Abo

Kommentar zum BVBLöws Anti-Hummels-Kampagne könnte zum größten Fehler werden

Lesezeit 3 Minuten
329E62001B4DE359

Mats Hummels wirft sich in einen Schuss von Antoine Griezmann.

  • Vizemeister BVB musste sich am Dienstagabend mit einem torlosen Remis gegen den spanischen Titelträger zufrieden geben.
  • Der BVB kann sich nun mit mehreren Erkenntnissen in Richtung Herbst aufmachen.
  • Und auch für Bundestrainer Joachim Löw sollte eines klar geworden sein.

Erstmals in dieser Saison fühlte sich ein Fußballspiel wie eine große Sache an, 66.000 Menschen im ausverkauften und vor Vorfreude dröhnenden Dortmunder Stadion, Flutlicht, milde Temperaturen, abendfeuchter Rasen – und zwei Gegner, die viel versprachen: die gastgebende Borussia und der FC Barcelona.

Nach einem schließlich tatsächlich sehr aufregenden Spiel gab es gleich mehrere Erkenntnisse, mit denen der BVB sich in Richtung Herbst aufmachen kann, etwa diese: Dortmund kann international mit spielerisch-technischen Mitteln überzeugen, hat auch dort enorme Offensivwucht ist zudem in der Lage, zu Null zu spielen, was wiederum vor allem an Mats Hummels lag, Dortmunds brillantem Innenverteidiger, der neben Barcelonas Torwart Marc-André ter Stegen die überragende Figur des Dortmunder Abends war. Dass letztlich keine Tore fielen, lag vor allem an den beiden.

Dass Hummels zu den Stars des Abends gehörte, war nach seinen Vorleistungen keine Überraschung. Schon in der Rückrunde der alten Saison war er beim FC Bayern letztlich der Spieler, der mit seiner Ausstrahlung, seiner Grandezza und seiner fußballerischen Klasse einer der wichtigsten Garanten für die doch noch eroberte Meisterschale war. Diese Form hat Hummels mit nach Dortmund und in die neue Saison genommen. Gegen Barcelona jedenfalls zeigte er alles, was von einem Innenverteidiger erwartet werden darf – und noch viel mehr: zielgenauen Spielaufbau, Überlegenheit bei Kopfballduellen, Grätschen der Extraklasse, Ablaufen der Gegner, dazu schlichtes Ballwegnehmen, Torgefahr vor ter Stegen. Außerdem vermittelte er seiner Dortmunder Defensive: Lasst die mal, ich bin ja da. Und: Das passierte eben nicht gegen den Karlsruher SC, sondern gegen den FC Barcelona.

Was natürlich zu der Frage führt, was im Kopf von Joachim Löw vorgeht, dem Bundestrainer. Dass er partiell und für eine gewisse Zeit mal auf einen erfahrenen Veteran der Güte Hummels verzichtet, um seine nachrückenden Verteidiger zu testen, ist völlig in Ordnung. Hummels aber für immer auszuladen, ist unerklärlich, ein großer Fehler im Löwschen Denkprozess, erst recht, wenn seine potenziell junge Mannschaft Spieler braucht, von deren Erfahrung sie profitiert.

Das immer wieder herausgekramte Argument, wonach Hummels Schnelligkeitsdefizite besitze, ist eines, das im Kern nicht falsch ist, letztlich aber dennoch in die Kategorie Unfug gehört. Denn Dortmund setzt auf Konter, lässt also die Gegner auf eine bereits postierte Defensive auflaufen. Das ist in etwa das Konzept, das auch Löw derzeit anwendet oder gerne anwenden möchte. Dafür muss Hummels nicht sprinten können wie Usain Bolt, sondern einfach nur so schnell sein wie Mats Hummels. Kurzum: Die Anti-Hummels-Kampagne des Bundestrainers hat die Kraft, als die größte Fehlentscheidung seiner Ära im Geschichtsbuch des DFB notiert zu werden.

KStA abonnieren