Kölner Tennisprofi Andreas Mies im Interview„Dieses Jahr war unglaublich“

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Andreas Mies (rechts) am Tag seines größten Erfolgs. An der Seite von Kevin Krawietz gewann er im Mai das Endspiel im Herren-Doppel bei den  French Open. 

  • Ab Sonntag tritt der Kölner Tennisprofi Andreas Mies mit Doppelpartner Kevin Krawietz bei den ATP Finals in London an.
  • Im Interview spricht er über seinen steilen Aufstieg in diesem Jahr, der gerade durch die Davis Cup-Nominierung gekrönt wurde.

Köln – Herr Mies, was haben Sie gesagt, als Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann Sie angerufen hat, um Sie zu nominieren? Erstmal habe ich mich bedankt...

Und wie war seine Reaktion? Er sagte, ich bräuchte mich dafür nicht zu bedanken, weil ich es mir verdient hätte. Das hat mich schon ein wenig stolz gemacht.

Noch vor drei Jahren ging es darum, nicht draufzuzahlen

Was ging Ihnen anschließend durch den Kopf? In letzter Zeit habe ich wirklich häufiger mal daran gedacht, wie es damals in der Reha war, als ich am Knie verletzt war. Zu der Zeit ging es wirklich nur darum, gesund zu werden.

Und jetzt sind Sie Grand-Slam-Sieger und Nummer acht der Welt. Das ist wirklich unfassbar. Vor drei Jahren haben wir noch die Future-Turniere gespielt. Da ging es darum, möglichst günstig Hotels zu buchen, oder irgendwo anders unterzukommen, damit wir nicht draufzahlen mussten.

Zur Person

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Andreas Mies

Andreas Mies wurde am 21. August 1990 in Köln geboren. Nach seinem Abitur erhielt er ein Tennisstipendium in den USA und erwarb zudem seinen Bachelor in „Business“. Nach einer schweren Knieverletzung konzentrierte er sich fortan aufs Doppel. Mit seinem Partner Kevin Krawietz gewannen die beiden in diesem Jahr als ungesetztes Paar die French Open. Seit Montag wird Mies in der ATP-Weltrangliste auf Position 8 geführt. Zudem wurde er mit Krawietz ins Davis-Cup-Team berufen. (mbu)

Was hat sich durch den Erfolg positiv verändert? Jetzt bekommt man auch schon mal ein Hotel gratis und kann sogar noch ein Zimmer für den Trainer oder die Eltern dazu buchen. Auch die Turnierdirektoren nehmen hin und wieder Rücksicht und fragen nach unseren Wünschen.

Haben Sie auch negative Erfahrungen gemacht? Eigentlich nicht. Natürlich melden sich schon mal Leute bei einem, die man zehn Jahre nicht gesehen hat und tun plötzlich so, als wären sie meine besten Freunde. Aber das ist okay. Ansonsten ist es eine schöne Bestätigung, wenn Leute ein Autogramm oder ein Selfie wollen. Dass wir bei einigen Turnieren sogar als »Zugpferd« bezeichnet wurden, ist unfassbar.

Nur wenn wir Spaß haben, sind wir locker und gut

Können Sie sich noch an das erste Spiel mit ihrem Partner Kevin Krawietz erinnern, mit dem Sie jetzt so durchgestartet sind? Ja klar, das war bei einem Turnier in Meerbusch. Wir kannten uns schon länger von der Tour. Dann haben wir uns erzählt, mit wem wir wann, welches Turnier spielen und dann haben wir es einfach mal gemeinsam versucht.

Und gut harmoniert? Ja, wir haben das erste Turnier gleich gewonnen. Aber danach habe ich mich verletzt und wir haben eine Pause gemacht. Dann haben wir es wieder versucht und plötzlich ging alles ganz schnell.

Ihr habt im Doppel schon gegen die besten Doppel- und einige der besten Einzelspieler gespielt. Wie kann man einen Spieler wie Novak Djokovic oder Rafael Nadal im Doppel schlagen? Du musst versuchen, sie in ein typisches Doppelspiel zu verwickeln. Etwas, was sie nicht so gut kennen: Volleyduelle am Netz und keine langen Ballwechsel.

Klingt einfach... Ist es natürlich nicht und gelingt auch nicht immer. Ein Novak Djokovic wird zum Beispiel fast jeden deiner Aufschläge stark returnieren und selbst gut aufschlagen, aber die besten Einzelspieler haben halt bei den Sachen, die Sie nicht so oft machen oder trainieren, auch Schwächen.

Wir verstehen uns fast blind

Trainiert Ihr nur aufs Doppel? Wir sind 30 bis 35 Wochen im Jahr zusammen auf Turnieren unterwegs, da machen wir natürlich fast nur Doppeltraining. Mit meinem Trainer Dirk Hortian mache ich aber auch ab und zu andere Übungen, um etwas Abwechslung reinzubringen. Kevin und ich haben früher ja auch fast nur Einzel gespielt.

Wie viel im Doppel ist Absprache? Die Aufschläge und die anschließende Aktion des Netzmannes sind abgesprochen. Alles andere passiert instinktiv. Mittlerweile verstehen wir uns wirklich fast blind.

Welche Frage, habt ihr seit eurem Durchbruch am häufigsten gestellt bekommen? Ob wir den Erfolg schon realisiert haben....

Und habt ihr? Wir hatten mittlerweile ja etwas Zeit, das alles ein wenig zu verarbeiten, aber wir haben auch gemerkt, dass dranbleiben müssen. Nach dem Sieg bei den French Open haben bei den folgenden Turnieren ein paar Prozent gefehlt.

ATP-Finals in London

Bei den ATP-Finals in London treten ab Sonntag neben den acht besten Einzelspielern die acht besten Doppelspieler der Welt an. Das Deutsche Duo Mies/Krawietz bekommt es in den drei Gruppenspielen mit Rojer/Técau, Cabal/Farah  und Mahut/Herbert zu tun. Die Gruppenersten und- zweiten ziehen ins Halbfinale ein. Neben 100 000 Dollar Antrittsgeld gibt es 38 000 Dollar für jeden Gruppensieg. Wer das Turnier ohne Niederlage übersteht, kommt auf ein Gesamtpreisgeld von 517 000 Dollar. (mbu)

Wir waren von unseren Stärken überzeugt

Da haben dann bestimmt einige gedacht, ihr seid ein One-Hit-Wonder. Kann sein, aber wir waren schon lange vorher von unseren Stärken überzeugt.

Und mit dem Erreichen der Top Ten und der Qualifikation für die am Sonntag stattfindenden ATP-Finals ist euch das ja eindrucksvoll gelungen. Die Davis-Cup-Nominierung und die ATP-Finals krönen dieses unglaubliche Jahr. Wir wollen versuchen, auch das zu genießen. Denn nur wenn wir Spaß haben, sind wir locker und spielen auch gut.

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