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Spielunterbrechung wegen Hopp-PlakatenWolfsburg und Union trennen sich unentschieden

Lesezeit 6 Minuten
Union Wolfsburg DPA 010320

Die Spruchbänder der Union-Fans haben am Sonntagmittag für einen Spielabbruch gesorgt.

Berlin – Erneute Schmähungen gegen Dietmar Hopp und ein Beinahe-Spielabbruch haben einen wichtigen Punktgewinn von Bundesliga-Aufsteiger Union Berlin im Kampf um den Klassenerhalt überschattet. Beim 2:2 (1:0) gegen den VfL Wolfsburg hielten Union-Fans in der ersten Halbzeit zweimal Banner mit Hetz-Botschaften gegen den Mehrheitseigner der TSG Hoffenheim und den Deutschen Fußball-Bund (DFB) in die Höhe. Bei einem dritten Vergehen wäre erstmals in der Liga-Geschichte ein Spiel aus einem solchen Grund abgebrochen worden. „Protest ja, kann man mal machen. Aber wenn Personen beleidigt werden, hört's auf“, sagte Union-Kapitän Christopher Trimmel bei DAZN: „Es ist eine Linie überschritten. Es ist wichtig, dass wir gemeinsam dahin gehen und sagen, dass wir dagegen sind.“

Die Berliner Tore von Sebastian Andersson (41.) und Marvin Friedrich (56.) sowie die Treffer der VfL-Profis Yannick Gebhardt (60.) und Wout Weghorst (81.) waren da nur Fußnoten. In der 33. Minute hatten die Union-Anhänger ein Transparent mit der Aufschrift „2017 Kollektivstrafen abgeschafft, nun Hopp hofiert und zwei Schritte zurück gemacht. Fick dich, DFB“ gezeigt. Nach kurzer Unterbrechung durch Schiedsrichter Bastian Dankert ging es jedoch zunächst weiter.

In der 45. Minute hissten Union-Fans auf der sogenannten Waldseite ein Plakat mit der Aufschrift „Hurensohn“ und das Konterfei von Hopp im Fadenkreuz. Dankert unterbrach daraufhin die Partie erneut und schickte die Spieler minutenlang in die Kabine. Große Teile der restlichen Union-Fans forderten in dieser Phase die Ultras auf, die Hetze zu unterlassen. Stadionsprecher Christian Arbeit mahnte die Störer zur Besonnenheit - ein Spielabbruch wäre einer erneuten Verfehlung gefolgt.

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Union-Geschäftsführer zeigt Verständnis für Fans

Bereits am Samstag hatte es bei mehreren Ligaspielen Banner gegen Hopp gegeben. In Sinsheim wurde die Partie gegen Bayern München (0:6) aufgrund von Hass-Plakaten im Bayern-Fanblock zweimal unterbrochen. Als Auslöser der abgesprochenen Aktion von Ultra-Gruppierungen gilt die zuletzt vom Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ausgesprochene Kollektivstrafe gegen die Fans von Borussia Dortmund. Die BVB-Anhänger dürfen in den kommenden beiden Spielzeiten wegen ihrer Hopp-Schmähungen in der Vergangenheit nicht ins Sinsheimer Stadion.

In Halbzeitpause äußerte Union-Geschäftsführer Oliver Ruhnert zumindest teilweise Verständnis für seine Fans. „Das erste Banner ist eine Äußerung der Fans, die meines Erachtens völlig legitim ist. Da gab es keinen Grund einzugreifen“, sagte er bei DAZN. Erneuten Grund dazu gab es nach Wiederanpfiff nicht. Nachdem die erste Hälfte sportlich nicht begeisterte, normalisierte sich das Geschehen im zweiten Durchgang etwas.

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Friedrich und Gebhardt köpften die Tore für ihre Teams wie vorher schon Andersson in Halbzeit eins. In der Folge drängte Europa-League-Starter Wolfsburg auf den Ausgleich, erspielte sich aber zu wenige klare Chancen. Weghorst nutzte eine davon zum 2:2. Doch wegen des sportlichen Werts wird die Partie nicht im Gedächtnis bleiben.Mit Schmähungen gegen Dietmar Hopp haben Fans des 1. FC Union den Punktgewinn ihres Teams im Abstiegskampf überschattet und ein weiteres Bundesliga-Spiel an den Rand des Abbruchs gebracht.

Beim 2:2 (1:0) gegen den VfL Wolfsburg schlossen sich zahlreiche Anhänger der Berliner am Sonntag dem wütenden Protest gegen den Deutschen Fußball-Bund an und nahmen dafür Hoffenheim-Mäzen Hopp via Plakat ins Fadenkreuz. Die Partie war wie schon das Duell des FC Bayern bei der TSG 1899 Hoffenheim gleich zweimal unterbrochen, die Teams standen kurz vor der Halbzeit minutenlang im Kabinengang. „Protest ja, aber wenn man Personen persönlich beleidigt, da hört es auf. Wir haben klar gesagt, das Plakat muss runter. Ich finde es gut, dass wir diese Schiene gehen“, sagte Unions Kapitän Christopher Trimmel beim Streamingdienst „DAZN“ nach dem Spiel und ergänzte zum Ergebnis: „Wir haben gegen eine sehr, sehr gute Mannschaft gespielt, wir wussten das es schwierig wird.“

Union Berlin verspielt spät 2:0-Führung gegen VfL Wolfsburg

Das Sportliche rückte aber erst in der zweiten Halbzeit wieder in den Fokus: Zwar verpasste Union trotz einer 2:0-Führung den dritten Sieg aus den vergangenen vier Ligaspielen, hat aber beruhigende neun Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz und konnte die zuletzt starken Wolfsburger bei der Verfolgungsjagd auf die Europapokalplätze ein wenig bremsen. Jeweils per Kopf trafen Sebastian Andersson (41. Minute) und Marvin Friedrich (57.) für die Köpenicker. Ebenfalls per Kopf sorgten Yannick Gerhardt (60.) und Wout Weghorst (81.) noch für das 2:2. „Ich muss ehrlich sagen, dass wir sehr gut zurückgekommen sind und am Ende verdient den Punkt holen“, sagte Weghorst. „Ich finde, dass wir die bessere Mannschaft gewesen sind.“

Beherrschendes Thema war aber lange Zeit wie schon an anderen Bundesliga-Standorten die Machtprobe der Fans mit dem DFB. Zunächst kritisierten die Anhänger hinter dem Union-Tor auf Plakaten den Verband: „2017 Kollektivstrafen abgeschafft, nun Hopp hofiert und zwei Schritte zurück gemacht!“ Die Partie war für wenige Momente unterbrochen. Nachdem wenig später Hopp diffamiert wurde, schickte Schiedsrichter Bastian Dankert die Teams vom Feld. „Am Ende ist das traurig, das ist ein alter Mann“, sagte Weghorst über Hopp: „Das muss nicht so sein. Fußball ist etwas, was alle zusammenbringt.“ Union-Manager Oliver Ruhnert wurde deutlicher. „Das ist ein absolutes No-Go“, sagte er in der Halbzeitpause zu den Anfeindungen gegen Hopp. „Persönliche Beleidigungen oder Verunglimpfungen sind einfach nicht akzeptabel. Da sind wir uns einig.“

Berliner UItras rechtfertigen Plakaten gegen Dietmar Hopp

Die Berliner Ultra-Gruppierung „HammerHearts 2004“ rechtfertigte sich umgehend in einer längeren Stellungnahme. „Der Doppelhalter (...) ist keine Morddrohung. Er ist aber ganz klar provokant und kritisiert eine Person und eine stetige Entwicklung. Heute steht er jedoch vor allem entgegen schleichender Zensur und für die Ausdrucksfreiheit der Kurven“, stand darin. Für die erste Kritik am DFB äußerte Ruhnert Verständnis. „Dass man Kritik an Dingen äußert, sachlich, da muss man auch bereit sein, kritische Worte zu akzeptieren.“ Er habe allein deshalb „keinen Grund“ gesehen einzugreifen, sagte er. „Dann muss ich jedes Spiel unterbrechen.“

Nach zuletzt vier Pflichtspielsiegen in Serie startete Wolfsburg selbstbewusst in die Partie. Die Gäste erarbeiteten sich größere Anteile, beide Teams gingen allerdings zunächst noch nicht das letzte Risiko ein. Nach einer Ecke von Josip Brekalo rettete Union-Keeper Rafal Gikiewicz gegen einen Kopfball von Weghorst und entschärfte in höchster Not auch den Nachschuss des VfL-Angreifers (22.). Union setzte auf seine bewährte Taktik der ersten Bundesliga-Saison der Vereinsgeschichte: Lange Bälle und Standardsituationen.

Die hohen Pässe auf Stoßstürmer Andersson verteidigte die Defensive der Wolfsburger lange Zeit solide - geriet durch einen individuellen Fehler aber doch in Rückstand. Nach einem Freistoß von Trimmel lief Keeper Koen Casteels zu ungestüm aus seinem Tor, Andersson setzte sich gegen Daniel Ginczek durch und köpfte problemlos ein. Auch für den zweiten Union-Treffer durch Friedrich leistete Trimmel die Vorarbeit. Kurz danach sorgte Gerhardt per Kopf für das 1:2, Christian Gentner, der für sein 400. Bundesligaspiel geehrt wurde, sah dabei nicht gut aus. Weghorst brachte die Gäste endgültig zurück ins Spiel. (dpa)

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