Kölner Klubs in Corona-KriseWarum Fortuna spielen möchte und Viktoria nicht

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Fans von Fortuna Köln im Südstadion

  • Das Coronavirus bestimmt auch bei Fortuna und Viktoria Köln den Alltag.
  • Der Südstadt-Klub absolviert allerdings sein Heimspiel am Sonntag vor Fans – der Höhenberger Drittligist legt eine Zwangspause ein.
  • Die Hintergründe der Vorgänge bei den beiden Kölner Klubs.

Köln – In der Fußball-Bundesliga wird am Wochenende in leeren Stadien gespielt. Die Coronavirus-Epidemie zwingt Behörden, Klubs und Verbände zu dieser bislang einmaligen Maßnahme. In den unteren Klassen gibt es andere Vorkehrungen, um die Ausmaße der Krise einzudämmen. Die Absage zweier Spieltage in der Dritten Liga ist eine besonders drastische. So werden Viktoria Kölns Partien am Samstag in Braunschweig und am  Mittwoch gegen Zwickau ausfallen, sie sollen frühestens Anfang Mai nachgeholt werden.

Lokalrivale Fortuna hat in der Regionalliga West eine andere Lösung für sich gefunden. Statt vor einer Geisterkulisse anzutreten oder eine Absage in Kauf zu nehmen, wird gespielt – sogar vor Zuschauern. Am Sonntag (14  Uhr) tritt Borussia Mönchengladbach II im Südstadion an. Gefüllt wird es mit weniger als  1000 Personen. So umgeht die Fortuna die Verordnung der Landesregierung, die Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern untersagt. Das Heimspiel soll keine Großveranstaltung werden, der Kartenvorverkauf wurde gestoppt, eine Tageskasse wird es nicht geben.

Nachholtermine im Mai

Geschäftsführer Benjamin Bruns bestätigte im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass der Ablauf des Heimspiels bis ins kleinste Detail mit den Behörden abgesprochen sei. Man habe sich an den Auflagenkatalog des Krisenstabs der Stadt Köln gehalten. Bruns hat eine Liste mit 941 Personen, die am Sonntagnachmittag im Südstadion sein werden. Denn die Beschränkung der Behörden bezieht sich nicht auf Zuschauer, sondern Menschen insgesamt. „Fortuna Kölns Kader, inklusive Trainer und  Betreuern umfasst  46 Personen, Gladbach bringt 35 mit. Dazu rund 40 Ordner, die Einlaufkinder, Schiedsrichter und zum Beispiel auch ich selbst“, erklärt Bruns. „Ich habe alle Posten aufgeschlüsselt, um sie bei Bedarf vorlegen zu können.“ Neben dem Vip-Zelt und der Haupttribüne werde auch der Bereich Stehplatz Mitte geöffnet. So könne ein ausreichender Abstand zwischen größeren Menschenmengen gewährleistet werden.

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Obwohl Bruns betont, die weitreichenden Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie nachvollziehen zu können, kritisiert er die Kommunikation mit den zuständigen Behörden. „Niemand hat sich wirklich verantwortlich gefühlt. Die Verantwortung wurde immer nur weitergeschoben“, sagt Fortunas Geschäftsführer. „Was passiert wohl, wenn mal eine noch gravierendere Krise kommt?“

Zunächst gilt es aber, die aktuelle zu bewältigen. Auch für den Südstadt-Klub stellen sich wirtschaftliche Fragen. Dabei hat es der Spielplan kurzfristig gut gemeint mit der Fortuna. Die kommenden Heimspiele gegen Gladbach II und die Reserve von Fortuna Düsseldorf hätten ohnehin nicht viele Zuschauer ins Südstadion gelockt, etwa 800 pro Partie hätten es mehr werden können als die nun zugelassenen Dauerkarteninhaber.

Spiel gegen Rot-Weiss Essen soll verlegt werden

Doch das von den Behörden verhängte Veranstaltungsverbot gilt bis Karfreitag. Somit wäre auch das Heimspiel am ersten April-Wochenende gegen RW Essen betroffen. „Da reden wir über Einnahmen von 50.000 bis 60.000 Euro“, sagt Bruns, „das können wir uns nicht leisten“. Deshalb habe man  bereits um eine Verlegung der Partie gebeten.

Für Viktoria Köln geht es nach der Absage der beiden nächsten Spieltage vorerst nicht weiter. Wie der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am Mittwoch mitteilte, folge er als Liga-Träger einer Empfehlung des Ausschusses Dritte Liga, die im Austausch mit den 20 Klubs ausgesprochen wurde. Der 28. und 29. Spieltag werden demnach frühestens Anfang Mai nachgeholt. Wie mit den weiteren Spieltagen verfahren wird, will der DFB am kommenden Montag zusammen mit dem Ausschuss und den Klubs auf einer außerordentlichen Versammlung in Frankfurt klären. „Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation, nahezu stündlich ergeben sich neue Sachlagen“, erklärte  DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius. „Klar ist: Die Gesundheit steht über allem. Klar ist darüber hinaus, dass wir unserer Verantwortung für die Vereine gerecht werden wollen und müssen.“

Viktoria Köln nicht so auf Ticketeinnahmen angewiesen

Der zum großen Teil aus Klubvertretern bestehende Drittliga-Ausschuss hatte sich bereits am Montag grundsätzlich dafür ausgesprochen, die von behördlichen Anordnungen betroffenen Partien zunächst eher zu verlegen statt Geisterspiele auszutragen. Dabei verwies der Ausschuss auf die „besondere wirtschaftliche Sensibilität in der Dritten Liga“, da die Klubs von den Einnahmen aus Ticketverkäufen abhängig sind.

Viktoria schwimmt allerdings etwas gegen den Liga-Strom. Die Höhenberger hätten gerne weitergespielt, „notfalls auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit“, sagt Geschäftsführer Axel Freisewinkel. „Ein Zuschauer-Ausschluss würde uns wirtschaftlich nicht in riesige Finanznöte stürzen. So ehrlich muss man sein.“

Viktoria Köln muss Höhenberger Sportpark umbauen

 Bei einigen Konkurrenten aus der Dritten Liga sehen die Dinge anders aus: Viele Klubs, etwa Traditionsvereine wie der 1. FC Kaiserslautern oder der MSV Duisburg, sind auf die Erlöse aus den Ticketverkäufen zwingend angewiesen, durch ein Geisterspiel hätten diese Einnahmen gefehlt. Hintergrund ist die besondere wirtschaftliche Sensibilität in der Liga, in der die Erträge aus dem Spielbetrieb signifikant für die finanzielle Stabilität der Klubs sind und mehr als 21 Prozent der jährlichen Gesamteinnahmen ausmachen.

Eine Streckung der Spielzeit womöglich bis in den Juni hinein kommt für Viktoria Köln nicht infrage: „Nach unserem letzten Heimspiel am 9. Mai gegen Würzburg beginnen die Arbeiten im Sportpark Höhenberg für eine neue Rasenheizung“, sagt Freisewinkel. „Hierbei handelt es sich um eine Auflage des DFB, die wir zwingend erfüllen müssen.“ Eine Woche vor dem Ligastart am 25. Juli ist die Abnahme der neuen Rasenheizung geplant – in ihrer ersten Drittliga-Saison durften die Rechtsrheinischen ihre Heimspiele mit einer Sondergenehmigung in Höhenberg bestreiten.  

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