Bundesliga-KolumneDer FC Bayern München wird sicher Meister – oder Borussia Dortmund!

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Thomas Müller (links) und Alphonso Davies

  • Vor dem Top-Spiel der Bundesliga geben sich die Titelfavoriten keine Blöße
  • Beide Klubs zusammen haben in dieser Saison schon 154 Tore geschossen
  • In Bremen hat Trainer Florian Kohfeldt das Team wieder zum Leben erweckt

Der 27. Bundesliga-Spieltag ist Geschichte. Welche Erkenntnisse hat er uns gebracht? Zunächst einmal: Alle Spiele wurden ordnungsgemäß angepfiffen. Das ist in der Corona-Zeit mit dem Hygiene-Konzept der Deutschen Fußball Liga stets die größte Leistung. Und dann: Der FC Bayern München wird Meister. Oder Borussia Dortmund. Aber nur, wenn die Saison ordnungsgemäß im Geisterspiel-Modus zu Ende gebracht werden kann. Es könnte sein, dass man nach dem 28. Spieltag, an dem beide in Dortmund aufeinandertreffen (Dienstag, 18.30 Uhr), eine noch genauere Einschätzung geben kann.

Gibt es bei den Top-Klubs so etwas wie heimliche Sieger und Verlierer? Ja. In München war der Gewinner auf dem Platz Thomas Müller, der beim 5:2-Sieg des Rekordmeisters über Eintracht Frankfurt das 1:0 durch Goretzka mit seinem 17. Assist der laufenden Saison auflegte und das 2:0 selbst erzielte. Auf der Tribüne hieß der Sieger in der unbevölkerten Allianz-Arena Franz Beckenbauer, der bis zur Unkenntlichkeit maskiert neben seinen ehemaligen Weggefährten der Bayern-Spitze saß. Der von schweren gesundheitlichen Problemen gezeichnete Weltmeister von 1974 (Spieler) und 1990 (Teamchef) hatte die Einladung von Ex-Präsident Uli Hoeneß gern angenommen. „Unter diesen Umständen, ohne Fans und Atmosphäre, war das ein hervorragendes Fußballspiel. Kompliment an beide Mannschaften, das war wirklich sehr, sehr guter Fußball“, sagte der „Kaiser“ von einst, der durch die Einstellung des Verfahrens im Zusammenhang mit der WM-Bewerbung für 2006 kein juristisches Nachspiel des unter nicht restlos geklärten Umständen nach Deutschland vergebenen Großereignisses mehr zu befürchten hat. Die Eintracht war allerdings nur neun Minuten lang im Spiel. Martin Hinteregger ließ die prinzipiell chancenlosen Hessen nach dem 0:3 mit zwei Standard-Kopfballtreffern hoffen (53., 55.), ehe Davies und Hinteregger mit einem Eigentor die Partie entschieden.

Wer fiel bei Dortmundern auf? Einerseits der Portugiese Raphael Guerreiro, dem mit dem 1:0 in Wolfsburg bereits das dritte Tor nach dem Re-Start gelang. Andererseits der Engländer Jadon Sancho, der nur wenige Minuten nach seiner Einwechslung das 2:0 durch Achraf Hakimi einleitete. Diese individuelle Klasse machte den Unterschied gegen die Niedersachsen, die solche Chancen vergaben.

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Dortmunder Spieler gratulieren Raphael Guerreiro nach dem 1:0 gegen Wolfsburg.

Wer geht am Dienstag als Favorit in den publikumslosen deutschen Clasico? Keiner. Dortmund muss auf die Wucht des eigenen Publikums verzichten. Die Münchner haben beim Stand von 3:0 gegen Frankfurt gezeigt, dass sie verwundbar sein können, wenn nicht alle bei der Sache sind. Dortmund bangt allerdings um Abwehrchef Mats Hummels, der in Wolfsburg zur Halbzeit mit Muskelbeschwerden in der Kabine blieb. Mit derselben Diagnose wurde sein Kollege Jérôme Boateng gegen Frankfurt in der zweiten Halbzeit ausgewechselt. Offensiv scheinen die Bayern einen Tick stärker als die Dortmunder, die mit ihrer Klasse aber nur wenige Chancen brauchen, um zu Toren zu kommen. Zusammen haben beide Klubs 154 Tore erzielt und nur 61 hinnehmen müssen. Allerdings haben die Bayern vier Punkte mehr auf dem Konto. Sie werden den leeren Signal-Iduna-Park auf jeden Fall als Spitzenreiter der Liga verlassen – bei einem Sieg aber schon als der sehr wahrscheinliche Meister.

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Florian Kohfeldt treibt den SV Werder Bremen an.

Sind wir Antworten in der Abstiegsfrage näher gekommen? Zumindest einer. Florian Kohfeldt bleibt Trainer des SV Werder Bremen. Durch den 1:0-Sieg beim SC Freiburg haben die Norddeutschen im Kampf um den Klassenerhalt ein Zeichen gegeben und sich von Schlusslicht Paderborn (1:1 gegen Hoffenheim) abgesetzt. Wie groß die Treue zum Trainer ist, verdeutlich diese Tatsache: Kohfeldt wurde gestattet, Ende Mai seinen fünften Saisonsieg einzusammeln. In der Geschichte der Fußball-Bundesliga hat es das noch nicht sehr oft gegeben. Nach dem 1:4 gegen Leverkusen hatten sogar Kritiker nah am emotionalen Werder-Zentrum die Ablösung des 37-Jährigen gefordert, der 2018 vom DFB mit dem Trainerpreis des deutschen Fußballs ausgezeichnet worden war. „Ich finde das unmöglich“, wetterte Freiburgs Trainer Christian Streich nach dem 0:1, das durch ein Tor von Leonardo Bittencourt (19.), eine große kämpferische Leistung und das Eingreifen des Videoassistenten kurz vor Spielende zustande kam. Die Freiburger hatten bereits den Ausgleich durch Gulde bejubelt, aber Petersen hatte zuvor im Abseits gestanden, und der Treffer zählte zurecht nicht.

Da hat sich Florian Kohfeldt bestimmt gefreut. Ja, zumal er vor dem Spiel in einem Akt konsequenter medialer Vorwärtsverteidigung erklärt hatte: „Ich bin der Beste für diesen Job.“ Aber selbst nach dem Sieg in Freiburg ist diese Behauptung durch Zahlen allein nicht zu belegen. Noch immer ist der Relegationsrang nicht erreicht und das Nachholspiel gegen Eintracht Frankfurt nicht gewonnen. Die Situation für den Tabellen-Siebzehnten SV Werder bleibt dramatisch. Allerdings hat er bewiesen, dass er ein Fußballspiel gewinnen kann. Damit fängt jede Rettung an. 

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