosen, Engländer, Brasilianer verwandeln, wie es gerade gepasst hätte und lustig mit ihnen feiern? Die Sportart wechseln und uns der Baseball-Saison in Nordamerika zuwenden?

Dieses Tor, das Toni Kroos am Samstagabend in Sotschi erzielt hat, hat uns das erst einmal erspart.  Als der Ball einfach nicht über die Linie wollte in der Nachspielzeit, erschien die Pein eines trostlosen Sommers vor unserem inneren Auge: das Polittheater zwischen Berlin und München, der Wahnsinn des Apokalyptikers Trump, das Auseinanderfallen Europas, das vergebliche Ringen um gemeinsame Werte auf allen Ebenen. Nichts davon wird besser durch dieses Tor, aber wir können es womöglich ein wenig besser aushalten, bis vielleicht das Wunder der Vernunft erscheint und doch noch das Schlimmste verhindert. Und diese elenden Diskussionen. Am Ende wäre Erdogan schuld gewesen, weil er einen schwachen Moment unserer Nationalspieler Özil und Gündogan zu einem gemeinsamen Foto genutzt hatte.

Verbaler Unfug von Matthäus, Effenberg und Basler

Oder es hätten Kritiker wie Matthäus, Effenberg und Basler recht bekommen, deren verbaler Unfug deutsche Niederlagen als Dünger braucht. Wie hätte man das ertragen sollen?

Doch Toni Kroos hat dieses Tor erzielt. Allerdings werden wir gegen Südkorea am Mittwoch mehr davon brauchen. Die Pein eines trostlosen Sommers ist noch nicht gebannt.

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