Legenden des LokalsportsRodion Pauels, seit mehr als 25 Jahren bei den Kölner Haien

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Rodion Pauels verbringt viel Zeit in der Eishalle.

Rodion Pauels verbringt viel Zeit in der Eishalle.

  • Rodion Pauels begann als Zehnjähriger mit dem Eishockeyspielen bei den Kölner Haien.
  • n „Legenden des Lokalsports“ stellen wir Sportler vor, die in den vergangenen Jahren durch besondere Leistungen weit über die Region hinaus Berühmtheit erlangten.
  • Das Gespräch führte Christine Mitatselis

Unlängst wurde Rodion Pauels für 25 Jahre in Diensten der Kölner Haie geehrt. Seine Tätigkeit als Spieler, Trainer und Manager beim achtmaligen Meister macht ihn zu einer Legende des Kölner Lokalsports.

Rodion Pauels hat ein hübsches kleines Büro in der Deutzer Geschäftsstelle der Kölner Haie. An der Wand hängen Trikots von Leon Draisaitl und Thomas Greiss, von zwei ehemaligen KEC-Junioren, die Karriere in der nordamerikanischen National Hockey League (NHL) gemacht haben – und immer noch machen. Darauf ist Pauels stolz, denn er leitet seit Mai 1995, also seit 25 Jahren, mit einer Unterbrechung von fünf Jahren die Kölner Junghaie-Abteilung. Sein Weg bei den Haien fing jedoch viel früher an.

Herr Pauels, was sind Ihre Erinnerungen an Ihren persönlichen Anfang beim KEC?

Rodion Pauels: Ich kam 1973 dazu, da war ich zehn Jahre alt. Eher spät, um mit dem Eishockey anzufangen. Es gab da einen Haufen von Kindern, der freitags von vier bis sieben trainierte. Da habe ich mitgemacht. Ich bin geblieben, linker Stürmer geworden und habe zehn Jahre im Nachwuchs gespielt, fast immer mit Uwe Krupp zusammen. Er ist zwei Jahre jünger als ich, doch er war sehr gut und hat immer hoch gespielt.

Wohnten Sie in der Nähe der alten Eishalle an der Lentstraße?

Ich wohnte in Seeberg, Uwe in Rodenkirchen. Wir waren die Outsider, fast alle anderen kamen aus dem Agnesviertel.

Wie sind Sie auf Eishockey gekommen?

Durch meinen Vater, der war Eishockeyfan. Und auch Haie-Fan, die gab es 1973 aber erst seit einem Jahr. Wir haben noch in den alten KEK-Trikots gespielt (des Haie-Vorgänger-Vereins Kölner Eis-Klub, d. Red.).

Standen damals auch schon so viele ehrgeizige Eltern an der Bande wie heute?

Oh ja, die gab es auch schon. Damals war es sogar noch etwas aggressiver als heute. Die haben sich manchmal mit den gegnerischen Eltern angelegt. Nicht gekloppt, aber kurz davor.

Wie trainierte man in den 70er Jahren im Nachwuchs?

Man ging am Anfang einfach nur aufs Eis, wir hatten auch schon Mannschaften, man hat die Jahrgänge zusammengefasst. Es waren drei oder vier Teams. Heute sind es zwölf. Die Strukturen waren anders. Heute trainiert die U 13 schon viermal in der Woche. Das ist Pflicht für das Fünfsterne-Nachwuchs-Programm des Deutschen Eishockey-Bundes. Damals haben wir zweimal pro Woche trainiert, selbst die Junioren-Teams haben nur zweimal trainiert. Heute sind es sechsmal. Eishockey hat sich aber schon in den 80er Jahren rasant entwickelt, was die Trainingssteuerung angeht. Die technischen Fähigkeiten waren vor 30, 40 Jahren auch schon hoch. Es gab großartige Techniker, wie zum Beispiel Gerd Truntschka. Sie würden heute aber nicht mitspielen können, da das Tempo deutlich höher ist.

Die Athletik macht wie im Fußball den Unterschied zu früheren Zeiten aus?

Ja, Eishockey ist so athletisch geworden; so sehr, dass man die Technik teilweise nicht mehr sehen kann, da die Athletik sie überlagert. Deshalb sind die On-Top-Weltklassespieler diejenigen, bei denen man trotzdem die Technik noch sieht. Es sind die besonderen Spieler, die da noch herausragen wie Leon Draisaitl. Früher hatte jeder ein bisschen mehr Zeit auf dem Eis.

Während der heutige KEC-Coach Uwe Krupp Haie-Profi wurde und 1986 in die NHL wechselte, in der er 1996 als erster Deutscher den Stanley Cup gewann, endete Pauels Spielerlaufbahn 1983. Er studierte an der Sporthochschule Köln, wurde Diplomsportlehrer und begann nebenher als Jugendcoach beim KEC zu arbeiten. 1989 ging er in gleicher Funktion ins Allgäu zum EV Füssen – und kehrte 1995 zu den Haien zurück.

War Uwe Krupp in der Jugend schon besser als die anderen?

Ja. Er war einfach ein Talent, dazu kam die Größe. Aber man muss trotzdem seinen Weg gehen, braucht Fokus und Beharrlichkeit. Es gibt viele Spieler, die Talent haben, aber kein einziges NHL-Spiel machen. Uwe hat mehr als 800, und damals war die NHL wirklich knüppelhart.

Heute schützt man die Spieler mehr als vor 30 Jahren. Blind-Side-Hits sind erst seit zehn oder 15 Jahren ein Thema. Früher sagte man: Geiler Check, der hat gar nichts gesehen. Zum Glück sieht man das heute anders, die Gefährlichkeit von Gehirnerschütterungsgeschichten ist ein großes Thema.

Im Vergleich zur DEL ist die NHL aber immer noch einige Nummern härter?

Es ist vor allem das Tempo, die Handlungsschnelligkeit der NHL-Spieler ist hoch.

Hatten Sie als Jugendspieler in der vorglobalisierten Zeit die NHL schon auf dem Schirm?

Ich nicht, Uwe vielleicht. Ich habe einfach nur gespielt, weil ich Spaß daran hatte. Es gab in der Jugend damals auch keine Vereinswechsel, weil man woanders bessere Bedingungen hatte. Heute haben die Spieler schon mit 14 oder 15 Jahren Berater. Und das ist schwierig.

Warum?

Die jungen Spieler werden dadurch auf ein Podest gehoben und können das oft gar nicht einordnen. Sie sind dabei letztlich nur Mittel zum Zweck. Ein Spielerberater will auch irgendwann einmal Geld verdienen. Ich kritisiere es nicht, ich sage nur: Es macht es nicht einfacher.

Weil die Jungs sich zu früh für zu großartig halten?

Das meine ich. Sie können vom Weg abkommen. Und ich habe Fälle erlebt, wo ein Berater einem jungen Spieler gesagt hat, er solle nach Nordamerika in eine Juniorenliga gehen. Und wenn ich dann sage: Er muss aber noch ein Jahr in die Schule, dann ist das egal. Auch das finde ich schwierig. Denn im Eishockey hast du, wenn du nicht Leon Draisaitl oder Thomas Greiss heißt, nach der Karriere nicht ausgesorgt. Eine gute Schulausbildung zu haben, schadet deshalb nicht, es ist sogar Voraussetzung. Die Jungs sollten bodenständig bleiben und wissen, dass sie eine berufliche Perspektive neben dem Eishockey brauchen. Eine Karriere ist meistens ungefähr mit 35 Jahren zu Ende, und dann bleiben noch mal fast 35 Jahre, in denen sie arbeiten müssen.

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Konnte Leon Draisaitl mit 15 Jahren schon ahnen, dass er einmal NHL-Superstar und Millionär wird?

Wenn er keine Glaskugel hatte, wird er es nicht gewusst haben. Er war am Anfang nicht so überragend, dass er alles in Grund und Boden gespielt hätte. Er ist richtig gut geworden, als er mit 14 Jahren, das war 2009, aus Köln nach Mannheim gegangen ist. Das lag allerdings nicht daran, dass wir so schlecht waren, sondern daran, dass wir damals nicht die nötige Infrastruktur hatten.

Weil die Haie nach dem Ausstieg des Gesellschafters Heinz-Hermann Göttsch fast bankrott waren?

Ja. Es sind damals viele talentierte Spieler aus Köln weggegangen. Zum Beispiel auch die Tiffels-Brüder. Es gab keine Perspektive in Köln.

Die Tiffels-Brüder sind wieder da, und Leon Draisaitl will am Ende seiner Karriere, das hat er bereits gesagt, auch noch mal in Köln spielen. Vielleicht in zehn Jahren, wenn er 35 Jahre alt ist?

Das wird allerdings noch mindestens zwölf oder 13 Jahre dauern. Leon ist groß, stark und schlau und mittlerweile eine Maschine geworden. Er kann noch lange in der NHL spielen.

Als Leon Draisaitl für die Junghaie spielte, arbeitete Pauels nicht im Juniorenbereich. Er coachte ihn deshalb nie. Denn Pauels war von 2004 bis 2009 Manager der KEC-Profis, arbeitete mit den Trainern Hans Zach, Doug Mason und Iwan Pawlow.

An was denken Sie, wenn Sie sich an Ihre Manager-Jahre erinnern?

An vieles. Als ich in diesem Mai geehrt wurde für meine 25 Jahre bei den Haien, sagte Detlef Langemann in der Laudatio, die Manager-Zeit sei nicht so erfolgreich gewesen. Eigentlich wollte ich ihm da widersprechen. Das Ende war zwar nicht schön, die Saison 2008/2009, in der wir Vorletzter wurden, im Dezember 2009 bin ich dann freigestellt worden. Im Nachgang sage ich aber: Es ist logisch, dass kein Spieler den 100-prozentigen Fokus haben konnte, wo der beliebteste Mannschaftskamerad so schwer krank war.

Sie meinen Torwart Robert Müller, der im Mai 2009 an einem Hirntumor starb und zuvor in der Saison noch zum Kölner Team gehört hatte?

Ja. Robert Müller war schon sehr krank, was an niemandem spurlos vorbeizog. Es ging mit der Mannschaft im Sturzflug bergab. Wenn du einmal in einem negativen Strudel bist, kommst du schwer wieder heraus.

Der Anfang als Manager war angenehmer?

Das erste Jahr, die Saison 2004/2005, war eine Herausforderung, denn es war das Jahr des NHL-Lockout. Ich war Novize, und Hans Zach war strikt dagegen, NHL-Spieler zu holen. Wir waren auch davon überzeugt, dass die NHL noch spielen würde.

Zur Person

Rodion Pauels (Jahrgang 1963) begann als Zehnjähriger mit dem Eishockeyspielen bei den Kölner Haien. Nach Sportstudium in Köln arbeitete er als Jugendcoach in Füssen, eher er 1995 zu den Haien zurückkehrte.

Zur Serie: In „Legenden des Lokalsports“ stellen wir Sportler vor, die in den vergangenen Jahren durch besondere Leistungen weit über die Region hinaus Berühmtheit erlangten.

Ingolstadt hatte vier NHL-Spieler, unter anderem Marco Sturm und Jamie Langenbrunner. Dann wurde die NHL-Saison komplett abgesagt, wir haben im Playoff-Viertelfinale gegen Ingolstadt gespielt und nach sieben Spielen verloren. Natürlich waren die Ingolstädter NHL-Spieler auch verantwortlich für den Erfolg. Es war eine schwierige, aber aufregende Zeit.

2006 schieden die Haie im Playoff-Halbfinale gegen Düsseldorf aus, 2007 im Halbfinale gegen Mannheim. Und 2008 kamen sie sogar bis ins Finale gegen Berlin, das sie in vier Spielen verloren.

Darüber ärgere ich mich heute noch, denn wir mussten das Finale gewinnen. Die Berliner waren verletzungsgeplagt. Sie hatten nur drei Reihen. Es war die beste Chance, Meister zu werden. Wir haben sie nicht genutzt.

Im Viertelfinale hatten sie Mannheim besiegt, es gab da die legendäre Partie von 168 Spielminuten, die sechseinhalb Stunden dauerte.

Mit Robert Müller im Tor, der überragend spielte. Es war alles sehr emotional, leider haben wir keinen Titel gewonnen. Doch ich sage heute: Viertelfinale, Halbfinale, Halbfinale, Finale – es war bis auf den Absturz am Ende gar nicht so schlecht.

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