Christoph Daum über Eintracht-Fans„Einer wollte sich im ICE auf meinen Schoß setzen“

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Christoph Daum

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Köln – Stellen Sie sich vor, Sie sind nachts im ICE auf der Rückreise von Hamburg nach Köln, erreichen gegen 23.30 Uhr den Düsseldorfer Hauptbahnhof. Das Abteil ist fast leer, Sie sind müde von der Reise, ahnen wirklich nichts Schlimmes, freuen sich auf das Zuhause. Und befinden sich dann urplötzlich in einer „explosiven, durchaus beklemmenden“ Situation wieder. Genau das ist Christoph Daum am Samstagabend passiert.

Der langjährige Bundesligatrainer geriet am Wochenende unfreiwillig in den Fokus von Fußballfans von Eintracht Frankfurt. Davon zeugt auch ein Video, das in den sozialen Netzwerken vielfach geteilt wurde.

„Hoffentlich machen die jetzt nicht die Türen auf“

Daum war mit seiner Ehefrau Angelika auf der Rückreise von einer Veranstaltung im Hamburg. Als der Zug in Düsseldorf ankam, erblickte Daum zu seiner Überraschung am Gleis und direkt vor seinem Abteil der 1. Klasse rund 120 wartende Fans der Eintracht, deren Team am Samstagnachmittag durch ein Tor ganz kurz vor Schluss noch zu einem 1:1 bei Fortuna Düsseldorf gekommen war.

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„Damit hatte ich wirklich nicht mehr gerechnet. Unser Abteil war fast leer, und das Spiel der Eintracht war ja schon über sechs Stunden vorbei. Wir hatten noch gesagt: Hoffentlich machen die jetzt nicht die Türen auf“, sagt Daum im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Dann passierte genau das, die teilweise sichtlich angetrunkenen Fans stürmten rein und erblickten sogleich den populären Trainer, der 2011 die Eintracht trainiert hatte – allerdings weniger erfolgreich.

„Das war wie eine Invasion und anfangs schon eine beklemmende Situation, vor allem für die wenigen Mitreisenden. Der eine oder andere Anhänger befand sich schon im Narkosezustand“, führt der ehemalige Kölner Trainer aus. Polizisten waren zwar auch an Bord, hielten sich aber im Hintergrund. 

Spöttische Gesänge über Vergangenheit

Auf dem Video ist zu sehen, wie die Fans den Coach umzingelten und spöttische Gesänge mit Bezug auf Daums Vergangenheit grölten. „Einer wollte sich auf meinen Schoß setzen“, schildert Daum. Seine Ehefrau Angelika sagt mit einem Schmunzeln: „Mir haben sie einen Wodka angeboten. Den habe ich dankend abgelehnt.“

Aber Daum handelte richtig, suchte das Gespräch mit den Anhängern. „Wir haben dann schnell über Fußball und die Eintracht gesprochen. Ich komme ja aus dem Fußball und kann damit umgehen. Für die Mitreisenden war das schlimmer als für mich. Nach 15 Minuten hat sich die Situation dann merklich entspannt. Dass Fans da keine Kirchenlieder anstimmen, das ist ja klar. Ich stehe da drüber. Ich möchte auch noch mal der Polizei danken, die sich deeskalierend und vorbildlich verhalten hat.“ Der Zug stand aber 45 Mnuten lang in Düsseldorf, bis alle Fans schrittweise in die richtigen Abteile geleitet wurden. Deshalb erreichte der ICE den Bahnhof in Deutz erst gegen 1 Uhr, das Ehepaar Daum verließ dort den Zug und machte sich auf den Weg nach Hause.

„Beeindruckende Leistung“ des 1. FC Köln

Was Christoph Daum dann einen Tag später erlebte, davon war der frühere FC-Trainer dann weitaus mehr angetan. Auf der Tribüne verfolgte er den 4:0-Sieg der Kölner in der Bundesliga gegen den SC Freiburg. „Das war eine wirklich beeindruckende Leistung. Nach der 1:5-Niederlage in Dortmund dann so aufzutrumpfen, das heißt, dass es in der Mannschaft schon richtig stimmen muss.

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Der Aufwärtstrend zuletzt überrascht mich durchaus etwas“, erklärt Daum und lobt seinen Trainerkollegen Markus Gisdol: „Markus ist ja nicht als Entertainer, sondern als Trainer verpflichtet worden. Und bisher geht das alles sehr gut auf. Man erkennt eine Handschrift, das ganze Trainerteam liefert eine gute Arbeit ab. Die Mannschaft ist jetzt auch tabellarisch absolut im Soll-Bereich und auf einem sehr guten Weg in Richtung Klassenerhalt.“

Vor allem Neuzugang Mark Uth hat Daum zuletzt besonders gefallen. Uth sei ein Spieler, der den tödlichen Pass beherrsche und auch selbst Torgefahr ausstrahle. „Solch ein Spieler hat dem FC zuvor noch gefehlt. Auch ein Dominick Drexler und Louis Schaub konnten diese Rolle nicht so ausfüllen, wie dies Mark Uth kann. Er tritt engagiert, präsent und selbstbewusst auf und tut der Mannschaft gut“, meint Daum.

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