Kommentar zum WM-FinaleFrankreich ist der logische Weltmeister

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Frankreich Pogba Trophäe

Frankreichs Paul Pogba küsst die WM-Trophäe.

Das Schöne am Titel Fußball-Weltmeister ist der Umstand, dass seine Träger ihn vier Jahre lang behalten dürfen. Von 2014 bis 2018 gehörte dieses Recht allen Deutschen, die Wert darauf gelegt haben, denn der WM-Titel ist untrennbar mit der Nation verbunden, in deren Namen er errungen wird.

Diese Verbindung erlischt jedoch genau in dem Moment, wenn eine andere Nation Weltmeister wird. Obwohl der deutsche Verlust seit dem Aus in der Gruppenphase feststand, ist er doch seit Sonntagabend erst besiegelt. Das große Wir, unter dem ein unterstelltes Volksempfinden gern zitiert wird, ist jetzt nicht mehr Weltmeister.

Niemand wird den Vertreter des deutschen Fußballs im Ausland mehr neidisch anblicken. Die Bereitschaft, sich beeindrucken zu lassen von Geschichten und Anekdoten aus dem Bereich unseres populärsten Kulturgutes, wird schwinden. Die Franzosen sind jetzt Weltmeister. Ihnen gebührt der Neid der Welt. Das Wir hatte ihn vier Jahre lang.

Frankreich hat den Titel nicht zufällig gewonnen

Die große Nation hat den Titel nicht zufällig gewonnen. Sie verfügte über den Kader mit dem größten Talent, Produkt eines konsequenten Ausbildungsplanes. Trainer Didier Deschamps hat nach Jahren des nicht vollständigen Gelingens den Erfolg mit einer sozusagen mathematischen Formel gefunden: Größtmögliche Veranlagung mal geringstes Risiko, geteilt durch gegenseitige Wertschätzung.

Das Fehlen dieses Puzzleteils – Respekt unter den Kollegen – hat zwei Jahrzehnte lang die Wiederholung des ersten WM-Triumphs von 1998 verhindert. Deschamps hat dafür gesorgt, dass die Spieler sich vertragen und ihnen ein konservatives, brutal auf Reaktion ausgerichtetes System verpasst. Das war nichts für die Ästheten und Romantiker, aber der WM-Titel rechtfertigt alles.

Genie in einem Panzer aus Titan

Die Herzen der neutralen Zuschauer hat dagegen das kleine Kroatien mit seiner Unbeugsamkeit und Leidenschaft erobert. Es wäre die moderne Aschenputtel-Geschichte des Fußballs gewesen, wenn die Auswahl des so sportbegeisterten 4,5-Millionen-Volkes den höchsten Titel gewonnen hätte. Eine Halbzeit lang war sie im Finale die bessere Mannschaft.

Ein Sieg wäre der Beweis dafür gewesen, dass man mit Willen und Mut im Fußball alles erreichen kann. Aber bei dieser WM 2018 war es offensichtlich nicht möglich, denn Frankreich hat sein Genie in einen Panzer aus Titan gepackt und ihn immer nur geöffnet, wenn der Gegner seine schwächsten Momente hatte.

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